0296a - Lösegeld für blonde Locken
Wohnung nicht räumen. Erst recht nicht, wo mir Mrs. Linda Astra begegnet war und ihr Beschützer mich zu Boden geschlagen hatte. Ich ließ dem jungen Kollegen in Moores Wohnung noch eine Warnung zukommen, dann zog ich los.
Mr. Jorgen war in der vergangenen Nacht um fünfzehn Jahre gealtert. Er sah aus wie sein eigener Vater. Sein Gesicht war aschgrau.
»Gut, daß Sie eher da sind als meine Frau, Mr. Cotton. Ich hätte nicht gewußt, was ich sagen sollte, wenn Liz gekommen wäre.«
»Sie wird natürlich erstaunt sein, einen Fremden in Ihrer Wohnung zu finden. Haben Sie sich schon darüber Gedanken gemacht?«
»Kommen Sie ins Wohnzimmer. Sie sind selbstverständlich mein Kunde. Ich arbeite Ihnen irgendeinen Plan aus zur Umsatzsteigerung.«
»Okay. Geschäftliche Vorkenntnisse werden Sie von mir nicht verlangen?«
»Nein.«
»Wo haben Sie Dr. Belman gelassen?« Ich blickte mich um. Der Sessel stand an seinem Platz. Aber der Anwalt war nicht mehr da.
»Ich habe seine Frau angerufen. Sie hat ihn abholen lassen.«
Jorgen schien für vernünftige Lösungen zu sein. Jedenfalls hatte er in diesem Fall richtig gehandelt.
***
Es war kurz vor elf, als Mrs. Jorgen klingelte. Der Chefmanager öffnete selber. Die Tür zum Salon stand offen. Ich sah die Lady eintreten. Sie war groß und schlank. Sie trug ein himmelblaues Kostüm und zarte, dunkelblaue Stöckelschuhe. Mrs. Jorgen hatte ein dezentes Make up, das sie frisch und jugendlich erscheinen ließ. Als sie näher kam, sah ich jedoch den leidenden Zug um ihren Mund. Ihre grauen Augen blickten stumpf und interesselos.
»Hallo, Fred«, zwitscherte sie und reichte ihrem Mann die Hand.
»Liz, ich freue mich, daß du nach Hause gekommen ist, wenigstens für ein paar Ständen. Wirklich, ich freue mich.«
Er versuchte seiner Stimme einen echten Klang zu geben. Aber es blieb bei einem Versuch. Doch die Frau sah an ihm vorbei auf mich.
»Ach ja, beinahe hätte ich vergessen, dir einen neuen Geschäftsfreund vorzustellen. Das ist Mr. Cotton.«
Die Frau nickte und betrat den Salon. Ich erhob mich und begrüßte die Lady. Die Frau litt an irgendeiner seelischen Krankheit. Deshalb hatten die Ärzte Tapetenwechsel angeordnet, auch wenn es nur für wenige Stunden war.
»Übrigens, meinen herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Jungen. Ich habe vorhin erst davon erfahren. Der Knabe muß doch schon einige Wochen alt sein«, sagte ich.
Mr. Jorgen erschrak. Er verfärbte sich. Sein Gesicht überzog sich mit einer Leichenblässe.
»Ja, Harry ist acht Wochen alt«, antwortete sie. Ihre Stimme klang müde und traurig, »leider habe ich mich zu wenig um ihn kümmern können. Ich liege seitdem im Hospital. Die Ärzte sagen, daß ich die Anstrengungen nicht aushielte.«
Sie mußte eine Atempause machen.
Das Sprechen fiel ihr schwer. Kleine winzige Schweißperlen traten auf ihre Stirn.
»Aber Liebes, setz dich doch«, stotterte Mr. Jorgen, »darf ich dir etwas zu trinken reichen?«
Die Frau ließ sich vorsichtig in einem Sessel nieder und winkte ab.
»Ich will mich nur ein paar Sekunden erholen. Dann muß ich Harry begrüßen«, sagte sie schwer atmend.
»Ich wundere mich, daß Sie den Weg vom Hospital bis hierher allein geschafft haben«, sagte ich anerkennend.
»Mit einem Taxi bis vor die Haustür. Als der Fahrer mich bis zur Wohnungstür bringen wollte, habe ich abgelehnt«, sagte sie mit einem Lächeln. Ihre schlanken Hände rutschten auf den Sessellehnen. Die zarten Finger waren mit Diamantringen besteckt.
Mr. Jorgen stand neben seiner Frau und sah mich an. Er erwartete von mir, daß ich ihm über die Verlegenheit hinweghalf.
»Von Ihrem Mann hörte ich, daß sich der Kleine prächtig macht. Sie werden bestimmt Ihre Freude an ihm haben.«
Die' Lady lächelte dankbar. Sie erhob sich und ging mit schleppenden Schritten zur Tür.
Nach einigen Minuten kehrte Liz Jorgen erschöpft zurück. Sie murmelte:
»Wie friedlich er in seinen Kissen liegt. Er kennt die Mutter kaum.«
»In dem Alter dürfte das wohl noch etwas früh sein«, tröstete ich sie.
»Nein, nein, Mr. Cotton. Ich weiß von anderen Müttern, daß die Babys schon sehr früh…« Mitten im Satz brach sie ab. Tränen traten in ihre Augen. Die Frau schluchzte. Der zarte Körper bebte. Unbeholfen stand Mr. Jorgen dabei.
»Sie werden bald wieder gesund sein und sich dann wieder um das Kind kümmern können«, tröstete ich sie.
»Ja, Mr. Cotton hat recht. Du wirst bald wieder hier sein und dich dann um das Kind
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