0297 - Der Verräter
Edda verstanden wurde.
Sie blieb steif stehen. Die Gänsehaut auf ihrem Körper schien zu Eis zu werden. Bisher hatten die Blutsauger gar nichts gesagt, nun aber redeten sie so, daß Edda sie verstehen konnte, und es kamen noch mehr. Fünf Schwarzblut-Vampire erschienen hinter ihrem Meister und bauten sich dort auf.
Sie standen wie eine Mauer.
Schwarz waren sie gekleidet, nur die blutigen Gesichter leuchteten schaurig.
Mandraka ging vor.
Gleichzeitig verschwand der Druck von Eddas Schulter, der Vampir hatte sie endlich losgelassen.
Zwei Schritte vor ihr blieb Mandraka stehen. Er streckte den rechten Arm aus, dessen Hand sie fast berührt hätte. Über den Handrücken hinweg schaute Mandraka das Mädchen an. Edda stellte fest, daß selbst seine Augen von roten Streifen durchzogen waren, die die Dicke feiner Härchen besaßen.
»Du hast auf unserem Boden gewohnt«, stellte Mandraka in einem Ton fest, der keinen Widerspruch duldete.
»Nein, ich…«
»Rede nicht. Es ist unser Land gewesen. Es gehört uns seit ewigen Zeiten. Ihr Menschen wolltet nur nicht daran glauben und habt es einfach an euch gerissen.«
»Aber wir haben schon immer hier gewohnt«, verteidigte sich Edda.
Mandraka verzog die Lippen zu einem Lächeln, wobei die Zähne weiter hervorschauten. »Was heißt schon immer?«
»Jahre…«
Der Schwarzblut-Vampir lachte. Noch nie hatte das Mädchen jemand so lachen hören. Es war mehr ein Krächzen und Glucksen, und es drang dumpf aus seinem Maul.
»Jahre«, wiederholte er. »Was sind schon Jahre im Vergleich zu dem, was wir hinter uns haben. Atlantis hat uns geformt. Atlantis ist vergangen, wir aber blieben bestehen, und wir werden das fortsetzen, was damals in Atlantis begonnen hat. Es gibt noch zahlreiche Schwarzblütler auf dieser Welt. Wir haben uns vorgenommen, sie zu suchen, und wir werden sie auch finden, darauf kannst du dich verlassen. Und mit einem der Könige unter den Schwarzblütlern machen wir den Anfang. Es ist der Teufel. Seine Macht werden wir brechen.«
Das Mädchen schaute starr. Plötzlich erinnerte sich Edda daran, daß sie am Haus einen roten Schein gesehen hatte. War das der Satan gewesen? Hatte er fluchtartig dieses Gebäude verlassen, weil er den Vampiren begegnet war.
Natürlich war Edda der Teufel nicht unbekannt. Viele Sagen, Legenden und Geschichten drehten sich um ihn. Sie glaubte an Gott, doch auch der Teufel war für sie eine Figur, die existierte. Deshalb vertraute sie auch den Worten des Vampirs.
»Ihr wollt ihn jagen?« fragte sie flüsternd.
»Ja, aber nicht nur wir allein, denn wir haben Unterstützung bekommen. Ein Feind aus alten Zeiten stieß zu uns. Diesmal als Freund. Er wird ebenfalls an unserer Seite stehen. Fast hätte er es geschafft, den Satan zu erledigen, doch es ist etwas dazwischengekommen. Asmodis konnte entfliehen, wir aber holen ihn zurück.«
Edda Kiss war über die Worte des Schwarzblut-Vampirs erstaunt.
Dieses Wesen sprach offen über die Dinge, die man sich normalerweise nur hinter der vorgehaltenen Hand erzählte. Wenn sie den Teufel zurückholen wollten, dann war das für Edda trotz allem, was sie gehört hatte, nach wie vor unmöglich.
»Das schafft keiner!« hauchte sie. »Satan ist der Herrscher der Hölle. Er gehorcht keinem…«
»Doch!« behauptete Mandraka. »Es gibt einen Weg!«
»Und welchen?«
Der Schwarzblut-Vampir senkte seinen Blick. Er konnte Edda direkt ins Gesicht schauen, und in seinen Augen stand etwas, das dem Mädchen Angst machte.
»Sag es!«
»Der Teufel wird kommen, er muß kommen, wenn wir ihn zwingen. Eine große Chance haben wir. Etwas lockt ihn herbei. Es ist das Blut einer Jungfrau.«
Edda erschrak.
Mandraka bemerkte es und lachte wieder stoßweise. »Du bist doch Jungfrau – oder?«
Edda Kiss nickte nur!
***
Das Mädchen hatte eigentlich Kopf schütteln wollen, doch es war einfach zu überrascht gewesen. So hatte Edda eben nur nicken können, und dieses Nicken entsprach der Wahrheit.
Sie war tatsächlich noch Jungfrau.
Ihr Blut für den Teufel!
Plötzlich hatte sie das Gefühl, keinen Boden mehr unter den Füßen zu haben. Das Zittern begann in den Knien und pflanzte sich weiter fort. Die Angst wurde größer, sie schnürte ihre Brust zusammen, so daß Edda Mühe hatte, Luft zu bekommen. Zudem schwindelte ihr.
Alles drehte sich vor ihren Augen, denn ihr war klar geworden, daß sie ihr eigenes Blut für den Satan abgeben sollte.
Damit wollten die Vampire in locken.
Es fiel ihr schwer,
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