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0297 - Der Verräter

0297 - Der Verräter

Titel: 0297 - Der Verräter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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fortgeworfen haben.
    Fast nackt waren die Körper.
    Nur um die Hüften hatten sie Tücher geschlungen, aber es waren andere als die Leichenhemden. An den Seiten waren sie verknotet, und bei jedem Schritt warfen sie Falten.
    Edda konnte nicht sprechen.
    Sie sah ihre Mutter. Noch hatte die Verwesung sie nicht gezeichnet. Ihr Haar, das sie zu Lebzeiten immer zu einem Knoten zusammengebunden hatte, hing jetzt strähnig herab. Der Mund stand offen, die Augen blickten starr, und das übrige Gesicht schien im Widerschein des Feuers ein Eigenleben zu führen.
    Dann der Vater.
    Auch er zeigte noch keinerlei Spuren von Verwesung. Sein Gesicht, das immer sehr alt gewirkt hatte, war von den Spuren eines harten Lebens gezeichnet. Tiefe Falten hatten sich in die Haut gegraben, die Lippen waren kaum zu erkennen. Dünn die Haut am Kinn, und die Wangenknochen sprangen noch spitzer hervor.
    »Kennst du sie?« hauchte Mandraka.
    Edda nickte.
    »Dann habe ich nicht gelogen.«
    »Wie… wie ist das möglich?« erkundigte sie sich mit kaum zu verstehender Stimme.
    »Das ist sehr einfach. In dieser Erde wohnt die Magie einer uralten Zeit. Wir haben sie mitgebracht, deshalb können Tote wieder auferstehen und zu lebenden Leichen werden.«
    »Aber was wollt ihr mit ihnen?«
    »Eigentlich nichts. Wir hielten nur unser Versprechen. Aber sie werden jetzt zuschauen, wie wir uns mit dir beschäftigen und durch dein Blut dafür sorgen, daß der Teufel zurückkehrt. Sie helfen uns, und sie werden es sein, die den Anfang machen.«
    »Welchen Anfang?« hauchte das Mädchen.
    Mandraka zog sich wieder zurück und rieb seine trockenen Hände. »Das wirst du noch merken, wenn es soweit ist.« Er wandte sich an die anderen und schloß auch Myxin mit ein. »Seid ihr bereit?«
    Die Schwarzblut-Vampire nickten.
    Mandraka war zufrieden, trat zwischen zwei Fackeln hindurch und begab sich in die Mitte des Kreises, wo er neben Edda sitzenblieb, die sofort ein Stück zur Seite rückte.
    »Bleib!« zischte Mandraka.
    Edda Kiss gehorchte. Sie sah den Vampir neben sich und spürte seine unheimliche Aura. Es war schon seltsam, denn normalerweise mußte sie bei einem Vampir damit rechnen, daß er Menschen angriff. Bei diesem hier war es nicht der Fall. Er liebte und genoß das Blut der Dämonen, Menschen ließ er in Ruhe.
    So etwas wollte nicht in ihren Kopf. Dennoch machte er ihr Angst.
    Allein seine Anwesenheit und das Wissen, daß er etwas Schreckliches mit ihr vorhatte, trieb den Schweiß auf ihre Stirn. Zudem hatte man ihr gesagt, daß auch ihre Eltern in diesem teuflischen Spiel mitmischten, und die Tatsache hatte sie tief getroffen. Wenn sie an sie dachte, sah sie in ihnen immer das fleißige Ehepaar, das sein ganzes Leben über gearbeitet hatte, um sich die Existenz aufzubauen. Stets hatten Vater und Mutter Geschichten von schaurigen Wesen erzählt und ihre Tochter vor ihnen gewarnt. Nun hatten sie sich kurz vor ihrem Tod selbst auf einen Handel mit den Blutsaugern eingelassen.
    Darüber kam das Mädchen nicht hinweg. Diese Tatsache empfand sie als fast noch schlimmer, als das Wissen darum, was mit ihr geschehen sollte.
    Die anderen Schwarzblut-Vampire verschwanden hinter dem zuckenden Licht der Fackeln. Sie waren nur mehr schemenhaft zu erkennen und wirkten in dem glosenden Schein wie geheimnisvolle Geister.
    Edda dachte auch an den Mann, der sich den Vampiren hatte so mutig in den Weg stellen wollen.
    Alles umsonst, sie hatte weder etwas von ihm gesehen noch gehört. Die Übermacht war einfach zu groß geworden.
    Mandraka sprach sie an. Er drehte dabei ein wenig den Kopf und richtete seinen starren Blick direkt in ihr Gesicht.
    Edda zuckte zurück. Die Lippen öffneten sich zu einem Schrei.
    Mandraka merkte dies und legte ihr seine Hand auf den Mund.
    »Laß es lieber!« flüsterte er. »Du hast keine Chance mehr. Dein Blut bekommt der Teufel, Mädchen. Ich weiß, daß so etwas schlimm für dich ist. Deshalb werde ich dir auch die Chance lassen, es selbst zu tun. Du brauchst dich vorerst nicht zu töten, nur zu verletzen, damit der kostbare Lebenssaft aus deinen Adern rinnt und diesen magischen Boden benetzt. Hast du mich verstanden?« Der Schwarzblut-Vampir brachte sein Gesicht dicht an das des Mädchens, schaute ihm in die Augen und verzog seine Lippen zu einem dünnen Lächeln, als er die Angst sah. »Willst du es tun?«
    »Nein!«
    Mandraka zuckte zurück. »Ich hatte dir eine Chance geben wollen, Edda. Eine große sogar. Du wolltest sie nicht nutzen.

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