0299 - Das Lagunen-Monstrum
»Überholen von Fahrzeugen und Benutzen der Lichthupe, obwohl keine Veranlassung dazu da war!«
»Ich kann mich nicht erinnern…!« stotterte Professor Zamorra.
»Der Brief kommt aus Deutschland. Aus Münster. Unterschrieben von einem Georg Bertelsmann. Die mögen in Deutschland nicht, wenn du mit südländischem Temperament fährst. Auch für Franzosen gilt die Straßenverkehrsordnung, und außerdem solltest du als Held eine Art Vorbild sein…!« flötete Nicole.
»Ich bin aber kein Held!« brummte der Meister des Übersinnlichen. »Jedenfalls nicht in dem Sinne, wie er in Filmen dargestellt oder in Romanen geschildert wird. Ich tue nur das, was ich tun muß!«
»Dann mußt du jetzt die Post beantworten!« befahl Nicole.
»Das Buch ist wichtiger!« protestierte Professor Zamorra. »Denn das bringt Geld ins Haus. Und von irgend etwas müssen wir ja schließlich leben. Ich werde…!« Professor Zamorra konnte nicht mehr erörtern, was er eigentlich wollte. Das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte. Zamorra nahm den Hörer von der Gabel und meldete sich.
»Geben Sie Ihre Alpha-Codierung!« schnarrte es aus dem Hörer. Professor Zamorra stieß die Luft aus. Die Alpha-Codierung war eine besondere Chiffre des Möbius-Konzerns, und nur ganz besondere Mitarbeiter hatten eine solche Bezeichnung.
Der alte Stephan Möbius hatte beispielsweise die Codierung »Pik As«.
»Hier ist Charlemagne!« sagte Professor Zamorra in ruhigem Ton. Er hatte seinerzeit die französische Bezeichnung für Karl den Großen gewählt.
»Ich verbinde mit Alexander dem Großen!« kam es durch den Hörer. Es knackte einige Male in der Leitung, dann meldete sich Carsten Möbius.
Gebannt lauschte der Meister des Übersinnlichen den Ausführungen des Millionenerben, der in knappen, präzisen Worten von der Attacke der Tauben auf dem Markusplatz und dem versuchten Seelenhandel berichtete.
»… es ist sicher ein Werk des Teufels!« mutmaßte Möbius. »Dieser Leopold von Sterzing erwähnte den Namen Asmodis einige Male. Ich bin sicher, daß unser Freund Assi hier in Venedig sein Unwesen treibt!« Im internsten Kreis um den Parapsychologen wurde der Name des Fürsten der Finsternis manchmal in flapsiger Weise verniedlicht. Dennoch wußte jeder, daß Asmodis trotz aller »Menschlichkeit« doch ein Höllenwesen war, dem man nicht trauen durfte. Daß durch andere Kanäle dieser Begriff sogar bis in die Hölle gedrungen war, ärgerte den Fürsten der Finsternis maßlos.
»Überall in der Welt treiben die Teufel und die Dämonengeschöpfe ihr Unwesen!« erklärte Professor Zamorra. »Und wenn wir ganze Divisionen von Dämonenjägern hätten, gelänge es nicht, das Wirken der Hölle zu unterbinden. Die Menschen sind ja frei in ihrer Entscheidung, ob sie ein Bündnis mit der Finsternis eingehen wollen!«
»Im Falle meines Vaters haben sie damals zu einer List gegriffen!« erinnerte Carsten Möbius. Auf der Geisterparty von Schloß Windsor hatte Stephan Möbius damals einen Höllenpakt unterschrieben, den ihm Asmodis in einer Tarnexistenz als normalen Geschäftsvertrag vorgelegt hatte. [3] »Diesmal aber zwingen sie die Menschen zum Unterschreiben, indem sie die Tauben angreifen lassen!«
»Das sieht aber nicht nach dem Wirken der Hölle aus!« überlegte der Meister des Übersinnlichen. »Ausgerechnet die friedlichen Tauben, die sogar noch christliche Symbolik beinhalten. Das ist keine Tücke von Asmodis. Da stecken andere Kräfte dahinter!«
»Und wer?« fragte Möbius am anderen Ende der Leitung.
»Das werde ich herausfinden!« beruhigte ihn Professor Zamorra. »Ich nehme die nächste Linienmaschine. Oder schickst du mir die Albatros nach Lyon?«
»Geht nicht!« sagte Carsten Möbius. »Mit der sind derzeit einige Herren unseres Direktoriums in den Staaten unterwegs. Wir eröffnen demnächst eine Unternehmensgruppe in den USA.«
»Schöne Grüße an Blake Carrington!« lachte Professor Zamorra.
»Nein, die richten wir J.R. Ewing aus!« erklärte Carsten Möbius. »Die Zentrale dieser Corporation liegt in einem neu errichteten Hochhaus im Zentrum von Dallas!«
»Gott sieht alles - außer Dallas!« lästerte Nicole Duval aus dem Hintergrund, die per Telefonverstärker alles vom Gespräch mitbekam.
»Wir sind im Hotel Marco Polo!« erklärte Carsten Möbius und nannte die Rufnummer des Hotels. »Gib uns Bescheid, wann die Maschine landet. Wir erwarten dich dann an der Piazza San Marco, weil sich der Flugplatz auf einer vorgelagerten
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