03 Arthur und die Stadt ohne Namen
zweiundsiebzigsten Sure des Korans geschrieben. Nicht jeder Dschinn ist böse, aber in der Einsamkeit der Wüste sind viele von ihnen wahnsinnig geworden. Unter den Bedu ist bekannt, dass Chalid und seine Ausgestoßenen sich dem Bösen verschrieben haben. Damit haben sie die Kraft vieler Geisterwesen auf ihrer Seite.«
Er öffnete ein mit Schnitzereien verziertes Holzkästchen, das neben ihm stand, und holte etwas Glitzerndes heraus.
»Dies ist die Hand der Fatima«, erklärte er. »Sie wird euch vor dem bösen Blick und den üblen Geistern schützen. Die fünf Finger stehen für die fünf Personen, die Allah unter seinen besonderen Schutz genommen hat: Mohammed, seine Tochter Fatima, seinen Schwiegersohn Ali und deren Söhne Hassan und Hussein.«
Er öffnete seine Hand und hielt uns drei Goldketten entgegen, an denen jeweils eine kleine, geöffnete Hand baumelte. In die Handfläche war ein Auge eingraviert. Wir bedankten uns bei ihm und hängten uns die Talismane um den Hals.
»Nun geht«, sagte er. »Atamanna lak hadd sa’id.«
Er wünschte uns also Glück, und das konnten wir wirklich gebrauchen. Wir kehrten zum Landrover zurück, der bereitstand für einen sofortigen Aufbruch.
»Etwas fehlt noch«, sagte Larissa. Sie zog aus ihrem Koffer ein in ein T-Shirt eingewickeltes Bündel aus grünen Stäben, die sie schnell ineinandersteckte. In der Mitte waren sie durch eine Platine miteinander verbunden, sodass die ganze Konstruktion aussah, wie ein großes H.
Larissa kletterte auf das Dach des Fahrzeugs und befestigte die Vorrichtung zwischen den Kisten. Dann führte sie ein dünnes Kabel seitlich herab und durch das Fenster zur Rückbank.
»Das ist unser Empfänger für den Peilsender«, erklärte sie, während sie das Kabel über einen Adapter mit ihrem Handy verband. »Ich habe eine kleine App installiert, die uns die Position ihres Fahrzeugs im Verhältnis zu uns auf einer Karte anzeigt.«
Lange mussten wir danach nicht mehr warten. Am frühen Nachmittag brachte ein Bote die Nachricht, dass Chalid und seine Männer aufgebrochen waren. Sie hatten die Straße in Richtung Seiyun und Tarim genommen.
Hayyid klemmte sich hinters Steuer und wir fuhren los. Sobald wir Shibam hinter uns gelassen hatten, überprüfte Larissa, ob ihr Peilsystem funktionierte. Ein leiser Piepton zeigte an, dass die Antenne das Signal empfing.
»Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu weit hinter ihnen zurückbleiben«, sagte sie zu Hayyid. »Der Peilsender hat eine maximale Reichweite von zehn Kilometern. Derzeit sind sie etwa fünf Kilometer vor uns.«
»Sie werden bis Thamud auf dieser Straße bleiben«, vermutete Hayyid. »Bis dahin müssen wir nur aufpassen, dass wir sie nicht überholen, falls sie irgendwo rasten. Danach wird es dann schwieriger werden.«
Er sollte mit seiner Vermutung recht behalten. Wir folgten der Straße durch das Tal bis Tarim. Von dort ging es durch das Gebirge weiter. Kurz vor Tharub mussten wir anhalten, weil die Fahrzeuge, die wir verfolgten, im Ort gestoppt hatten.
Die Dunkelheit war inzwischen hereingebrochen. Wir warteten eine Stunde ab, aber Chalid setzte sich nicht wieder in Bewegung. »Wahrscheinlich übernachten sie dort«, vermutete Hayyid. »Dann sollten wir das auch tun.«
Er steuerte den Landrover ein Stück von der Straße weg. Mit wenigen Handgriffen baute er seitlich vom Wagen ein Vorzelt auf. Wir kochten Tee auf einem kleinen Campingherd; dazu gab es getrocknete Früchte und für jeden einen Streifen des getrockneten Kamelfleisches. Ich zögerte erst, aber als ich Larissa und Hayyid ihre Zähne in das Fleisch schlagen sah, tat ich es ihnen nach. Das Fleisch war etwas zäh, schmeckte aber gar nicht so übel, wie ich erwartet hatte. Allerdings haftete ihm ein gewisser Beigeschmack an, den ich nicht genau identifizieren konnte. Ein weiteres Gericht also, das es nicht auf meine Liste der Leibspeisen schaffte.
Nach dem Essen rollten wir uns in Decken ein und schliefen, so gut es ging. Ab und zu rauschte auf der nahen Straße ein Lastwagen vorbei. Hayyid hatte während des Essens von Skorpionen erzählt, von denen es hier und in der Wüste reichlich gab. Überall glaubte ich es rascheln und krabbeln zu hören, bis mich die Müdigkeit schließlich übermannte.
Larissa weckte uns früh am folgenden Morgen. Ihr Peilsender hatte ein Signal gegeben. Chalid war bereits aufgebrochen. Wir packten eilig unsere Sachen zusammen und fuhren dann in den Ort ein. Hayyid steuerte zielgerichtet eine
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