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03 Arthur und die Stadt ohne Namen

03 Arthur und die Stadt ohne Namen

Titel: 03 Arthur und die Stadt ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruebenstrunk Gerd
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von einem dunklen Abgrund.
    Ich zog die Schultern zusammen, um mich ein wenig gegen die Kälte zu schützen. Vergeblich. Sie kroch in mir hoch und legte sich wie eine eiserne Klammer um meinen Brustkorb. Das Atmen fiel mir schwer.
    Ich lehnte mich gegen die Torsäule und atmete tief durch.
    »Spürst du es auch?«, fragte Larissa.
    Ich nickte nur stumm. Am liebsten hätte ich kehrtgemacht und diesen Ort so schnell wie möglich verlassen.
    »Ich würde mich wohler fühlen, wenn ich wüsste, was wir zu tun hätten«, sagte ich.
    Larissa ergriff meine Hand. Ihre Finger waren ebenso kalt wie meine. Doch bereits nach wenigen Sekunden breitete sich von unseren ineinander verschränkten Händen eine warme Welle in meinem Körper aus. Der Griff um meine Brust lockerte sich.
    »Ich habe auch Angst«, flüsterte sie. »Aber mit dir an meiner Seite weiß ich, dass wir es schaffen können.«
    Ich wünschte, ich hätte ihre Zuversicht besessen! Was sie sagte, stimmte: Bislang war es uns immer irgendwie gelungen, unser Ziel zu erreichen. Allerdings sollte man sein Glück nicht zu sehr strapazieren. Auch eine Katze hatte nur sieben Leben, und ich bezweifelte, dass es bei Bewahrern mehr waren.
    »Wir müssen da runter, fürchte ich«, sagte ich und deutete auf den steilen Pfad, der in die Tiefe führte.
    Hand in Hand begannen wir den Abstieg. In den Pfad waren grobe Stufen gehauen, die an einigen Stellen zerbröckelt und abgerutscht waren. Die Felsen zu beiden Seiten des Pfades schimmerten in dem blassen Licht. Fast sah es so aus, als bewegten sich dort riesige dämonische Fratzen, die nur auf einen Fehltritt von uns warteten, um uns zu verschlingen.
    Wir hielten Abstand von der Wand und der Brüstung, um ja nicht in die Nähe des Abgrunds zu geraten oder die Wand zu berühren. Der Weg führte um mehrere Felsvorsprünge herum. Als wir den letzten davon umrundeten, tat sich vor uns ein großer Platz auf, von dem in alle Richtungen Straßen abgingen. Die Häuser stellten fast eine exakte Kopie von Shibam dar: Sie waren schlicht, ohne viele Verzierungen, und standen dicht aneinandergedrängt. Allerdings ragten sie weitaus höher in die Lüfte als nur neun Stockwerke. Alles wurde von einem milchig bleichen Schein erleuchtet, dessen Quelle wir nicht ausmachen konnten. Die Sonne konnte es nicht sein, denn wir befanden uns tief unter der Erde.
    Wir blieben am Fuß des Pfades stehen und sahen uns um. Die dunklen Höhlen der Fenster starrten auf uns herab wie auf zwei kleine Insekten, die man jederzeit zertreten konnte.
    Dies war ein Ort des Bösen. Nicht der alltäglichen Bosheit oder Gemeinheit, sondern der völligen Verkommenheit, für die es keine Regeln oder Rücksicht gibt.
    »Alles tot hier«, schauderte Larissa. »Diese Stadt ist nicht nur verlassen. Hier hat auch nie jemand gelebt.«
    »Zumindest keine Menschen, wie wir sie kennen«, sagte ich.
    Sie nickte. »Und irgendwo hier müssen sie stecken.«
    Sie meinte die Schatten. Es war merkwürdig, dass sie sich noch nicht hatten blicken lassen. Eigentlich hätten sie unsere Ankunft doch bemerken müssen. Oder waren sie vielleicht gar nicht so allmächtig, wie wir immer angenommen hatten?
    Ich atmete tief durch. »Rechts, links oder geradeaus?«
    »Geradeaus«, entschied Larissa.
    Wir überquerten den Platz und liefen die breite Straße entlang. Selbst das Geräusch unserer Fußtritte auf dem festgestampften Erdboden wurde von der alles beherrschenden Stille sofort verschluckt. Mir war, als würden wir von Tausenden toter Augen beobachtet. Immer wieder warf ich einen Blick über die Schulter, ob uns jemand folgte, konnte aber nichts entdecken. Doch wer wusste schon, was hinter den Mauern der Häuser auf uns lauerte?
    Vor uns lag eine Kreuzung. Wir wandten uns nach rechts. Die Straße mündete in einen zweiten, kreisrunden Platz von gewaltigen Ausmaßen. In seiner Mitte war in einer Vertiefung ein kleines Amphitheater angelegt. Direkt vor uns führten Stufen in die Arena hinunter, in deren Mitte ein schwarzer, glänzender Steinblock von mindestens drei Metern Höhe emporragte. Er erinnerte mich an einen Altar.
    Während wir noch unschlüssig überlegten, was wir nun tun sollten, hörten wir zum ersten Mal seit unserer Ankunft ein Geräusch. Es klang wie das erregte Summen eines aufgescheuchten Bienenvolks.
    »Das Buch!«, rief ich Larissa zu.
    Sie öffnete ihre Umhängetasche und zog den Band in seiner Plastikhülle hervor. »Und jetzt?«, fragte sie.
    Anstelle einer Antwort wurden wir

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