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03 Arthur und die Stadt ohne Namen

03 Arthur und die Stadt ohne Namen

Titel: 03 Arthur und die Stadt ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruebenstrunk Gerd
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stehen und wartete, bis wir zu ihm aufgeschlossen hatten.
    »Wollt ihr mal was sehen?«, fragte er und deutete auf die Wand zu seinen Füßen. Ich konnte lediglich einen Steinbrocken erkennen. Hare, der lautlos neben mich getreten war, bückte sich und rollte den Klotz beiseite. Dahinter klaffte ein Loch.
    Larissa und ich knieten uns hin und sie leuchtete mit ihrer Taschenlampe hindurch. Was wir sahen, verschlug uns die Sprache.
    Vor uns lag eine Straße.

Wahnsinn

     
    Es war keine Straße wie die über der Erde. Was sich vor unseren Augen erstreckte, war eine Gasse des alten Edinburgh. Zu beiden Seiten standen mehrstöckige Häuser mit leeren Fensterhöhlen. Statt eines Himmels duckte sich über den Dächern ein dunkles Gewölbe, auf dem die neueren Bauwerke errichtet worden waren. Ich stellte mir vor, dass dort oben jetzt Menschen ihrer ganz normalen Arbeit nachgingen: Akten hin- und hertragen, Telefongespräche führen, ein Sandwich essen. Wir waren so nah an der Freiheit und doch zugleich so unendlich weit weg von ihr.
    Die Gasse fiel steil ab. Vor einem Haus war ein schmaler Holzkarren mit einem Fass darauf geparkt; vor einem anderen waren zwei Hocker aufgestellt, neben denen mehrere Bierkrüge standen, so als seien die Bewohner nur gerade mal kurz weggegangen und würden gleich zurückkehren.
    »Nice, innit?« , fragte Burke, der unser Staunen natürlich bemerkt hatte. »Wenn ihr nach Büchern sucht, dann solltet ihr die Häuser durchforsten.«
    »Aber wie gelangen wir dorthin?«, wollte ich wissen. Wir befanden uns mindestens vier Meter über dem Boden der Gasse.
    »Oh, da müssen wir einen anderen Weg nehmen«, sagte er. »Aber nicht mehr heute. Sonst kommen wir zu spät zurück zum Abendessen. Und das wollen wir doch nicht.«
    »Ich bin noch nicht hungrig«, rief Larissa. »Können wir nicht doch ...«
    »Der Master mag es nicht, wenn man zu spät kommt«, unterbrach Hare sie. »Ihr werdet noch genug Zeit haben, euch alles in Ruhe anzusehen.« Dabei verzog sich sein Mund zu einem hämischen Grinsen.
    Was blieb uns anderes übrig, als den beiden zurück zu folgen? Ich versuchte, mir den Weg einzuprägen, gab aber schnell auf. Dafür gab es einfach zu viele Gänge und Abzweigungen. Burke beeilte sich jetzt mehr als beim Hinweg, und Hare trat mir mehrmals in die Hacken, so eilig hatte er es. Sie schienen ganz schön Respekt vor Knox, ihrem Master, zu haben.
    Schließlich standen wir wieder im Gewölbe mit dem Feuer. Über den Flammen hing jetzt ein dicker Kessel, der mich unangenehm an Kannibalenwitze erinnerte. Einer der beiden größeren Jungen rührte mit einer langen Kelle darin herum. Viele der vorher Schlafenden hatten sich aufgerichtet. Soweit ich es im Halbdunkel erkennen konnte, waren ihre Gesichter ausgezehrt, und die Kleidung, die sie trugen, hatte auch schon bessere Tage gesehen.
    Die merkwürdige Gesellschaft saß an den Wänden aufgereiht und wartete. Jeder von ihnen hielt einen Napf in den Händen. Ihre Augen waren gierig auf den Kessel über dem Feuer gerichtet, doch als wir hereinkamen, zogen wir sofort alle Blicke auf uns.
    Ein Mann, an dem wir vorbeikamen, fiel vor Larissa auf die Knie und betastete ihre Beine. Er war ausgemergelt und seine Haare und sein Bart hatten bestimmt seit Monaten keine Schere mehr gesehen. Larissa wich erschrocken zurück, doch der Mann hielt ihre Knöchel fest umschlungen und versuchte, nach ihrer Hand zu greifen.
    Das Schlimme dabei war, dass all das völlig lautlos geschah. Burke und Hare grinsten hämisch und machten keinerlei Anstalten, Larissa zu helfen.
    Ich eilte zu Larissa und versuchte, den Mann von ihr wegzuziehen, als Knox aus dem Schatten in den flackernden Lichtschein trat. »Enough!« , bellte seine Stimme durch den Raum. Das eine Wort von ihm genügte. Sofort zog sich der Mann wieder auf seinen Platz an der Wand zurück. Erleichtert gingen wir zum Feuer, wo sich die seltsamen Gestalten offenbar nicht hintrauten.
    »Ihr müsst meine Studenten entschuldigen«, lächelte Knox. »Wir haben selten Gelegenheit, Besucher hier unten zu empfangen. Manchmal ist ihre Reaktion deshalb etwas übertrieben.«
    »Das kann man wohl sagen.« Meine Stimme zitterte. Ich bemühte mich, meine Fassung wiederzufinden.
    »Sie werden sich schon an euch gewöhnen.« Seine Miene wurde wieder geschäftsmäßig. »So, und nun gibt es Essen.«
    Er machte eine Handbewegung und Hare drückte jedem von uns eine Blechschale und einen verbogenen Löffel in die Hand. Knox nahm von den

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