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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ihn hätte sehen können«, antwortete Lynley. »Es war mitten in der Nacht. Corntel, der eigentlich Dienst gehabt hätte, machte seine Runden nicht, die meisten Schüler waren weg, die anderen in ihren Betten. Vom Haus Kalchas zum naturwissenschaftlichen Gebäude ist es nicht weit. Selbst wenn er Matthew über der Schulter getragen hat, dürfte er nicht mehr als dreißig Sekunden für den Weg gebraucht haben, vielleicht sogar weniger. Er brauchte nur über den Rasen zu laufen, dann über den Weg, und schon war er wieder im Haus Kalchas. Gefährlicher war die Sache Samstag abend, aber da hatte Brian ja Hilfe. Clive Pritchard, der glaubte, er sei an Matthew Whateleys Tod schuld, ging ihm zur Hand, weil er meinte, Brian wolle ihn vor Entdeckung schützen, und keine Ahnung hatte, daß es sich genau umgekehrt verhielt.«
    »Und nachdem Clive Brian geholfen hatte, die Leiche in den Kleinbus zu verfrachten«, sagte Barbara, »konnte er nach Cissbury abzischen und sich ein schönes Alibi besorgen.«
    »Während Brian und Chas nach Stoke Poges fuhren.«
    »Ziemlich spät für einen Besuch«, meinte Barbara. »Es muß doch nach Mitternacht gewesen sein, als sie dort ankamen.«
    »Aber Cecilia wußte, daß die Streaders das Wochenende bei ihrer Tochter verbrachten«, bemerkte St. James.
    »Das sagte sie Sonntag abend vor der Polizei aus. Da spielte es keine Rolle, wann Chas ankam, Hauptsache, er kam überhaupt.«
    »Sie wußte, er würde entweder per Anhalter fahren oder wieder den Kleinbus nehmen müssen«, fügte Lynley hinzu. »Da hätte sie ihn sowieso nicht viel früher erwartet.«
    »Wie unnötig das alles war!« sagte Barbara. »Warum, zum Teufel, hat Chas Quilter nicht einfach die Wahrheit gesagt? Warum mußte er sich umbringen?«
    »Er sah keinen Ausweg, Havers. Für ihn war die Situation hoffnungslos. Und ganz gleich, was er getan hätte, immer hätte er damit einen anderen verraten.«
    »Natürlich, und petzen wollte er unter keinen Umständen«, sagte sie mit Verachtung. »Darauf läuft's doch hinaus, nicht? Das ist alles, was er in Bredgar Chambers gelernt hatte. Die Wahrheit aus Loyalität zu den Mitschülern verschweigen. Erbärmlich, wirklich. Was bringen diese prächtigen Schulen für armselige Geschöpfe hervor.«
    Lynley trafen ihre Worte tief. Er antwortete nicht. Er konnte nicht.
    Sie fuhren am Pförtnerhaus vorbei. Elaine Roly stand auf der schmalen Veranda und hinter ihr, von der Tür umrahmt, Frank Orten mit einem seiner Enkel auf dem Arm.
    »Na, wie lang wird sie noch versuchen, ihn zu ködern?« fragte Barbara, als das Scheinwerferlicht des Bentley die beiden Gestalten einen Moment einfing. »Man sollte eigentlich meinen, daß sie nach siebzehn Jahren aufgeben würde.«
    »Wenn sie ihn liebt, nicht«, entgegnete Lynley. »In vielen Dingen geben die Menschen auf, Havers. Aber selten in der Liebe.«

    Es war Mitternacht, als es klopfte, aber Kevin Whateley und seine Frau waren auf den Besuch vorbereitet. Man hatte sie kurz vor elf aus Bredgar Chambers angerufen, um ihnen mitzuteilen, daß die Polizei noch einmal bei ihnen vorbeikommen würde.
    Die beiden Beamten waren in Begleitung einer dritten Person, eines sehr schlanken Mannes mit einer Stahlschiene am linken Bein und ungelenkem Gang. Inspector Lynley stellte ihn vor, aber Kevin hörte nur das Wort »forensisch«, dann blendete er sich aus dem Gespräch aus.
    Kevin beobachtete, wie Inspector Lynley mit seinen dunklen Augen Patsy musterte, die Blutergüsse an ihren Armen, das dunkel verfärbte Auge, ihre vorsichtigen Bewegungen beim Gehen, wie sie dabei eine Hand auf die Rippen drückte, als müsse sie sie schützen. Wie aus weiter Ferne hörte er die rasche Frage des Inspectors. Patsys Antwort war ruhig. Ein Sturz auf der Treppe. Sie schmückte die Geschichte sogar noch ein wenig aus.
    Sie sei die Treppe hinaufgefallen. Man stelle sich das vor.
    Sie vermied es, Kevin anzusehen, während sie sprach. Aber der Inspector sah ihn an. Er war offensichtlich kein Dummkopf. Er wußte, was passiert war. Und die Beamtin in seiner Begleitung wußte es auch. Sie war richtig taktvoll. Kann ich jemanden für Sie anrufen? Eine Freundin vielleicht, die Sie gern besuchen würden? Es hilft manchmal, eine Freundin dazuhaben, wenn man jemanden verloren hat, den man geliebt hat. Es war klar, was sie damit sagen wollte. Am besten verschwindest du aus dem Haus, Pats. Wer weiß, was sonst noch passiert.
    Patsy schien den Vorschlag nicht übelzunehmen. Sie zog ihren

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