Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
die schmale Zufahrtsstraße hinunter. Ein korpulenter Mann kam gerade aus dem Kastenwagen, der als Kommandozentrale diente, als Simon und Deborah den Austin erreichten. Er sah sie, hob grüßend die Hand und trat zu ihnen.
    »Inspector Canerone«, stellte er sich vor und fügte zu Simon gewandt hinzu: »Wir sind uns vor etwa acht Monaten in Bramshill begegnet. Sie hielten dort einen Vortrag über die Sicherstellung von Brandstoffrückständen.«
    »Ich erinnere mich. Ziemlich trockene Sache«, antwortete Simon und reichte Canerone die Hand. »Konnten Sie da überhaupt wach bleiben?«
    Canerone grinste. »Mit Müh und Not. Bei uns gibt's kaum Brandstiftungen.«
    »Nein, nur so etwas.« Simon wies mit dem Kopf zum Friedhof.
    Der Inspector seufzte. Die Haut unter seinen Augen war blauschwarz vor Müdigkeit. »Armer kleiner Kerl«, sagte er. »Kindsmord, das ist so ziemlich das Gemeinste, was es gibt.«
    »Es ist also Mord?«
    »Sieht so aus. Wenn's auch einige Ungereimtheiten gibt. Wollen Sie sich's mal ansehen?«
    Das war jetzt, wo er endlich Deborah wieder bei sich hatte, das letzte, wonach Simon verlangte. Aber forensische Wissenschaft war sein Fach. Er war eine national anerkannte Kapazität auf dem Gebiet. Er konnte das Angebot kaum mit der Erklärung abschütteln, daß er Sonntag abend Besseres zu tun hätte.
    »Geh ruhig, Simon«, sagte Deborah. »Ich fahre inzwischen schon voraus. Es war schauderhaft ... Ich möchte gern weg von hier ...«
    Er gab die Antwort, die vorausgesetzt wurde. »Gut, dann sehen wir uns nachher.«
    »Zum Essen?« Mit einer kleinen wegwerfenden Geste fügte sie hinzu: »Ich glaube allerdings kaum, daß wir viel Appetit haben werden. Etwas Leichtes vielleicht?«
    »Ja, etwas Leichtes. Ja. Gut.« Er hatte das Gefühl, langsam zu versteinern. Sie stieg ins Auto. Simon riß seinen Blick von dem davonfahrenden Wagen. »Wo ist die Leiche?« fragte er Canerone.
    »Kommen Sie.«
    Simon folgte dem Inspector nicht auf den Friedhof, sondern auf Gray's Feld, das sich an das Gelände des Kirchhofs anschloß. An einem Ende hob sich schwarz und massig ein Monument für den Dichter aus der Dunkelheit. Das Feld lag jetzt, am Ende des Winters, noch brach; ein kräftiger Geruch nach Humus stieg von ihm auf. In einem Monat würde es grün sein.
    »Keine Fußabdrücke hier«, erklärte Canerone, während sie auf einen Drahtzaun zugingen, der von einer Hecke überwachsen am anderen Ende des Feldes stand. Man hatte ein großes Loch in den Draht geschnitten, um auf das nächste Feld gelangen zu können, wo die Leiche lag. »Es sieht so aus, als hätte der Mörder den Jungen direkt über den Friedhof getragen und dann über die Mauer geworfen. Einen anderen Zugang gibt's nicht.«
    »Und von dem Hof aus?« Simon wies auf ein beleuchtetes Haus jenseits des Felds.
    »Da haben wir auch keine Fußabdrücke gefunden. Außerdem sind drei Hunde auf dem Hof, die einen Höllenlärm veranstalten würden, wenn da jemand vorbeikäme.«
    Die Männer am Ort wichen zurück, um Simon Zugang zu der Leiche zu gewähren. Gerade nahm der Polizeifotograf seine Kassette aus dem Fotoapparat. Er hielt inne, schaute und senkte den Apparat, um ihn in den Koffer zu seinen Füßen zu stellen.
    Simon fragte sich, was sie von ihm erwarteten. Sie konnten das Offensichtliche so gut erkennen wie er; alles andere konnte nur durch eine Autopsie festgestellt werden. Er war kein Zauberer. Er verfügte außerhalb seines Labors nicht über besondere Fähigkeiten. Außerdem wäre er am liebsten gar nicht hier gewesen, auf diesem dunklen, kalten Feld, wo ein Nachtwind an seinen Haaren riß, während er auf den Leichnam eines Kindes hinuntersah, das er nicht kannte. Es war völlig irrational anzunehmen, daß durch seine persönliche Prüfung dieser schlimmen kleinen Szene die Wahrheit hinter dem Leben des Kindes und seinem Tod aufgedeckt werden würde. Dennoch sah er zu dem Leichnam hinunter. Die Hautfarbe legte den Verdacht nahe, daß sich irgendein Gift im Blut befand; vielleicht doch ein Unfalltod. Doch der körperliche Zustand widersprach dieser Möglichkeit. Es gab, wie Canerone gesagt hatte, Ungereimtheiten, die nur durch eine Autopsie aufgeklärt werden konnten. Aus diesem Grund begnügte sich Simon damit, das Offenkundige zu sagen, das wahrscheinlich jeder kleine Constable auch hätte sagen können. Es war an dem langen Fleck, der sich einer Prellung ähnlich über das ganze linke Bein des Kindes zog, leicht zu erkennen.
    »Die Leiche ist erst

Weitere Kostenlose Bücher