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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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eines herausgerissen worden war. Das gleiche galt für Hemd und Hose. Er schaute auf, als er zur Krawatte kam und ein Paar Schuhe darunter sah.
    »Wie haben Sie das alles gefunden?« fragte er Orten.
    Orten wandte sich ihm zu. »Ich verbrenne den Müll immer Samstag nachmittags. Und ich achte immer darauf, daß das Feuer richtig aus ist, ehe ich an andere Arbeiten gehe. Sonntag nacht bemerkte ich, daß es sich wieder entzündet hatte. Da bin ich hergekommen, um nachzusehen.«
    Lynley richtete sich langsam auf. »Sonntag nacht?« wiederholte er. »Sonntag nacht?«
    Das Gesicht des Mannes verschloß sich. »Sonntag nacht«, bestätigte er.
    Lynley sah, wie Havers auf der anderen Seite des Müllbergs ihre Sucharbeit unterbrach und ihre Zigarette wegwarf. Sie stemmte ihre Hand in die Hüfte. »Matthew Whateley wurde am Sonntag vermißt gemeldet«, sagte sie. Ihr Gesicht war hochrot. »Und Sie sind erst am Montag abend dazu gekommen, uns den Fund dieser Sachen mitzuteilen - obwohl Sie sie bereits Sonntag nacht gefunden hatten? Wie kommt das, Mr. Orten?«
    »Als ich das Feuer sah, dachte ich, es wär ein dummer Streich, und als ich herkam, um nachzusehen, war's finster. Ich hab einfach ein paar Schaufeln Erde drauf geworfen, um es zu löschen. Die Kleider habe ich da nicht gesehen. Die hab ich erst am späten Tag gefunden. Und da hab ich mir auch nichts dabei gedacht. Ich hab erst am Montagmorgen erfahren, daß der kleine Whateley verschwunden war.«
    »Aber trotzdem! Wir waren gestern fast den ganzen Tag hier. Sind Sie denn überhaupt nicht auf die Idee gekommen, uns was zu sagen? Wissen Sie, wie man so was nennt? Unterschlagung von Beweismaterial. Und das kann Sie ganz schön in Schwierigkeiten bringen.«
    »Ich hatte keine Ahnung, daß es Beweismaterial ist«, versetzte Orten. »Und ich weiß es auch jetzt noch nicht.«
    Lynley schaltete sich ein. »Aber als Sie Scotland Yard anriefen, sagten Sie, die Kleider hätten dem toten Jungen gehört.
    Das hat man mir wortwörtlich ausgerichtet.«
    Er beobachtete den Mann scharf und sah, wie er die Lippen aufeinanderpreßte. »Wer hat Sie davon überzeugt? Wer hat Sie dazu gebracht, die Polizei anzurufen? Miss Roly? Der Schulleiter? Mr. Corntel?«
    »Niemand! Sie haben ja jetzt, was Sie wollten. Ich hab noch anderes zu tun.« Damit machte Orten auf dem Absatz kehrt und ging schnellen Schritts den Weg zurück, den sie gekommen waren. Barbara wollte ihm sofort nach.
    »Warten Sie!« sagte Lynley.
    »Wieso? Er -«
    »Er läuft uns nicht weg, Sergeant. Lassen Sie ihn schmoren.«
    »Ja, damit er sich ein Märchen ausdenken kann, warum er bis Montag abend damit gewartet hat, Beweismaterial zu melden, das er bereits am Sonntag gefunden hatte.«
    »Dazu hatte er schon Zeit genug. Kommen Sie lieber her und sehen Sie sich das an.«
    Er hielt eine einzelne Socke hoch, kehrte sie von innen nach außen und wies auf das Etikett, das innen angebracht war. Es war vom Feuer stark verkohlt, aber die Zahl 4 war noch kenntlich.
    »Es sind also tatsächlich Matt Whateleys Sachen«, sagte Barbara. »Aber wo ist der andere Strumpf?«
    »Entweder verbrannt, ehe Orten den Müllhaufen löschen konnte, oder - wenn wir Glück haben - er ist irgendwo auf dem Weg hierher heruntergefallen.«
    Lynley begann, die einzelnen Kleidungsstücke in die Plastikbeutel zu verstauen.
    »Damit kriegt der Fall ein anderes Gesicht, nicht wahr, Sir?« bemerkte Barbara.
    »Jedenfalls zum Teil. Matthews Kleider sind jetzt alle da. Es fehlt nichts. Wenn wir nicht annehmen wollen, daß er aus unerfindlichen Gründen am Freitagnachmittag splitterfasernackt aus der Schule weggelaufen ist, müssen wir aus dem Vorhandensein der Kleider schließen, daß er das Schulgebäude nicht aus eigenem Antrieb verlassen hat. Er wurde heimlich fortgebracht.«
    »Tot oder lebend?«
    »Das wissen wir noch nicht.«
    »Aber Sie haben eine Vermutung?«
    »Ja. Ich vermute tot, Havers.«
    Sie nickte. »Er wollte also gar nicht weglaufen.«
    »So sieht es aus. Aber wenn er nicht weglaufen wollte, dann stehen wir jetzt vor einem ganzen Berg neuer ungeklärter Fragen.« Lynley nahm die Plastikbeutel und gab zwei davon Barbara. »Aber wenn Matthew Whateley am vergangenen Freitag nachmittag nicht die Absicht hatte, von der Schule wegzulaufen, was ist dann vorgefallen?«
    »Und wo fangen wir an?« fragte Barbara.
    Lynley schaute über die Wiese zum Pförtnerhaus. »Ich denke, Frank Orten hat lange genug geschmort.«

    Sie kehrten nicht auf dem Weg zum

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