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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Dekorationsstück mitten auf dem Tisch lag. Die Buchstaben B. C. waren in Gelb und Blau vorne eingestickt, aber sie waren so schmuddelig, daß man sie hätte reinigen müssen, um die Farben wieder voll zur Geltung zu bringen.
    »Sie sind seit langen Jahren an der Schule, Mr. Orten«, bemerkte Lynley. »Sie kennen sich hier wahrscheinlich besser aus als jeder andere. Matthew Whateley verschwand am Freitag nachmittag. Er wurde erst am Sonntagabend gefunden. Wir haben allen Grund zu der Vermutung, daß er entweder Freitag oder Samstag abend nach Stoke Poges gebracht wurde. Da wir die Kleider des Jungen haben und die Leiche unbekleidet aufgefunden wurde, ist anzunehmen, daß er nackt war, als er von der Schule weggebracht wurde, und daß er wahrscheinlich nach Einbruch der Dunkelheit weggebracht wurde. Nun ist die Frage: Wo war er von Freitag nachmittag, als er nicht zum Hockeyspiel kam, bis zu dem Zeitpunkt, als er fortgeschafft wurde?«
    Lynley wartete, um zu sehen, wie Orten auf das unausgesprochene Angebot, sich an der Ermittlungsarbeit zu beteiligen, reagieren würde. Der Pförtner blickte von Lynley zu Barbara und rückte ein wenig vom Tisch ab, als wolle er Abstand gewinnen.
    Seine Antwort war dennoch freimütig. »Es gibt eine Menge Lagerräume. Hinter der Küche zum Beispiel, in der Nähe vom Lehrerzimmer. Dann in der Werkstatt. Im Theatergebäude. Abstellkammern in den Wohnhäusern. Mansarden. Aber alles ist abgeschlossen.«
    »Und wer hat die Schlüssel?«
    »Zum Teil die Lehrer.«
    »Und sie tragen sie immer bei sich?«
    Ortens Augen flackerten einen Moment unsicher.
    »Nein, immer nicht. Sie werden sie nicht alle in der Hosentasche rumschleppen wollen.«
    »Was tun sie dann mit ihnen?«
    »Im allgemeinen hängen sie in ihren Fächern. Gleich im Vorraum vom Lehrerzimmer.«
    »Aha. Aber das sind doch sicher nicht die einzigen Schlüssel zu Gebäuden und Räumen. Es muß doch Zweitschlüssel geben.«
    Orten nickte; es sah aus, als täte sein Körper automatisch das, was er selbst eigentlich gar nicht tun wollte.
    »Ich hab alle Schlüssel in meinem Büro drüben im Hof. Aber das Büro ist immer abgeschlossen. Da kann keiner rein und einen mitgehen lassen.«
    »Auch jetzt? Ist es auch jetzt abgeschlossen?«
    »Ich nehme an, die Sekretärin hat aufgesperrt. Das tut sie immer, wenn sie vor mir da ist.«
    »Sie hat also einen Schlüssel zu Ihrem Büro.«
    »Ja. Aber Sie glauben doch nicht im Ernst, daß der Junge von der Sekretärin des Direktors geschnappt wurde? Und wenn sie's nicht war, wer geht dann am hellichten Tag in mein Büro, wenn ich nicht da bin, und klaut ein paar Schlüssel? Ohne zu wissen, welcher Schlüssel zu welcher Tür gehört! Die Schlüssel in meinem Büro sind nämlich nur nach Gebäuden gekennzeichnet. Also: Theater, Werkstatt, Mathe, Nat.-Wiss., Küche. Zu welchem Raum sie passen, ist nicht ersichtlich. Da müßte einer schon mein Codebuch durchsehen. Nein, wenn jemand einen Schlüssel geklaut hat, dann aus einem der Fächer in der Garderobe vom Lehrerzimmer. Und da die auch immer abgeschlossen ist, könnte das nur einer von den Lehrern selbst gewesen sein.«
    »Oder sonst jemand, der zum Lehrerzimmer Zutritt hat«, bemerkte Lynley.
    Orten konterte auf eine Art, die keinen Zweifel daran ließ, daß er das für ausgeschlossen hielt. »Der Direktor, die Küchenmädchen. Die Ehefrauen. Und wer sonst?«
    Der Pförtner. Lynley sagte es nicht; es war auch nicht nötig. Orten wurde langsam rot.

    Lynley und Barbara blieben neben dem Bentley stehen. Als Barbara sich eine Zigarette anzündete, runzelte Lynley unwillig die Stirn. Sie bemerkte es im Aufsehen und hob abwehrend ihre kurzfingrige Hand.
    »Sagen Sie es ja nicht«, warnte sie. »Sie wissen doch genau, daß Sie mir den Glimmstengel am liebsten aus dem Mund reißen und selbst rauchen würden. Ich steh wenigstens zu meinen Lastern.«
    »Sie brüsten sich mit ihnen«, erwiderte er. »Sie posaunen sie in die Welt hinaus. Gehört das Wort Tugend überhaupt zu Ihrem Vokabular, Sergeant?«
    »Das hab ich zusammen mit Selbstbeherrschung längst über Bord geschmissen.«
    »Dacht ich's mir doch.« Er blickte die Auffahrt hinauf, die sich unter einer mächtigen Buche sanft nach links schwang und von dort weiter zu dem Weg, der zur Remise, den Jungenwohnheimen und dem naturwissenschaftlichen Gebäude führte. Mit seinen Gedanken war er bei den Informationen, die Orten ihnen gegeben hatte.
    »Was ist?« fragte Barbara.
    Lynley lehnte sich an den Wagen,

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