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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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bestimmen.

    Colonel Andrew Bonnamy und seine Tochter wohnten einen knappen Kilometer von Cissbury entfernt in einem von fünf Häusern, die von der Straße durch eine hohe Buchsbaumhecke abgeschirmt waren. Wie die anderen Gebäude war auch das Haus Bonnamys klein, ein weiß gekalktes Fachwerkhaus, das deutliche Spuren seines Alters zeigte: Risse, die sich wie geologische Verwerfungen durch die Mauern zogen, stiegen im Zickzack vom Sockel bis zum Dach. Die alten Kastanien, die das Häuschen mit ausladenden Ästen beschatteten, tauchten ihre Blätter bis zum Dach hinunter.
    Als Lynley und Barbara in der schmalen Einfahrt seitlich vom Haus anhielten, sahen sie eine Frau den Hang herunterkommen, auf dessen Höhe ein Obstgarten angelegt war. Sie trug einen ausgewaschenen Leinenrock, eine marineblaue Windjacke, die bis zum Hals geschlossen war, und schwere Arbeitsschuhe. Mit der einen Hand zog sie einen Müllsack hinter sich her, in der anderen hielt sie eine Baumschere und einen Rechen. Als sie näherkam, konnten sie erkennen, daß ihr Gesicht mit Erde beschmutzt war und sie vor kurzem geweint hatte. Die Tränen hatten Spuren auf ihren Wangen hinterlassen. Sie schien etwa vierzig Jahre alt zu sein.
    Als sie Lynley und Havers stehen sah, ließ sie den Müllsack neben einem Stapel Feuerholz fallen und kam, Rechen und Baumschere noch in der Hand, auf sie zu. Sie trug keine Handschuhe. Ihre Hände waren erdverkrustet, und unter ihren Fingernägeln waren schwarze Halbmonde.
    Lynley zog seinen Dienstausweis heraus und stellte sich und Barbara vor. »Sie sind Jean Bonnamy?« fragte er.
    »Wir wollten mit Ihnen und Ihrem Vater über Matthew Whateley sprechen.«
    Sie nickte, schluckte mehrmals krampfhaft. »Ich habe heute morgen die Schule angerufen, um Bescheid zu sagen, daß ich ihn etwas später abholen würde. Man verband mich mit Mr. Lockwood. Er sagte es mir. Matt kam immer dienstags zu uns. Zu meinem Vater, genauer gesagt. Aber ich habe mich auch immer gefreut, wenn er kam. Obwohl mir das erst heute richtig bewußt geworden ist.«
    Sie starrte auf die Werkzeuge in ihren Händen. Erdklumpen und abgebrochene Zweige hingen an den Zinken des Rechens. »Es kam so plötzlich. Völlig unerwartet. Ich kann mich nicht damit abfinden, daß er so jung sterben mußte.«
    Lynley verstand sofort, daß Lockwood Jean Bonnamy nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte. »Matthew Whateley wurde ermordet.«
    Mit einem Ruck hob sie den Kopf. Sie wollte das Wort wiederholen und konnte es nicht. Statt dessen sagte sie nur: »Wann?«
    »Wahrscheinlich am Freitag oder Samstag.«
    Automatisch stellte sie den Rechen an den Stamm einer Kastanie, ließ die Baumschere daneben ins Gras fallen und lehnte sich dann selbst an den Baum, als brauche sie eine Stütze. »Mr. Lockwood sagte mir nicht -« Ihr Ton wurde zornig. »Warum hat er es mir nicht gesagt?«
    »Was hat er Ihnen denn gesagt?«
    »Praktisch gar nichts. Daß Matthew tot sei. Daß die Schule nichts Näheres wisse. Er wimmelte mich ab, indem er mir versprach, er würde mich zurückrufen, sobald er mir ›Näheres‹ berichten könne. Er sagte, er würde uns wissen lassen, wann die Beerdigung ist, damit mein Vater und ich hingehen können.« Die Tränen schossen ihr in die Augen und rannen ihr über das Gesicht. »Er wurde ermordet? Er war so ein lieber kleiner Bursche.«
    Sie wischte sich mit dem Ärmel ihrer Windjacke über die Wangen, verschmierte die Erde in ihrem Gesicht und am Stoff der Jacke. Als sie es bemerkte, sah sie auf ihre schmutzigen Hände und sagte: »Ich muß fürchterlich aussehen. Ich mußte was tun. Ich mußte arbeiten. Mein Vater wollte nicht reden. Er ist - Ich mußte raus, nur ein paar Minuten. Und im Obstgarten gab es einiges zu tun. Ich denke, wir brauchten beide ein bißchen Alleinsein. Aber das Schlimmste weiß er noch nicht. Wie soll ich es ihm sagen?«
    »Sie müssen es ihm sagen. Es ist wichtig, daß er es weiß. Wir müssen mit ihm über den Jungen sprechen, und das können wir nicht, wenn er die Wahrheit nicht weiß.«
    »Ich habe Angst, es ihm zu sagen. Es kann ihn umbringen. Nein - ich weiß, daß Sie die Bemerkung übertrieben finden.
    Aber mein Vater ist krank, Inspector. Hat man Ihnen das in der Schule nicht gesagt?«
    »Man sagte mir nur, daß Matthew ihn im Rahmen des freiwilligen Hilfsprogramms regelmäßig besuchte.«
    »Er hatte vor zehn Jahren in Hongkong, als er noch beim Militär war, einen Schlaganfall. Daraufhin quittierte er den Dienst, und da meine

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