03 Die Auserwählten - In der Todeszone
zurücktrat, stieß sie einen hörbaren Seufzer der Erleichterung aus.
»Sehr lange her, dass ich von so einem Ding getestet worden bin«, flüsterte sie Thomas zu. »Die machen mich nervös, als würde sich gleich rausstellen, dass ich auf einmal doch nicht mehr immun bin.«
Wieder sagte die körperlose Stimme: »Nächster.«
Minho unterzog sich der Prozedur. Dann war Thomas dran.
Er trat an die Testapparatur, die gerade wieder rotierte, und sobald das neue Gerät eingerastet war, hielt er seinen Kopf an die vorgesehene Position. Er war angespannt, weil er den Nadelstich erwartete, bemerkte aber kaum einen Pikser. In dem Apparat war außer ein paar Licht- und Farbblitzen nichts zu sehen. Ein Luftstoß traf seine Augen, die er unwillkürlich schloss; als er sie wieder öffnete, blieb es schwarz in dem Apparat. Dann trat er zurück und wartete ab, was als Nächstes geschehen würde.
Endlich sagte die Frauenstimme wieder etwas. »Sie sind alle frei von VAG und ausgewiesenermaßen immun. Wie Sie sicher wissen, warten hier in Denver auf Menschen wie Sie viele Möglichkeiten. Hängen Sie es aber auf der Straße nicht an die große Glocke. Alle Menschen in der Stadt sind gesund und virusfrei, aber es gibt trotzdem viele, die den Immunen gegenüber nicht freundlich gesinnt sind.«
»Wir haben hier nur ein paar einfache Aufgaben zu erfüllen, dann machen wir uns wieder auf den Weg. Wahrscheinlich in einer Woche oder so«, erwiderte Jorge. »Wir hoffen, dass unser kleines Geheimnis so lange … geheim bleiben kann.«
»Was ist VAG?«, flüsterte Thomas Minho zu.
»Virale Ansteckungsgefahr«, antwortete Brenda leise, bevor Thomas weiter blöd fragen konnte. »Aber Ruhe jetzt. Jemand, der das nicht weiß, macht sich hier verdächtig.«
Thomas öffnete den Mund, um etwas zu sagen, verstummte aber vor Schreck, als es laut zu piepen anfing, das Tor zur Seite fuhr und sich öffnete. Ein weiterer Gang tat sich auf, diesmal mit Metallwänden. Am Ende befand sich das nächste geschlossene Tor. Thomas fragte sich, wie lang dieser Albtraum noch weitergehen mochte.
»Betreten Sie den Detektor einer nach dem anderen«, wies die weibliche Stimme sie an, die ihnen zu diesem dritten Gang gefolgt zu sein schien. »Als Erstes Mr. Gallaraga.«
Jorge trat in den kleinen Zwischenraum, und das Tor ging hinter ihm zu.
»Was ist ein Detektor?«, wollte Thomas wissen.
»Der entdeckt Dinge«, sagte Brenda kurz angebunden.
Thomas schnitt eine Grimasse in ihre Richtung. Schneller als erwartet erklang ein Alarmsignal, und das Tor ging wieder auf. Jorge war nicht mehr da.
»Miss Despain als Nächstes«, sagte die mittlerweile reichlich gelangweilt klingende Stimme.
Brenda trat in den Detektor.
Als Minho dran war, sah er Thomas mit todernstem Gesichtsausdruck an. »Denk dran. Falls wir uns auf der anderen Seite nicht wiedersehen«, sagte er mit sülzig klingender Stimme, »dann vergiss nicht, dass ich dich liebe.« Er kicherte, als Thomas die Augen verdrehte, trat dann durchs Tor, das sich hinter ihm schloss.
Gleich darauf forderte die Frau Thomas auf und er trat in den Detektor. Ein Luftstrom traf ihn, ein dumpfes Summersignal war zu hören, und schon glitten die Türen vor ihm auf – und überall waren Menschen. Sein Herzschlag beschleunigte sich, aber da entdeckte er schon seine wartenden Freunde und beruhigte sich wieder. Thomas konnte nicht fassen, was um ihn herum alles los war. Eine betriebsam hin und her eilende Menschenmenge – viele drückten sich ein Stofftuch an den Mund – füllte eine gläserne Halle, deren hohe Decke hellen Sonnenschein hereinließ. Durch das Glasdach waren Wolkenkratzer zu sehen – sie sahen allerdings völlig anders aus als die in der Brandwüste. Sie glitzerten im Sonnenlicht. Thomas war so überwältigt von allem, was es hier zu sehen gab, dass er seine Zweifel komplett vergaß.
»So schlimm war das doch gar nicht, was, muchacho ?«, fragte Jorge.
»Ich fand’s irgendwie cool«, sagte Minho.
Thomas kriegte den Mund vor Staunen nicht mehr zu und begaffte das große Gebäude, in dem sie standen. »Wo sind wir hier?«, bekam er schließlich heraus. Er blickte seine drei Gefährten fragend an – Jorge und Brenda wirkten etwas peinlich berührt von seinem Verhalten. Aber dann veränderte sich Brendas Gesichtsausdruck ganz plötzlich, und sie betrachtete Thomas fast traurig.
»Ich vergesse immer, dass ihr das Gedächtnis verloren habt«, murmelte sie und breitete dann die Arme weit aus. »Das
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