03 - Feuer der Liebe
besten angezogen war«, erklärte Louise. »Aber es ist nicht
leicht, genaue Angaben zu bekommen. Sie macht sich Gedanken, dass ihre
Informanten zu bestimmten ausgewählten Anlässen nicht eingeladen werden.«
»Sie hat Spione?«
»Es sind keine Spione«, protestierte
Louise empört. »Es sind ältere Damen, die Mode lieben und dankbar für eine
kleine Bezahlung sind. Sie erzählen ihr, was die Gäste getragen haben, damit
Emily darüber berichten kann. Sie wissen schon.« Louise vollführte eine
Handbewegung. »>Eine sehr vornehme Dame trug einen Unterrock mit gerüschtem
Faltenwurf, bla bla bla.< Dann weiß jeder, wer die >vornehme< Dame
war.«
»Warum geht Mrs Ewing nicht einfach
selbst zu den Bällen?«
Louise schenkte ihm einen Blick, der
den misstrauischen Blicken von Emily aufs Haar glich. »Wie um alles in der
Welt sollte sie das tun? Wir werden nicht zu Bällen eingeladen.«
Lucien warf alle Vorsicht über Bord.
»Und warum nicht, Miss Thorpe? Sie müssen mir meine Impertinenz verzeihen, aber
es ist doch offensichtlich, dass Sie aus einer vornehmen Familie stammen.«
»Mein Vater ist sehr jähzornig«,
sagte Louise nach einem hastigen Blick auf die kleine Phoebe. »Er warf mich
aus dem Haus, als ich fünfzehn war. Emily, Gott segne sie, verteidigte mich und
wurde ebenfalls hinausgeworfen. Und das war's dann, wie man so schön sagt.«
Lucien hätte fast noch weitere
Fragen gestellt, hielt sich jedoch zurück und sagte stattdessen: »Ich habe
eine Einladung zu Lady Festers Ball. Glauben Sie, Ihre Schwester würde mir die
Ehre erweisen, mich zu begleiten?«
Louise hatte die gleichen blaugrauen
Augen wie Emily, aber aus irgendeinem Grund ließen sie Lucien völlig kalt.
Selbst, als Louise ihn eingehend musterte wie ein Pferdehändler eine neue
Erwerbung. »Ich weiß wirklich nicht, wie Emily darüber denkt«, murmelte sie
schließlich.
»Ich finde, sie sollte mit Ihnen
gehen, Mr Boch«, mischte sich Phoebe unerwartet ein. »Das wäre viel schöner,
als Mr Hislop zuzuhören.«
»Was weißt du über Mr Hislop?«,
fragte Louise überrascht.
»Ich habe Mama zu Sally sagen hören,
sie soll in Hörweite bleiben, falls Mr Hislop versucht, sie zu küssen«,
berichtete Phoebe. »Sally sagt, er ist ein furchtbarer Mensch, und Mama stimmt
ihr zu, aber sie meint, sie darf ihn nicht beleidigen.«
In Lucien begann es zu brodeln. »Sie
ließen mich in dem Glauben, Mrs Ewing habe nur weibliche Spione«, sagte er an
Louise gewandt.
Sie errötete. »Die meisten von ihnen
sind tatsächlich Frauen, aber Mr Hislop wird offenbar überall eingeladen. Und
wir brauchen ihn für seine Beschreibungen nicht zu bezahlen. Er ist nur ein
... ein ...«
»Er ist ein Flegel.« Lucien war von
seinem eisigen Ton selbst überrascht. »Trifft sich Emily gerade mit ihm?« Er
bemerkte gar nicht, dass er Mrs Ewing beim Vornamen genannt hatte.
Louise musterte ihren Gast immer
noch eingehend. Lucien kam es vor, als wäre der Ausdruck in ihren Augen nun ein
wenig milder.
»Mr Hislop kommt für gewöhnlich am
Dienstagmorgen gegen elf, nicht wahr, Phoebe?« Sie erhob sich. »Sie werden
doch irgendwann einmal Zeit finden, meiner Schwester die Einladung anzutragen,
nicht wahr, Mr Boch?«
Lucien erhob sich sofort. »Ich
glaube, ich bin am Dienstagmorgen frei«, erwiderte er. Ihre Blicke trafen sich
in völligem Einverständnis.
»Dann wünsche ich Ihnen bei Ihrem
Vorhaben alles Gute.« Louise machte einen Knicks, einen wunderschönen majestätischen
Knicks — den Knicks einer jungen Frau, die für die höhere Gesellschaft erzogen
worden war und nicht für den schäbigen Raum, in dem sie standen.
Ein paar Minuten später musterte
Lucien mit gerunzelter Stirn die seidene Innenbespannung seiner Kutsche. Die
dünnen, intelligenten Thorpe-Schwestern gaben ein seltsames Paar ab. Wo war Mr
Ewing, falls er überhaupt existierte? Es schien durchaus möglich, dass besagter
Mr Ewing nur ein Phantom war. Emily wirkte eher überrascht und naiv — nicht wie
eine Witwe.
Und er sollte es wissen, denn
schließlich sah er selber durchaus wie ein typischer Witwer aus. Plötzlich
fühlte er sich viel zu alt, um an einen gemeinsamen Abend mit der bezaubernden
Mrs Ewing auch nur zu denken. Er war alt — beinah vierzig — und sehr müde ...
und sehr verwitwet. Und doch schien die Ehe mit der sanften Felice so lange
her. Er konnte sich viel deutlicher an Michel erinnern. Michels pummelige
kleine Wangen und sein rosiger Mund waren tief in seinem Herzen
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