03 - Geheimagent Lennet und die Saboteure
näher anzusehen. Gute Idee, nicht?«
»Ausgezeichneter Gedanke", murmelte Bulliot und versuchte nun, rechts an dem Franzosen vorbeizukommen. Das mißlang ebenso.
»Ich schätze mich überglücklich", sagte der junge Agent,
»gerade in Ihrer Bude gelandet zu sein. Zwar hab ich erst eine einzige Rundfahrt genossen - die war aber wirklich äußerst lehrreich. Nein, nein, das muß ich ehrlich bekennen: Bei ,W.T.A.' kriegt man was für sein Geld!«
»Angenehm zu hören", brummte Mr. Bulliot und wollte sich jetzt energisch den Weg zum Ausgang bahnen. Lennet stand aber da wie ein Fels. »Wenn ich nach Frankreich zurückgekehrt bin", sagte er mit todernster Miene, »werde ich für Sie einen tollen Werbefeldzug starten. Darauf können Sie sich verlassen.«
»Sehr freundlich von Ihnen", erwiderte Bulliot und unternahm erneut den Versuch, dem jungen Mann zu entwischen. Ruckartig drehte er sich um und trippelte auf den rückwärtigen Teil der Empfangshalle zu, von wo er einige Minuten zuvor erschienen war. Auch diese Rechnung ging nicht auf: Lennet, gut darauf gedrillt, solche Ausreißversuche zu verhindern, stoppte den Direktor.
»Monsieur Bulliot, man hat mir erzählt, Sie seien französischer Herkunft. Stimmt das?«
»Was hat Sie das zu interessieren?«
Lennet lächelte gütig wie ein Onkel und meinte: »Wie angenehm und tröstlich ist es doch, in der Fremde einem Landsmann zu begegnen.«
»Ich bin kein Landsmann von Ihnen", antwortete Bulliot und tat sehr würdevoll. »Ich bin britischer Staatsbürger, und meine Abstammung geht niemanden etwas an. Meine Mutter war Engländerin, und ich habe den Staat, der mir besser zusagte, zur Heimat erwählt.«
Lennet sah sein Gegenüber kurz von oben bis unten an, von der Melone bis zur gestreiften Hose, und sagte: »Jeder auf seine Art, Herr Direktor. Sehen Sie, ich zum Beispiel wollte immer Feuerwehrmann werden, und jetzt wird ein Sprachlehrer aus mir. Übrigens, was ich Sie noch fragen wollte: Glauben Sie, daß es Regen gibt...?«
»Bestimmt nicht", entgegnete Bulliot, »das Barometer steht auf Schönwetter. Sie haben doch wohl zur Kenntnis genommen, daß jeder Kunde von ,W.T.A.' eine Wetterversicherung hat?«
»Ja schon - aber sagen Sie, warum schleppen Sie den Regenschirm mit sich herum?«
»Der Regenschirm ist für die äußere Erscheinung des Gentleman eine Selbstverständlichkeit!« erklärte der rundliche Direktor barsch und wagte von neuem einen Fluchtversuch.
Diesmal klappte es, aber nur, weil der junge Franzose von dem Spielchen genug hatte und Bulliot den Weg freigab.
»Nichts für ungut!« rief Lennet hinter ihm her, »und mein Kompliment noch für Ihr Personal! Liebenswürdigkeit, verbunden mit großer Sachkenntnis - das ist sehr viel wert!«
Bei diesen Worten des Franzosen blieb Mr. Bulliot noch einmal stehen, drehte sich aber nicht mehr um. Stets darauf bedacht, das Verhalten seiner Angestellten richtig zu beurteilen, fragte er: »Sagen Sie bitte, wer ist bei Ihrer Gruppe Dolmetscher?«
»Miß Clarisse Barlowe", erwiderte Lennet.
»Ich darf Ihnen mitteilen, daß Miß Barlowe erst vor ganz kurzer Zeit bei mir eingestellt wurde. Ich werde dafür sorgen, daß Ihr freundliches Lob in den Papieren der Dame vermerkt wird. Guten Abend, Mr. Martin.« Der Herr Direktor zog seine Krawatte zurecht und verließ den Raum.
Auf dem Besichtigungsprogramm für den Nachmittag standen zwei Punkte: Zunächst Buckingham-Palast mit einer Wachablösung, danach Westminster-Abtei.
Obwohl man gehört hatte, daß die Wachablösung am Buckingham-Palast ziemlich viel Zeit schlucken würde, murrte keiner der Touristen, zumal Miß Barlowe noch erklärt hatte, die königliche Familie halte sich gerade in London auf.
Als man so vor den mächtigen Gittern des Palastes stand und der Zeremonie der Wachablösung zusah, ging der Junge mit den aufgeworfenen Lippen auf Lennet zu und fragte: »Glaubst du wirklich, daß die Königsfamilie im Augenblick zu Hause ist?«
»Kann mir völlig wurscht sein", antwortete der Agent.
»Was heißt hier ,wurscht'? Stell dir doch mal vor: Keine hundert Meter von dir entfernt befindet sich in diesem Moment eine leibhaftige Königin.«
»Sie ist nicht meine Königin, Baby-Chou. Verlangst du von mir, daß ich umdenken soll?«
Vor dem Buckingham-Palast stand die Wache
Der andere wich der Frage aus und meinte: »Hör mal warum gibst du mir immer diesen dummen Namen ,Baby-Chou'?«
Lennet sagte trocken: »Weil ich finde, daß ,kleiner
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