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03 Göttlich verliebt

03 Göttlich verliebt

Titel: 03 Göttlich verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Angelini
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die Daphne bereits seit ihrer frühesten Kindheit von ihr kannte.
    »Soll ich irgendwas tun, damit das funktioniert?«, fragte sie.
    »Tu einfach so, als wärst du eine Gefangene«, antwortete Daphne. Sie packte Claire am Genick und stieß sie grob aus dem Zelt.
    Vorher verwandelte sie sich aber noch in eines der Mädchen aus dem Haus von Rom – eine der wenigen Personen aus diesem Haus, die sich gegen Orion gestellt hatten, wie Daphne wusste – und zog eine große Show ab, die gefangene Claire durchs Lager zu zerren.
    Die Myrmidonen, denen kaum etwas entging, bekamen die Szene natürlich sofort mit.
    »Warum behandelst du sie so schlecht?«, fragte Telamon. »Sie war meinem Meister bis zum Ende treu ergeben.«
    »Bis zum Ende, aber nicht weiter, wie es aussieht. Seit dem Tod eures Meisters ist ihr Herz voller Zweifel«, antwortete Daphne und starrte auf Claires Brust, als hätte sie die römische Begabung, Gefühle zu sehen. »Da kannst du jeden aus dem Haus von Rom fragen. Dieses Mädchen zweifelt. Sie ist nicht mehr fest entschlossen, den Tyrannen zu töten.«
    »Dann muss sie sterben«, entschied Telamon mit einem traurigen Nicken. Claire fing an, unter Daphnes Händen zu zittern, doch sie versuchte nicht, wegzurennen.
    Daphne hatte sich schon oft eine Tochter gewünscht, die ihr nicht so ähnlich war. Claire verkörperte alles, was man sich bei einem Mädchen wünschte. Sie war klug, stark, mutig und sie besaß nicht das verdammte Gesicht.
    »Das wird nicht nötig sein«, erwiderte Daphne beiläufig und zog Claire dichter an sich, damit der Myrmidone nicht auf die Idee kam, sie ihr abzunehmen. »Sie kann immer noch nützlich sein. Ich bringe sie zu Hypnos, damit er ihre Meinung ändert.«
    Telamon warf einen skeptischen Blick auf Claire. Er sah in ihr nur eine kleine Normalsterbliche, die selbst der schwächlichste Scion mühelos in der Mitte durchbrechen konnte.
    »Sie war ihr ganzes Leben lang die beste Freundin des Tyrannen«, sagte Daphne lockend. »Sie könnte die Pläne des Feindes kennen.«
    Telamons Gesichtsausdruck normalisierte sich und er nickte. »Dann bring sie zu Hypnos«, sagte er. »Er ist am Fähranleger in der Stadt und verpflichtet die Sterblichen, die vom Festland herüberkommen.«
    Daphne und Claire eilten durch das Lager. Es war unglaublich groß geworden. Claire sah sich die Bevölkerungsexplosion fassungslos an. Mittlerweile bedeckten die Zelte den ganzen Strandabschnitt bis hinunter zum Wasser. Das Klirren von Rüstungen und der Geruch vieler Lagerfeuer durchdrangen die neblige Seeluft. Zeus’ Gewitterwolken verdunkelten den Nachmittagshimmel und das von Poseidon aufgewühlte Meer peitschte in hohen Wellen an den Strand.
    »Es sind doch erst ein paar Stunden vergangen«, murmelte Claire staunend.
    »Es sind Götter, Claire. Wenn sie etwas wollen, bekommen sie es auch.«
    Claire drehte den Kopf zur Seite und betrachtete einen der hypnotisierten »Rekruten«, der mit leerem Blick an ihnen vorbeiging. »Ich kenne ihn«, wisperte sie hektisch und zeigte beinahe ungeniert auf den Jungen in der Lederkluft. »Er ist im Abschlussjahrgang meiner Highschool.«
    »Nun, falls er überlebt, wird er sich wohl kaum an irgendetwas erinnern«, sagte Daphne.
    »Meine Eltern«, murmelte Claire verzagt.
    »Du kannst sie am besten beschützen, indem du Helen hilfst«, bemerkte Daphne.
    »Ich wollte das hier verhindern«, sagte Claire und zeigte auf die stetig wachsende Armee.
    »Ich weiß«, antwortete Daphne und brachte sie mit einem leichten Schütteln zum Schweigen.
    Hermes huschte vorbei, immer auf der Suche nach Informationen, die er Zeus mitteilen konnte. Sein Blick fiel auf Claire, doch dann sah er wieder weg und eilte weiter. Daphne und Claire erreichten das Niemandsland zwischen den beiden Lagern und rannten los.
    Als sie die Hälfte des Wegs zurückgelegt hatten, verdunkelte sich der Himmel, als wäre eine Wolke vor die Sonne gezogen. Daphne schaute auf zu dem Schwall von Myrmidonenpfeilen, die auf ein Ziel im Himmel zuzufliegen schienen.
    »Lauf, lauf, lauf!«, schrie Daphne Claire zu. Die Pfeile erreichten den Höhepunkt ihrer Flugkurve – und begannen mit ihrem tödlichen Fall Richtung Erde.
     
    Als Helen in die Unterwelt hinabstieg, rechnete sie damit, sich in einer der Landschaften wiederzufinden, die sie inzwischen so gut kannte. Sie erwartete den unendlichen Strand, der nie ans Meer führte, oder den Knochenfriedhof der Frostriesen, in dem Zerberus sie und Orion gejagt hatte, oder

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