03 Göttlich verliebt
umgegangen war, sie wiederzusehen. »Ist Daphne hier irgendwo?«, fragte Helen. »Ich würde gern mit ihr reden.«
»Nein. Sie ist vor ein paar Minuten gegangen. Sie hat gesagt, sie müsse sich um ein paar Dinge kümmern«, berichtete Kate mit verkniffenen Lippen.
Helen konnte rund ein Dutzend verschiedener Formen und Farben in Kates Körper herumwirbeln sehen. Zorn, Traurigkeit, Sorge und Eifersucht – ein gleißendes Kaleidoskop aus Emotionen, das sich ständig bewegte und veränderte, bis Helen schließlich die Augen zukneifen und wegschauen musste. Das war nicht normal und es machte ihr Angst.
»Helen?« Noels wachsamem Auge entging nichts und sie musterte Helen eindringlich. »Geht es dir gut?«
»Klar«, sagte Helen und schüttelte ihre Besorgnis ab. Als sie wieder zu Kate aufsah, waren die Farben verblasst und Helen konnte sie ignorieren. »Nur ein leichter Schwindel. Wie steht’s denn mit den Muffins?«
Noel hatte die klebrigen, sirup- und rosinengefüllten Leckerbissen in einen Korb befördert und stellte ihn auf den Tisch. »Vorsicht, heiß!«, warnte sie zu spät, denn die drei Mädchen hatten bereits zugegriffen.
Ariadne und Andy warfen sich die heißen Muffins von einer Hand in die andere und mussten sie schließlich auf ihre Teller fallen lassen, um sich nicht die Finger zu verbrennen. Helen jedoch biss einfach in ihren und begann, selbstzufrieden zu kauen. Andy starrte sie mit großen Augen an.
»Ich bin feuerfest«, murmelte Helen, die den Mund absichtlich besonders voll genommen hatte und es genoss, Andy ihr Können unter die Nase zu reiben. »Ich dachte immer, Sirenen hätten Flügel.«
»Manche schon«, bestätigte Andy verlegen. »Die aus der Familie meiner Mom aber nicht. Wir sind eher der Typ, der im Meer singt.«
»Kannst du unter Wasser atmen?«, fragte Kate fasziniert. Andy wurde rot und nickte. »Ist ja irre.«
»Und wo ist deine Mutter, Andy?«, fragte Noel taktvoll.
»Ich bin mir nicht sicher.« Andy starrte auf ihren Teller und in der Küche herrschte betretenes Schweigen.
»Und verspürst du gelegentlich den Drang, jemanden zu ertränken?«, fragte Ariadne.
»Nein!«, erwiderte Andy entgeistert.
»Sie ärgert dich doch nur«, versicherte Helen ihr. Doch dann verschwand ihr Grinsen. »Aber im Ernst – wie stehst du zum Erwürgen?«
»Abgesehen davon, dass ich euch beide gerade erwürgen könnte?«, spielte Andy mit, und der Anflug eines Lächelns tauchte auf ihren Lippen auf.
»Du passt hier ganz prima rein, Andy«, stellte Noel fest, als alle lachen mussten.
»Lachende Frauen«, sagte Hector zufrieden, als er in die Küche schlenderte. »Das höre ich am liebsten.«
Andy reagierte sofort und in voller Panik. Mit einem entsetzten Aufschnaufen warf sie ihre Gabel nach Hector. Hector fing sie mühelos auf und legte sie mit geschockter Miene zurück auf den Tisch. Dann fing er den Muffin, das leere Wasserglas und die Serviette, die in rascher Folge angeflogen kamen. Andy schnappte nach allem, was sie erreichen konnte, und warf es nach ihm, während sie gleichzeitig hektisch strampelte, um vom Tisch wegzukommen.
»Was ist hier los?«, fragte Hector und legte all die Dinge, die er gefangen hatte, zurück auf den Tisch. Er hob beschwichtigend die Hände und ging auf Andy zu.
Andy, die nicht schnell genug von der Bank wegkam, stemmte die Waden gegen die Holzkante, ließ sich nach hinten fallen und kroch auf allen vieren über den Küchenboden. Hector streckte die Hand aus, um ihr aufzuhelfen.
»Nein, oh, nein, nicht noch einmal!«, stammelte sie hysterisch, während sie immer weiterrobbte.
»Hector, stopp«, sagte Helen, drehte sich blitzschnell auf der Bank um und stellte sich zwischen die beiden. Hector, der immer noch nicht wusste, was los war, ging weiter auf Andy zu, bis Helen ihm die Hände auf die Schultern legte und ihn zurückschob. »Sie denkt, du wärst Apoll, du Dussel!«, schrie sie ihm ins Gesicht. »Du ängstigst sie zu Tode!«
Endlich schien Hector zu begreifen, was Helen sagte, und erstarrte. Ariadne half Andy auf die Beine und hatte alle Hände voll zu tun, sie daran zu hindern, dass sie zur Seitentür hinausrannte, während Hector fassungslos zusah.
»Andy, du musst dich beruhigen! Du bist noch nicht geheilt und dein Körper kann das jetzt nicht brauchen«, sagte Ariadne und hielt Andys Handgelenke fest, damit sie sich nicht noch mehr verletzte.
Endlich hörte Andy auf, sich zu wehren, und ließ sich keuchend und mit wildem Blick von Ariadne
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