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03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen

Titel: 03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Choga Regina Egbeme
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„Josh“, fragte ich,
    „warum kommt Tanisha eigentlich nicht wieder?“
    „Das ist ein Geheimnis.“ Mein Sohn grinste vieldeutig. „Soll ich es dir trotzdem sagen?“
    „Wenn Tanisha sich dann nicht verraten fühlt.“
    „Ich glaube, ich darf: Sie sucht in der Nähe Holz.“
    Für unser abendliches Feuer musste immer Feuerholz gesucht werden.
    „Wieso ist das ein Geheimnis?“
    „Das wirst du dann schon sehen, Mama.“ Wir drei kuschelten uns aneinander und beobachteten den unvergleichlich schönen Anblick des sattgrünen Urwalds, der sich für kurze Zeit golden verfärbte.
    Hinter uns raschelte es und Tanisha tauchte auf. Sie trug einige Äste und wirkte leicht niedergeschlagen. „Ich wollte dir eigentlich schwarzes Holz bringen, damit du schnitzen kannst. Tut mir Leid, Choga, aber hier scheint es keines zu geben“, sagte meine Freundin.
    Ich nahm ihr die Ausbeute ab und schloss sie in die Arme. „Du bist so lieb, Tanisha. Ich danke dir. Allein dass du versucht hast, mir die mühevolle Suche abzunehmen, ist schon ein wahrer Freundschaftsdienst.“
    „Helles Holz ist gewiss weicher. Du könntest es doch hinterher schwarz einfärben“, schlug sie vor.
    Damit hatte sie völlig Recht. So machten es viele Schnitzer. Ich betrachtete die Äste. Sie hatte einige schöne, gerade gewachsene ausgesucht. Man könnte daraus viel schnitzen. Warum eigentlich einen Jesus?, fragte ich mich. Allein schon dieser Gedanke glich einer kleinen Rebellion gegen meinen Vater; eine „besondere“ Tochter hätte so nie gedacht ..

Eine Frage des Respekts
    Wie immer wurde das Abendessen im Kreis vor dem Kochhaus eingenommen. Tanisha, Josh und ich trafen gerade rechtzeitig ein. Ezira und Patty kamen gemeinsam aus der Hütte meiner alten Lehrerin. Sie war in der Dunkelheit wegen ihrer braunen Tücher schlecht zu erkennen. Patty hingegen, deren weiße Kleidung in der Nacht hell leuchtete, stach aus den Übrigen hervor. Die beiden so unterschiedlichen Frauen hatten offenbar ein erstes Gespräch geführt, setzten es jedoch nicht fort.
    Während wir aßen, fütterte Tanisha gleichzeitig Faraa. Damit sie in Ruhe weiteressen konnte, nahm Josh sie ihr ab und trug sie ein wenig herum.
    Mama Patty saß neben Ezira, nur wenige Meter von mir entfernt. Plötzlich rief sie meinen Sohn zu sich. Für ihn war es immer noch etwas Neues, dass er Faraa tragen durfte. Entsprechend stolz ging er zu der alten Frau. Ohne jeden Argwohn, denn er sah in jeder Großmutter eine liebevolle Oma wie Bisi.
    „Warum trägst du ein Kind mit dir herum?“, fragte Patty ziemlich brüsk.
    „Es hat doch eine Mutter, oder nicht?“
    Patty kannte die komplizierte Vorgeschichte nicht, doch für meinen Sohn musste ihre Äußerung wie ein Schlag ins Gesicht gewesen sein. Immerhin kam es für ihn einem großen Triumph gleich, auf das Baby aufpassen zu dürfen. Er zuckte förmlich zurück.
    „Ich weiß nicht“, sagte er und blickte verlegen zu Boden. „Ich habe Faraa eben lieb.“
    „Mädchen passen auf Kinder auf. Nicht Jungen. Hat deine Mutter dich nicht so erzogen?“, fragte Patty.
    Josh blickte sich verunsichert nach mir um. Mein Herz raste. Obwohl ich mir so fest vorgenommen hatte, Patty nicht gewähren zu lassen, kämpfte ich mit mir. Die Zeit schien plötzlich um zwei Jahrzehnte zurückgedreht.
    Ich glaubte, selbst ein Kind zu sein, das sich von der mächtigen Haremschefin einen Rüffel abholte. Wie ich diese Schwäche an mir hasste und sie dennoch kaum überwinden konnte!
    Pattys barsche Worte hatten die Aufmerksamkeit aller geweckt. Nkem, die schon bei unserer Ankunft versucht hatte, Josh auszugrenzen, kicherte. Die meisten anderen verstanden allerdings nicht, worauf Patty hinauswollte.
    Denn sie hatten Joshs besondere Rolle längst akzeptiert.
    „Warum behandelt diese Frau Josh so?“, flüsterte Tanisha.
    Ich hatte das Gefühl, alle Blicke seien auf mich gerichtet. Ich griff nach meinem Stock und stand auf, meine Knie schlackerten, und ich wusste nicht, ob aus Wut oder Verzweiflung.
    „Lass dir das Kind abmachen. Du willst doch mal ein Mann werden, Enkel Josh!“, sagte Patty kaltherzig.
    Ich brach in Schweiß aus, während ich gleichzeitig die Hitze meiner Wut aufwallen fühlte. Ich hasste schon immer, wenn Unrecht geschah. Was Patty jetzt tat, verletzte meinen Sohn. Ich erreichte ihn schwer atmend und legte eine Hand schützend auf seine Schulter. „Josh ist mein Sohn, und ich bin so glücklich wie er, dass meine Freundin Tanisha ihm ihre Tochter

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