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03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen

Titel: 03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Choga Regina Egbeme
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angenehme Atmosphäre gesorgt.
    Hier dagegen war nur Lärm. Der Geruch war unerträglich. Die Krankheiten, an denen die Menschen litten, offensichtlich: Hautkrebs, Lungenentzündung, Durchfall, Infektionen. Wer hier gelegen hatte, brauchte nach seinem Tod nicht mehr die Hölle zu fürchten.
    Ich wagte kaum, die Verbindung zwischen Lape und mir herzustellen. Aber auf mich käme irgendwann ähnliches Leid zu! Der Gedanke, meine eigenen letzten Tage an einem solch trostlosen Ort verbringen zu müssen, machte mich weniger wütend als vielmehr unendlich traurig. Zählte denn das Leben eines Aidskranken gar nichts? Ich wünschte mir, dass dann jemand da wäre, der mich vor solch einem Ende bewahrte.
    „Wir können sie doch nicht einfach hier so liegen lassen“, flüsterte ich niedergeschlagen. „Lasst sie uns nach Hause bringen.“
    „Und zwar sofort. Das ist ja nicht zu verantworten“, pflichtete mir Amara beherzt bei.
    „Natürlich. Alles andere wäre unmenschlich“, sagte Bisi.
    Lape selbst schlief immer noch fest. Ich beugte mich zu ihr herunter und sprach sie mit ihrem Namen an. Endlich schlug sie die Augen auf, aus denen der Glanz gewichen war. Obwohl sie so geschwächt war, trat ein leichtes Lächeln auf ihr Gesicht. Als sie die rissigen, aus-getrockneten Lippen bewegte, konnte ich sie kaum verstehen. Sie erkannte mich nicht sofort.
    „Ich bin's. Choga“, sagte ich.
    „Choga? Wo warst du denn?“ Sie war immer noch nicht ganz in ihre Wirklichkeit zurückgekehrt. Die Kranke versuchte, die Hand zu heben, um nach mir zu greifen, aber selbst dazu fehlte ihr die Kraft. Ich nahm die Todgeweihte in die Arme und kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an.
    Ohne weiter nachzudenken versprach ich: „Wir nehmen dich jetzt mit, Lape. Mach dir keine Sorgen mehr. Alles wird gut.“
    Lape war zu schwach, um sich noch freuen zu können. Oder um diese erlösende Botschaft überhaupt zu verarbeiten. Ihre Augen fielen bereits wieder zu.
    „Magdalena hat mit irgendwelchen Ärzten gesprochen. Sie hat erzählt, dass sie etwas unterschrieben hat“, erinnerte sich Mama Bisi. „Mit denen müssen wir erst reden, sonst können wir Lape nicht mitnehmen.“ Sie sah allerdings nicht so aus, als würde sie sich einem solchen höchstwahrscheinlich unangenehmen Gespräch stellen wollen. Das konnte ich gut verstehen. Im Moment war es wesentlich wichtiger, dass sie Lapes Hand hielt und ihr Zuversicht gab.
    Amara und ich schoben uns durch die Gänge. Die gesuchten Ärzte fanden wir nach etlichen Irrwegen in einem anderen, freundlich wirkenden Gebäude, in dessen Gängen keine Patienten ihrem Jüngsten Tag entgegendämmerten.
    „Für die besteht wohl noch Hoffnung“, meinte Amara. „Aber es kann doch nicht angehen, dass man alle anderen einfach aufgibt!“ Ihre schweren Schritte hallten wütend durch die leeren Flure.
    Man ließ uns in einem großen Raum warten, dessen Wände mit zahlreichen Urkunden geschmückt waren.
    Universitäten in Ländern, deren Namen ich noch nie gehört hatte, priesen ihre Patenschaften mit dieser Klinik und versicherten ihre Unterstützung.
    Gerahmte Zeitungsartikel zeigten Fotos von einheimischen Ärzten, die weißen Medizinern die Hände schüttelten. Die dazugehörigen Überschriften lobten den begonnenen Kampf Nigerias gegen die Krankheit und mahnten gleichzeitig zu weiterem entschlossenen Vorgehen, damit mein Land eine Zukunft habe.
    Weder Amara noch ich waren bereit, in den mit Leder bezogenen und verchromten Stühlen Platz zu nehmen. Wir wussten nur eines: Obgleich diese Ärzte dasselbe Ziel hatten wie wir, trennten uns Welten. Und jene, der ich mich hier ausgeliefert sah, überforderte mich. Das viele Geld, das aus dieser Umgebung sprach, stieß mich ab. Wozu war eine solch protzige Umgebung gut, wenn gleichzeitig Patienten wie Lape in einem Gang vergessen wurden?
    „Lass uns gehen“, drängelte Amara. „Wir nehmen Lape einfach so mit.“
    „Vielleicht hast du Recht“, sagte ich. „Die werden ohnehin nicht auf zwei Frauen wie uns hören.“
    „Über Heilerinnen lachen die doch nur“, meinte Amara. „Was wir machen, nennen die Buschmedizin. Ich werde denen auch nicht sagen, dass ich Heilerin bin. Das muss ich mir nicht antun, dass sie mich voller Verachtung ansehen.“ Sie stemmte die Arme in die Hüften. „Wenn nicht sofort einer kommt, gehen wir, Choga. Lape soll keine Minute zu lang hier bleiben.“
    Wir hatten die Tür schon fast erreicht, als ein Mann von etwa Mitte 40 den Raum betrat.

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