03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen
Er hatte ein freundliches Gesicht, das ich auf einem der Fotos an den Wänden entdeckt hatte. Er trug elegante Hosen, Krawatte und einen weißen Kittel und bat uns, auf den teuren Stühlen Platz zu nehmen.
Obwohl ich das eigentlich
nicht wollte, tat ich es dennoch. Der Mann musterte mich durch seine goldgefasste Brille. Er sagte seinen Namen: Dr. Rashid.
„Wir sind hier, um unsere Freundin abzuholen“, sagte Amara und umriss, um wen es ging. „Warum muss sie so dahinvegetieren? Niemand versorgt sie. Deswegen werden wir sie jetzt sofort mitnehmen.“
Der Arzt schob seine goldene Brille mit dem Zeigefinger hoch und blickte auf ein Blatt Papier. Er überflog den Inhalt und sagte dann, anstatt auf den Vorwurf zu antworten: „Jetzt weiß ich, mit wem ich es zu tun habe. Sie sind die Heilerinnen aus Jeba.“ Er blickte mich an. „Frau Choga Regina Egbeme?“ Ich nickte. Was ging hier vor? „Ich hatte ein Gespräch mit Ihrer Schwester. Sie ist Deutsche, nicht wahr?“ Er blickte mich interessiert an.
„Sie sagte, dass Sie ein Mittel gegen Aids gefunden haben. Stimmt das?“
„Wir haben kein Mittel gegen Aids“, widersprach ich energisch und voller Verärgerung. Ich hatte Magdalena nicht gebeten, Fremden - schon gar nicht Ärzten - etwas von unserem Tee zu erzählen. Noch dazu in dieser Form! Wenn sie Lape hierher brachte, sah es ja ganz so aus, als ob unser Tee wirkungslos wäre. „Der Tee ist nur sinnvoll, solange Aids nicht ausgebrochen ist. Er stärkt die Abwehrkräfte“, stellte ich klar.
„Nun seien Sie mal nicht so bescheiden, Frau Kollegin“, sagte der Mann mit der Brille und lächelte auf eine Art, die mich ärgerte. Kollegin! So ein Witz!
Er hatte studiert, wusste so viel mehr als ich über alle möglichen Krankheiten. „Sie haben doch jahrelang Frauen und Kinder mit Ihrem Tee behandelt. Ich interessiere mich sehr dafür.“
Arnara verschränkte die Arme vor der Brust. Ihr Gesicht wirkte sehr verschlossen. „Was wollen Sie mit unserem Tee?“ Mit einer lässigen Kopfbewegung deutete
meine Mentorin auf die an den Wänden aufgereihten Dokumente. „Sie bekommen doch alles aus Europa und den USA. Sie wollen nur die Wirkungslosigkeit unserer Naturmittel beweisen, um noch mehr Geld beantragen zu können. Weil Afrika allein angeblich mit Aids nicht fertig wird. Aber solche Spielchen machen wir nicht mit, Doktor. Geben Sie unsere Freundin frei und wir sind fort.“
„Meine Absichten sind ernst gemeint. Ich will Sie nicht vorführen“, sagte der Arzt.
„Leere Worte“, gab Amara knapp zurück. „Wer so arbeitet wie Sie, hat gar keine andere Wahl.“ Sie griff blitzschnell nach einem der vor Rashid ausgebreiteten Bögen. „Na bitte!“ Sie schob mir ein Formular hin. Es war ein Entlassungsbogen. Ich unterschrieb zügig und übernahm damit gleichzeitig die Verantwortung für unser Handeln.
Als ich schon aufgestanden war, fragte ich dennoch, was mir auf dem Herzen lag: „Meine Schwester Magdalena kann unmöglich gewollt haben, dass unsere Freundin in einen Gang zum Sterben abgeschoben wird.
Warum haben Sie das getan?“
Dr. Rashid wendete die Papiere in seinen Händen hin und her. Dann sagte er: „Ich bin kein Stationsarzt, Frau Egbeme. Ich leite eine ganze Abteilung dieses Krankenhauses. Normalerweise spreche ich nie mit Angehörigen.
Aber es war ungewöhnlich, dass eine Europäerin eine Patientin einliefert.
Deshalb unterhielt ich mich mit Ihrer Schwester. Was danach geschah, lag nicht in meiner Hand.“
Ich ärgerte mich über die Herzlosigkeit, die in dieser mir fremden Welt herrschte, und sagte: „Ihre Patientin möchte ich dann allerdings lieber nicht sein.“
Rashid stutzte, als er mir höflich die Tür öffnete. Er blickte mich geradewegs an. „Was ist mit Ihren Augen?
Darum sollten sie sich dringend kümmern!“ Seine Worte machten mir das Brennen eigentlich erst bewusst, das stärker geworden war. Da mir jedoch dauend irgendetwas wehtat, spürte ich auch diesen Schmerzen nicht nach.
Solche Unannehmlichkeiten gehörten zu meinem Leben.
Der Arzt reichte mir die Hand. „Ich werde Sie demnächst besuchen.“
„Sparen Sie sich den Weg.“ In Amaras Tonfall lag eine Unfreundlichkeit, die ich zu schroff fand. Mein Gefühl sagte mir, dass dieser Mann noch eine andere Seite hatte. Wir sahen nur jene eines Arztes, der mit seiner Arbeit Geld verdienen musste und darüber Lape vergessen hatte. Insofern war ich froh, als wir draußen waren.
Lape reagierte nur mit einem kurzen,
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