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03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen

Titel: 03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Choga Regina Egbeme
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Mauer.“
    „Hoffen wir, dass Rose es ebenso sieht“, erwiderte Bisi. In ihrer Stimme schwangen erhebliche Zweifel.
    „Du glaubst das nicht?“
    „Auf jeden Fall hat Magdalena Recht, wenn sie mit Rose vorher sprechen will. Wir können uns keinen neuen Streit leisten. Wir sind auf das Wohlwollen der Kooperative angewiesen.“ Mama Bisi lächelte. „Auf die deutsche Lehrerin wird Rose schon hören, wenn die sie beruhigt.“
    „Dennoch war es richtig, Lape zu befreien, meine liebe Bisi. Wenn Rose uns Steine in den Weg legt, werden wir sie eben beiseite räumen. Dies ist euer Zuhause. Nicht das von Rose. Ihr dürft euch nicht vorschreiben lassen, wer hier noch leben darf und wer nicht!“, wetterte Amara.
    Meine kleine Lieblingsmama blickte unsicher zu ihr. „Ja, ja, ich weiß!“, stöhnte sie. Dann sagte sie zu mir: „Lape darf auch nachts nicht allein sein.
    Abidem, Jumoke, Yetunde, Chinne und Charity sollten sich damit abwechseln, bei ihr zu schlafen. Könntest du eine von ihnen bitten, heute den Anfang zu machen?“
    Ich ging unverzüglich los, und Amara rief mir nach, dass sie mir später meine Augentinktur verabreichen würde.
    Auf den Verandastufen saßen Charity und Chinne. Sie legten sich gerade Zöpfchen und ich richtete ihnen Bisis Vorschlag aus. Charity blickte zu mir auf, während sie sich von ihrer Schwester schön machen ließ. „Jetzt bist du doch zurück. Warum bleibst du nicht bei Lape? Du hast früher auch im Heilhaus geschlafen, wenn Patientinnen krank waren.“ In ihrer Stimme glaubte ich einen lauernden Unterton zu hören.
    „Es geht doch nur darum, dass jemand Lape Gesellschaft leistet“, erwiderte ich ruhig. Aber ein bisschen ärgerte ich mich auch. „Warum sollen nur Amara, Bisi und ich für unsere Gefährtin da sein? Lape war bislang doch auch deine Freundin.“
    „Ja, schon“, maulte Charity. „Aber wir verstehen nichts davon, wie wir ihr helfen müssen.“
    Ich lehnte mich gegen einen der Verandapfosten und fühlte mich plötzlich sehr müde. Wieso empfand Charity es nicht als Selbstverständlichkeit, sich um ihre Freundin zu kümmern? Warum musste darüber erst diskutiert werden? Ich sah den beiden jungen Frauen zu, die mich kaum mehr beachteten. Jetzt tauschten sie die Plätze und Chinne ließ sich von Charity frisieren. Schlagartig wurde mir klar, dass für sie der Tod noch nicht in greifbare Nähe gerückt war. Sie konnten sich nicht vorstellen, selbst einmal so krank zu sein wie Lape. „War eine von euch heute schon bei Lape?“, fragte ich.
    Charity und Chinne gaben ein undefinierbares Brummen von sich.
    „Kommt“, sagte ich, „wir gehen jetzt mal rüber zu ihr.“
    „Ach nein, Choga, jetzt nicht“, erwiderte Charity und umwickelte eines von Chinnes Zöpfchen mit buntem Garn.
    Ich spürte, wie in mir eine heiße Welle der Wut aufstieg. „Möchtest du eigentlich, dass ich mir die Haare machen lasse, wenn du im Sterben liegst?“, brauste ich auf und packte Charitys Hand.
    Sie schüttelte mich ab. „Du bist Heilerin. Das ist etwas anderes!“
    „Du bist ihre Freundin. Empfindest du denn gar kein Mitleid?“, entfuhr es mir.
    Endlich sagte Chinne auch mal etwas. „Ist ja gut, Choga.“ Sie stand auf und ging zum Heilhaus.
    Charity sah mich verblüfft an. „Was ist mit dir denn passiert? Sonst hast du dich doch um alle gekümmert. Jetzt bist du richtig komisch geworden.“
    Dann folgte sie Chinne, die sie an der Tür der Heilstation erwartete. Allein traute sie sich wohl nicht hinein. Ich ging den beiden nach. Sie standen wenig später recht ungelenk neben Lape und blickten auf sie hinunter.
    Aber keine von beiden sagte ein Wort. Mama Bisi trat durch die Verbindungstür zum Heilhaus zu uns. Mit einem Blick erfasste sie die Spannung, die im Zimmer lag. Es war offenkundig, dass Charity und Chinne von Lapes Anblick schockiert waren. In ihrer mütterlichen Art ermunterte Bisi die beiden, sich zu Lape zu setzen und mir ihr zu sprechen.
    Ich zog mich unauffällig zurück und bewunderte Bisis Klugheit. Ihrer Idee war es zu verdanken, dass meine Schwestern zu lernen begannen, was jede Heilerin früh erfahren muss: Sterben ist ein Teil des Lebens. Es tut weh, das einsehen zu müssen. Aber es bleibt niemandem erspart.
    Doch ich bedachte nicht, dass wir damit mancher von uns viel zu viel Tapferkeit abverlangten ..

Die Hand an unserer Kehle
    Noch am gleichen Abend verabreichte Amara mir in meinem Zimmer erstmals eine Tinktur, die sie eigens für mich zubereitet hatte. Sie

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