03 - Hinter dunklen Spiegeln
allen Seiten bedrängt zu werden."
„Okay, okay." Sein Griff war weicher geworden, und mit der Hand strich er ihr über den Rücken. „Du hast recht. Ich bin nicht mit dir hier heraufgefahren, um mit dir zu streiten. Aber du machst mich immer wieder reizbar."
„Lass uns einfach zurückfahren."
„Nein, setz dich. Bitte", fügte er hinzu und berührte mit seinen Lippen leicht ihr Haar.
„Vielleicht können wir einfach hier sitzen, ohne aufeinander herumzuhacken. Iss etwas."
Er lächelte so nett, dass sie aufgab und sehnsüchtig die Tüte betrachtete. „Ich komme um vor Hunger."
„Ja, das kann ich mir vorstellen." Die nächsten Minuten aßen sie schweigend, bis Kirk fragte:
„Hattest du eine harte Kindheit?"
Carrie wollte gerade eine Salztüte für die Pommes frites aufreißen und hielt mitten in der Bewegung inne. „Oh, nein, so habe ich das nicht gemeint. Es war einfach nur anders. Meine Eltern sind Unter-haltungskünstler, seit über dreißig Jahren ein Tanz-und Gesangspaar. Damals sind wir zu sechst durchs Land gezogen und haben manchmal in richtigen Kaschemmen gespielt. Aber meine Familie", versonnen lächelnd nahm sie das ihr angebotene Bier, „ist wunderbar. Ter- ence war auch bei einigen Nummern dabei, aber er war am besten am Klavier.
Ich war immer frustriert: Sosehr ich auch übte, ich konnte nie besser als er spielen."
„Geschwisterrivalität?"
„Natürlich. Sonst wäre die Kindheit doch langweilig. Terence und ich waren uns da ziemlich ähnlich: Wir konnten es nie lange ertragen, hinter dem anderen zurückzustehen. Zwischen meinen Schwestern und mir gab es das in dem Ausmaß nicht. Wir gehörten einfach zu sehr zusammen." Sie nahm einen Schluck Bier aus der Büchse und blickte auf die Stadt hinunter. „So ist es immer noch. Manchmal ist es hart, von ihnen getrennt zu sein. Als wir klein waren, haben wir Pläne geschmiedet, wie wir die Show für immer und ewig ausbauen könnten."
„Welche Show?"
Lachend leckte sie sich Salz von den Fingern.
„Noch nie etwas von den O'Hara-Drillingen gehört?"
„Tut mir leid."
„Es würde dir bestimmt noch mehr leidtun, wenn du von uns ge-hört hättest. Dreistimmiger Gesang, Showeinlagen, ein paar alte Standards."
„Du singst?"
„Doran, ich singe nicht nur, ich bin umwerfend."
„In deinen Filmen hast du nie gesungen."
Sie zuckte die Schultern. „Es hat sich nicht ergeben. Matt meint, wir sollten das Publikum demnächst einmal mit einem Gastauftritt überraschen, wo ich einige Nummern bringe und vielleicht auch tanze. Ja", fügte sie hinzu, als er ihr einen Blick zuwarf, „ich kann tanzen. Mein Vater wäre sonst vor Scham in Grund und Boden ge-sunken."
„Und warum tust du es nicht?"
„Es hat sich eben nie ergeben. Außerdem habe ich mich darauf konzentriert, was ich am besten kann."
„Und das wäre?"
Sie warf ihm einen spöttischen Blick zu. „Rollen spielen."
Er blieb ernst und strich ihr das Haar zurück hinters Ohr. „Ich denke, im Augenblick spielst du nicht."
Schnell wandte sie sich ab. Der Himmel war fast schwarz, doch nur vereinzelt zeigten sich Sterne.
„Sei dir darüber nicht zu sicher. Ich bin mir meiner selbst nur manchmal sicher."
„Ich glaube, du bist dir sicher."
Als sie den Kopf wieder zurückdrehte, war sein Mund sehr nah. Nah und verführerisch. „Nicht. Ich habe dir gesagt, ich kann nicht." Aber seine Lippen streiften schon ihre, ganz zart, wie ein Hauch.
„Weißt du eigentlich, was ich gefühlt habe, als du heute mit Sterling auf dem Bett lagst?"
„Nein. Und ich will es auch nicht wissen. Ich habe dir gesagt, es ist mein Job. Es ist nur eine Rolle."
Ihre reservierte Abwehrhaltung brach in sich zusammen, er hörte es an ihrer Stimme. Eine prickelnde Wärme erfasste ihn in Erwartung des Kommenden. „Hier sind keine Kameras, Carrie. Nur du und ich. Und ich glaube, genau davor hast du Angst. Hier sagt dir niemand, was du fühlen sollst.
Niemand schreit .Schnitt', wenn du Gefahr läufst, die Kontrolle zu verlieren."
„Ich brauche niemanden, der mir sagt, was ich fühlen soll. Ich brauche niemanden", wiederholte sie und näherte ihr Gesicht seinem.
Sie wollte es. Sie wollte die ungebändigte Woge der Empfindungen spüren, die er in ihr auszulösen vermochte. Sonst niemand. Sie könnte ihm das verraten, doch er würde ihr nicht glauben. Ihr Image war unverbrüchlich, und sie selbst hatte es geschaffen. Was sie in ihrem Innern war, gehörte nur ihr. An diesem Teil von ihr - das hatte sie sich
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