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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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aber in
    solchen Situationen braucht man ein wenig Takt.
    »Nein, tut mir leid, die ist mir entgangen.«
    »Ach! Na ja, sie war – eigentlich – ziemlich gut. Ich wurde als
    wohlgerundete Figur beschrieben. Es sei das … bisher beste Buch
    … des Jahres 1986, hieß es. Die wollen vielleicht sogar eine
    Kassetten-Ausgabe machen, hat die Agentin gesagt. Hören Sie,
    Ihr Prozess wird jetzt vielleicht doch schon nächste Woche
    fortgesetzt. Ich habe zwar eine weitere Vertagung beantragt,
    aber Hopkins lässt einfach nicht locker. Der Ort und der genaue
    Termin für die Verhandlung stehen allerdings noch nicht fest.«
    »Muss ich mir Sorgen machen?« fragte ich.
    »Nein, eigentlich nicht. Unser Plädoyer auf Freispruch wegen
    starker Zustimmung von Seiten der Leserschaft müsste eigentlich funktionieren. Andererseits kann man wohl auf die Dauer
    nicht leugnen, dass Sie den Schluss des Romans tatsächlich
    verändert haben. Hören Sie«, fuhr er fort, ohne Atem zu holen,
    »Miss Havisham hat mich gebeten, Ihnen den Brunnen der
    Manuskripte zu zeigen. Sie konnte leider nicht selbst kommen,
    weil sie einen Kurs in ökologischer Grammasiten-Bekämpfung
    machen muss.«
    »In Große Erwartungen haben wir einen Grammasiten gesehen.«
    »Das hab' ich gehört. Man kann gar nicht vorsichtig genug
    mit den Biestern sein.« Er warf einen Blick auf ibb und obb, die
    gerade meine Spiegeleier mit Speck futterten. »Ist das Ihr Frühstück?«
    Ich nickte.
    »Faszinierend! Ich habe mich immer gefragt, wie so ein
    Frühstück wohl aussehen mag. In unserer Serie haben wir
    dreiundzwanzig Abendessen, zwölf Mittagessen und zehn Fiveo-clock-Teas – aber kein Frühstück.« Er zögerte eine Sekunde.
    »Warum darf eigentlich Marmelade ohne Zucker nicht Marmelade genannt werden?«
    »Ich glaube, das haben die Zuckerraffinerien der Goliath
    Corporation verlangt. Aber die Leute kaufen sie trotzdem.« Ich
    gab ihm eine Tasse Kaffee. »Haben Sie denn auch Rohlinge in
    Ihren Büchern?«
    »Ja, natürlich, ich komme schließlich aus einem Krimi.«
    »Nein, ich meine nicht diese Art Rohlinge. Ich meine – Rohlinge«, sagte ich und zeigte auf meine zwei Untermieter.
    »Ach so, Rohlinge!« sagte er, löffelte sich drei Löffel Zucker
    in seinen Kaffee, und starrte ibb und obb an, die – wie zu erwarten – zurückstarrten. »Meistens sechs oder sieben, sonst müssten wir Ausbildungsabgabe zahlen. Langweilige Burschen,
    solange sie noch keine Persönlichkeit haben. Danach sind sie
    aber oft sehr amüsant. Das Problem ist nur, dass sie alle unbedingt Hauptfiguren sein wollen.« Er nippte an seinem süßen
    Kaffee. »Früher erfolgte die Einquartierung en masse, aber
    nachdem sie mal sechstausend Rohlinge in Rebbecca einquartiert hatten, hat sich das geändert. Von den sechstausend wurden fünftausendneunhundertzweiundneunzig exakte Kopien
    von Mrs Danvers!« Er zögerte eine Sekunde. »Sagen Sie, brauchen Sie vielleicht ein paar Haushälterinnen?«

    »Nein, danke«, sagte ich eilig. Die barsche Art von Mrs Danvers
    war mir nur allzu gut in Erinnerung.
    »Ich kann's Ihnen nicht verübeln«, sagte Snell lachend.
    »Und jetzt haben Sie einen Numerus clausus für jedes Buch
    eingeführt?«
    »Ja, genau«, sagte Snell.
    »Und was ist aus den fünftausend Mrs Danvers geworden?«
    »Ach, wir haben hier und da mal die Handlung eines Romans ein bisschen geändert, um sie unterzubringen. Aber es hat
    nicht viel genutzt. Die meisten arbeiten jetzt im Amt für RechtSchreib und KommaSetzung. Sie reißen Wörter auseinander
    oder setzen sie wieder zusammen, je nachdem.«
    »Je nachdem?«
    »Na ja, es hängt davon ab … Ach, wissen Sie, so genau weiß
    das keiner.«
    Ich versuchte, das Thema zu wechseln. »Wie ist das eigentlich so?« fragte ich.
    »Wie ist was?«
    »Wie ist das so, wenn man fiktional ist?«
    »Ah!« sagte Snell langsam. »Fiktional – ja …«
    Zu spät merkte ich, dass ich zu weit gegangen war. Meine
    Frage war genauso taktlos, als hätte ich einen Hund nach der
    Staupe gefragt, glaube ich.
    »Da Sie eine Außenländerin sind, nehme ich Ihnen Ihre
    Neugier nicht übel«, sagte Snell schließlich. »Aber wenn ich Sie
    wäre, würde ich meine Nase nicht allzu tief in der Vergangenheit von Fiktionären hineinstecken. Wir bemühen uns alle, wir
    selbst zu sein – originäre Charaktere in einer riesigen Welt der
    Fiktion. Aber eben weil diese Welt so groß ist, haben wir kaum
    eine Chance – und das wissen wir auch. Nach dem Grundstudium in St.

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