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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Hand hielt, wenn die Hexen nicht die Flucht ergriffen
    hätten. Mit einem Donnerschlag verschwanden sie in der Luft,
    und den Hexenkessel nahmen sie auch mit.
    »Hah!« sagte Nemo und warf den Knüppel hinter ihnen her.
    »Das nächste Mal mach ich Hackfleisch aus euch, ihr stinkenden Trickser und Täuscher mit eurem Heil dies und Heil jenes.«
    Er sah mich vorwurfsvoll an. »Haben Sie ihnen Geld gegeben?«
    »Nein, Sir.«
    »Nicht schwindeln! Haben Sie ihnen was gegeben? Raus mit
    der Sprache!«
    »Nein.«
    »Gut. Sie dürfen ihnen niemals Geld geben! Das ermutigt sie
    nur. Sie locken einen ins Unglück mit ihren fragwürdigen
    Prophezeiungen – reden dir ein, du kriegst bald ein neues Auto,
    und sobald du denkst, du kannst es womöglich wirklich gebrauchen – bums! –, schon drehen sie dir Kredite, Versicherungen
    und andere unerwünschte Finanzdienstleistungen an. Der arme
    alte Macbeth hat es zu ernst genommen – alles, was sie ihm
    verkaufen wollten, war eine Hypothek und eine Feuerversiche-rung für ein größeres Schloss. Als die Geschichte mit dem Wald
    von Birnam und dem, ›der nicht vom Weib geboren‹, dann
    tatsächlich eintraf, waren die Hexen genauso überrascht wie alle
    anderen. Also fallen Sie ja nicht auf ihre Tricks rein! Sie machen
    Ihnen im Nu die Brieftasche leer. Wer sind Sie eigentlich,
    Miss?«
    »Thursday Next, ich vertrete Mary –«
    »Ah!« sagte er. »Die Außenländerin. Sagen Sie mal, wie funktionieren eigentlich Rolltreppen? Werden sie von einer Trommel auf die andere und dann bei Nacht zurückgespult? Oder
    handelt es sich um ein endloses Band, das die ganze Zeit rundläuft?«
    »Es – äh – ist ein endloses Band.«
    »Ach, wirklich?« sagte er nachdenklich. »Das wollte ich
    schon immer wissen. Willkommen in Caversham Heights. Ich
    bin Captain Nemo. Ich habe Kaffee auf dem Herd stehen.
    Würden Sie mir die Ehre Ihres Besuchs erweisen?«
    Ich bedankte mich, und wir gingen gemeinsam weiter am See
    entlang.
    »Ein schöner Morgen, nicht wahr?« Er zeigte mit einer weit
    ausholenden Geste auf den See und die duftigen Wolken.
    »Wie eigentlich immer.«
    »Dafür, dass wir an Land sind, ist es durchaus erträglich«,
    fügte er hastig hinzu. »Natürlich nur ein schwacher Abglanz,
    gemessen an der Schönheit der Tiefe, aber wenn man in Rente
    ist, muss man wohl Abstriche machen.«
    »Ich habe Ihr Buch oft gelesen«, sagte ich so höflich wie möglich, »und ich habe viel Freude dabei gehabt.«
    »Jules Verne war nicht nur mein Autor, sondern auch ein
    sehr guter Freund«, sagte Nemo voll Wehmut. »Ich war sehr
    traurig, als er starb, eine Empfindung, die ich mit nur wenigen
    meiner Art teile.«
    Inzwischen waren wir zu seiner Behausung gelangt. Die Nautilus war allerdings nicht länger das elegante, gefährliche Unterwasserfahrzeug, das ich aus 20.000 Meilen unter dem Meer
    kannte, sondern ein schäbiges, eisernes Wrack. An den Nieten
    sah man braune Rostbahnen, und die großen Aussichtsfenster
    waren zur Hälfte von grünen Algen bewachsen. Dennoch spürte
    man, dass dieses U-Boot aus einem Zeitalter großer technischer
    Erwartungen stammte.
    Wir betraten die Gangway, und Nemo half mir an Bord.
    »Danke«, sagte ich und ging auf dem Oberdeck zum Turm, wo
    ein Stuhl und ein Tisch mit einer Wasserpfeife standen. Er zog
    einen weiteren Klappstuhl heran und bat mich, Platz zu nehmen.
    »Ihnen geht es genauso wie mir?« fragte er, als er mit dem
    Kaffee aus dem Inneren des Bootes zurückkam. »Sie machen
    eine Pause zwischen zwei Engagements?«
    »Eine Art Mutterschaftsurlaub«, sagte ich.
    »Von diesen Dingen verstehe ich nichts«, sagte er und
    schenkte mir einen Kaffee ein. Das Geschirr stammte von der
    White Star Line.
    Ich trank einen Schluck und nahm eins der angebotenen
    Kekse. Der Kaffee war hervorragend.
    »Gut, nicht wahr?« sagte er lächelnd.
    »Besser als jeder andere, den ich bisher getrunken habe«, bestätigte ich. »Wo kommt der denn her?«
    »Aus dem Guyana-Becken«, sagte er. »Das ist ein Seegebiet,
    in dem sich Unterwassergebirge von unglaublicher Schönheit
    befinden. Vergleichbar allenfalls mit dem Hochland der Anden.
    Dort habe ich eine Wasserpflanze entdeckt, deren Samen, wenn
    man sie trocknet und röstet, mit jedem Landkaffee Schritt
    halten können.«
    Seine Mundwinkel zuckten, und er starrte traurig in seine
    Tasse. »Wenn wir diese Kanne getrunken haben, ist es vorbei.
    Das war der letzte. Ich wohne jetzt seit fast einem Jahrhundert
    im Brunnen der

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