03 - komplett
sich zufrieden zurück.
Sein Freund Frank Vernon warf einen letzten Blick auf sein Blatt, stöhnte leise auf und gab ebenfalls auf.
„Dann bleiben also nur wir drei übrig“, sagte Connor freundlich.
Lord Harleys Gesicht nahm eine ungesund rote Farbe an und wurde gleich darauf blass, als ihm bewusst wurde, was dieses geschickte Manöver für ihn bedeutete. Er presste die Lippen zusammen, um einen saftigen Fluch zu unterdrückten.
Connor lächelte gelassen, während sein Blick eisig blieb. „Kommen Sie, ärgern Sie sich nicht, Harley“, spottete er leichthin, während er beobachtete, wie Edgar etwas auf ein Papier kritzelte, das sein Schwager ihm zusammen mit einem Tintenfass und einer Feder gebracht hatte. Am Ende unterschrieb er es schwungvoll, warf die Feder achtlos auf den Tisch und lehnte sich zurück. Connor heftete den Blick auf das Papier, während er Harley verhöhnte. „Ich bin sicher, Ihre Verabredung wird warten.
Es sei denn, sie ist jetzt wieder nüchtern und erinnert sich an Sie.“
„Ich werde einen Eilboten nach London schicken. Ja, genau das werde ich tun.“
Rachel seufzte. Sie hatte diese Erklärung in den letzten Stunden unzählige Male gehört. „Dann schick einen, Mama.“
Es waren zwei Tage vergangen, seit ein heftiges Gewitter sich endlich verzogen hatte, das einen Tag und eine Nacht gewütet hatte. Und noch immer war ihr Vater nicht nach Windrush zurückgekehrt, und keine Nachricht war von ihm gekommen, um ihnen mitzuteilen, was der Grund für seine Verspätung sein mochte. Das Wetter konnte nicht schuld sein, da der Sturm sich nach Norden verzogen hatte und nicht in Richtung London.
Rachel fürchtete nicht, ihrem Vater könnte etwas zugestoßen sein, aber sie wusste, dass er manchmal dem Wein etwas zu eifrig zusprach, wenn er sich sehr lange ausschließlich in männlicher Gesellschaft befand. Rachel erinnerte sich gut daran, wie entsetzt sie über den Anblick ihres Vaters gewesen war, die wenigen Male, als er sich völlig dem Trunk hingegeben hatte. Unfassbar, was der Alkohol aus einem Gentleman machen konnte.
Unruhig stand sie auf, trat ans Fenster und sah zur von blühenden Kastanienbäumen gesäumten Auffahrt hinüber. Nirgends war ein Mensch zu sehen, doch dann erschien Ralphs Sohn Pip hinter einem der Büsche. Er kam rückwärts auf den Weg heraus, während er methodisch den Kiesboden harkte. Rachel seufzte und warf ihrer Mama einen Blick zu.
Als spürte sie die Aufmerksamkeit ihrer Tochter, blickte sie auf und meinte bedrückt:
„Ich muss Ralph sofort mit einer Nachricht zur Postkutsche schicken. Ich fühle es, etwas Böses ist deinem Vater zugestoßen.“
„Ich glaube, Mama, du kannst diesen Gedanken aufgeben“, erwiderte Rachel plötzlich. Sie wirbelte herum und eilte, den Rocksaum mit beiden Händen anhebend, zur Tür. Erst nachdem sie sie aufgerissen hatte, rief sie ihrer erstaunten Mutter noch zu: „Papa ist gerade an der Biegung erschienen.“
„Was kann nur sein?“, flüsterte June. Sorge erfüllte ihre großen braunen Augen.
„Warum ist Mama so bekümmert, was glaubt ihr?“
„Es ist nichts. Sie tadelt ihn wahrscheinlich nur wegen seiner Verspätung“, meinte Rachel mit einem nicht sehr überzeugenden Lachen. Selbst Sylvie, die für gewöhnlich kaum etwas von den Kabbeleien der Familie mitbekam, machte einen recht kleinlauten Eindruck, als der Aufruhr in der Bibliothek nicht aufhören zu wollen schien.
Noch ein unterdrückter, eindeutig verzweifelter Schrei drang zu ihnen durch. June sprang erschrocken auf, doch an der Tür zögerte sie, rang die Hände und sah Rachel verstört an. „Vielleicht sollten wir nachsehen, was ...“
„Nein“, widersprach Rachel gleichmütig, um Sylvie nicht noch mehr zu beunruhigen.
„Wir werden früh genug erfahren, was los ist. Lass Papa sich zuerst mit Mama aussprechen.“
Ihr Vater war erst seit einer Stunde wieder daheim. Doch der Mann, der über die Schwelle von Windrush trat, hatte keine Ähnlichkeit mit ihrem lächelnden, eleganten Papa gehabt. Er hatte abgekämpft und bedrückt ausgesehen und sich seit Tagen nicht rasiert. Eine schwere Last schien auf seinen Schultern zu lasten, und der Gedanke daran ließ Rachel schaudern.
Irgendetwas war geschehen, und sie ahnte, dass es sie persönlich sehr viel mehr berührte als ihre Schwestern oder sogar ihre hysterische Mama. Mit einem resignierten Seufzer verließ Rachel das Zimmer, ihre beiden jüngeren Schwestern, blass und still wie Gespenster, folgten
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