03 - komplett
von Rachel zu wissen, warum Connor an jenem Abend allein mit ihr hatte sprechen wollen.
Ohne weitere Umschweife begann sie: „Ich wäre schon gestern gekommen, aber ich bekam ein wenig Atemnot. Ich glaube, das Baby versucht, eine bequemere Stellung zu finden. Oder er ist entschlossen, ein Stehaufmännchen zu werden.“ Sie lehnte sich seufzend im Sessel zurück. „Ich hoffe sehr, dass du heute zu ein wenig Klatsch aufgelegt bist, meine Liebe. Du weißt genau, ich sterbe vor Neugier ...“
„Bringst du uns bitte etwas Tee, Noreen?“, unterbrach Rachel sie schnell.
„Sofort, Miss Rachel.“
Kaum hatte Noreen die Tür hinter sich geschlossen, fuhr Lucinda fort: „Mein erster Gedanke, als du allein mit Connor in das Arbeitszimmer gegangen bist, war, dass er dir einen Antrag machen würde. Liebe Rachel, ich weiß, ich bin indiskret, aber wir sind so gute Freundinnen. Hat er dich gebeten, ihn zu heiraten? Hast du ihn wieder abgewiesen? Saht ihr beide deswegen so ... so ...“
„So verbittert aus?“, beendete Rachel die Frage für sie. „Er hat mir ein Angebot gemacht, Lucinda, keinen Antrag. Ich muss dir sicher nicht erst sagen, dass ich den Gedanken, eine ausgehaltene Frau zu werden, ganz und gar nicht mehr reizvoll fand, oder auch nur komisch. Es war gemein von mir, an jenem Tag so über Philip Moncur zu sprechen, wenn auch nur im Scherz. Er ist ein netter Mann. Aber leider bin ich ja bekannt dafür, dumme Dinge zu sagen und zu tun, fürchte ich.“
Lucinda war einen Moment nicht fähig, zu sprechen. „Lord Devane hat dir vorgeschlagen, dich als seine Geliebte zu halten?“, sprudelte sie dann fassungslos hervor.
„Nun, nicht direkt ‚halten‘“, entgegnete Rachel trocken. „Er machte mir klar, dass er bald nach Irland zurückzukehren gedenkt. Es verlangt ihn nicht nach einer längeren Affäre, wenn ich richtig verstanden habe. Tatsächlich reicht ihm schon eine Nacht.“
Plötzlich schnürte ihr tiefe Demütigung die Kehle zu. Sie schluckte und fuhr fort: „Er ließ mich die Besitzurkunde von Windrush sehen. Sie befand sich in einer Schublade seines Schreibtischs ... so dicht! Ich hätte versuchen können, damit zu fliehen. Ich bin sogar sicher, dass er genau das gewollt hat. Nur um mich dann daran hindern zu können. Siehst du, er will Windrush gar nicht haben. Wenn ich seinen Bedingungen zustimme, gibt er mir die Urkunde, bevor er abreist. Sonst verkauft er das Gut. Es ist ganz allein meine Entscheidung. Freundlich von ihm, nicht wahr?“
Lucinda zuckte leicht zusammen und schlug entsetzt die Hand vor den Mund. Doch dann schüttelte sie den Kopf. „Es ist nur ein Scherz.“
„Nein, er will mich endlich bestrafen. Er weiß, dass ich den Gedanken nicht ertragen könnte, Windrush Fremden zu überlassen. Doch seltsamerweise glaube ich, es gibt noch Hoffnung, solange er die Urkunde hat. Mir war nie bewusst, wie schwer es ihn damals getroffen hat, dass ich ihn fallenließ. Zwar wusste ich, es kann nicht schön gewesen sein ...“ Sie lachte hilflos. „Wie schwach das klingt. Natürlich war es nicht schön für ihn. Ich meine nur, ich hatte bis jetzt nie erkannt, wie sehr er gelitten hatte. Wirklich gelitten. Kein Wunder, dass sein Stiefbruder Jason mich hasst. Es erstaunt mich nur, wie freundlich seine Mutter mich behandelt hat.“ Sie hielt inne, als ihr klar wurde, dass sie zu viel verriet. „Es wäre mir lieb, wenn du zunächst zu niemandem etwas darüber sagen würdest.“
„Ich hätte dich nicht fragen dürfen“, jammerte Lucinda. „Ich hätte nicht so neugierig sein dürfen. Jetzt verstehe ich aber, warum du ihn geohrfeigt hast! Es wollte mir nicht in den Kopf, warum du ihn wegen eines Antrags hättest schlagen wollen. Gott, ich kann es kaum glauben. Connor scheint so ein Gentleman zu sein, so ... so ...“
„Anständig?“
Lucinda zuckte die Achseln. „Was wirst du jetzt tun?“
„Zustimmen natürlich.“
Lucinda schnappte nach Luft. „Du wirst zustimmen?“
„Während ich etwas völlig anderes plane.“ Rachel spürte ihren alten Stolz wieder in sich erwachen und seufzte erleichtert auf. „Er darf nicht gewinnen“, stieß sie heftig hervor. „Hätte er nur mich allein beleidigt, hätte ich es vielleicht als angemessen akzeptiert. Aber er hat zu großen Schaden angerichtet.“
Tiefer Kummer um ihren Papa machte ihr das Herz schwer. Er hatte riskiert, sich in ihren Augen herabzusetzen. Er hatte vollkommen dem Ehrgefühl eines Mannes vertraut, der keinen Moment zögerte,
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