03 Nightfall - Zeiten der Finsternis
wer neben mir liegen darf, und nicht, wer es muss. Schon allein dafür werde ich dir keinen Platz lassen, damit du dich an deinen Mann schmiegen kannst.«
»Kein Problem«, antwortete Heather. »Wenn ich an meine Schwester und ihre Vorbehalte denke, ist es sowieso das Beste, wenn wir ein Bett für die Nachtgeschöpfe und eins für die Sterblichen haben.« Das Beste vielleicht, aber sie sehnte sich danach, sich neben Dante zu legen und sich an ihn zu schmiegen, während er – fiebrig und dem Dunkel anheimgefallen – im Schlaf lag. Sie wollte ihm immer wieder ins Ohr flüstern: Du bist nicht allein. Ich bin hier, und ich bin bei dir.
Von warf einen Blick auf die geschlossene Badezimmertür. Die Belustigung verschwand aus seiner Miene. Man hörte deutlich das Plätschern der Dusche und das Surren des Ventilators. »Gibt es etwas, was ich wissen sollte?«, fragte er.
»Nein«, antwortete Heather. »Wir haben sie unvorbereitet ins tiefe Wasser geworfen, aber ich habe sie am Schopf erwischt und wieder herausgezogen. Sie wird sich wieder beruhigen.«
Von sah sie eindringlich an. Sie wusste, was er dachte: In welche Richtung wird das bipolare Karussellpferd Annie als Nächstes rasen? Rauf oder runter?
Heather schüttelte seufzend den Kopf.
»Ich verstehe, Püppchen.«
Von zog sich das Haargummi aus dem feuchten Haar und schob es sich übers Handgelenk, um es nicht zu verlieren. Er fuhr sich mit den Fingern durch die schulterlangen Locken – die dunkelbraun schimmerten, wenn sie trocken waren –, um sie sich aus dem Gesicht zu streichen. Eine senkrechte Linie zeigte sich zwischen seinen Brauen. Eine tiefe Denkfalte.
»Ich habe eine Frage, Cortini«, meinte er schließlich, während er sich am Schminktisch hinter ihm abstützte. Die Muskeln in seinen Armen spannten sich an.
Cortini erhob sich von dem Sessel, auf dessen Armlehne sie die ganze Zeit gesessen hatte. Einen Augenblick lang sah sie Heather an, ehe sie Von ihre volle Aufmerksamkeit widmete.
»Ein Heckenschütze vor dem Haus hat mir die Sonnenbrille von der Nase geschossen.« Von berührte die kleinen Abschürfungen in seinem Gesicht, die rasend schnell heilten. »Was wissen Sie darüber? War das einer von Ihren Leuten?«
In Cortinis Gesicht zeigte sich Überraschung. »Nein. Meine Vorgesetzten haben nur mich geschickt.«
»Toll.« Von seufzte. »Also wollen noch andere hier mitspielen.«
»Der Schütze muss eingetroffen sein, nachdem ich schon da war«, meinte Heather. »Oder er hat einfach auf jeden geschossen, der aus dem Haus gekommen ist.«
»Er war wild entschlossen, mich davon abzuhalten reinzugehen«, entgegnete Von. »Ich wette, dass er nicht erst auftauchte, nachdem du schon da warst, Puppe. Ich wette vielmehr, er ist Ihnen gefolgt.«
»Das glaube ich auch«, sagte Cortini. »Die Schattenabteilung wies das FBI an, Sie und Dante nicht weiter zu beobachten. Jemand hat sich nicht an diesen Befehl gehalten, und ich glaube, ich weiß auch wer«, fügte sie hinzu.
»Glauben Sie, es war die stellvertretende Dienststellenleiterin Rutgers?«, fragte Heather. Monica Rutgers vom FBI hatte sie erst wenige Tage zuvor vor die Wahl gestellt: Entweder sie nahm ihre Beförderung an und wurde zu einer Marionette für das FBI , oder sie konnte ihre berufliche Karriere für immer vergessen.
In Heathers Gedächtnis tauchte eine Erinnerung auf, eine Warnung Stearns’, ihres verstorbenen Vorgesetzten und Mentors, die er nur wenige Wochen zuvor, einen Tag vor seinem Tag geäußert hatte:
»Sie stehen auf der Abschussliste. Ich übrigens auch.«
»Wie weit nach oben reicht das Ganze?«
»Ich denke, es ist das Beste, sich so zu verhalten, als würde es auf jeden Fall bis ganz nach oben reichen.«
»Ja«, entgegnete Cortini.
Das überraschte Heather nicht. Sie schloss einen Moment lang die Augen und rieb sich die Nasenwurzel. Plötzlich fühlte sie sich unfassbar erschöpft. Sie ging fast auf dem Zahnfleisch, so fertig war sie.
»Ich begreife, dass Rutgers Befehlen nicht gehorcht, indem sie weiter beschatten lässt«, erklärte Cortini und runzelte die Stirn. »Aber warum sollte sie einen Mord anordnen? Das kapiere ich nicht.«
Vor Heathers innerem Auge tauchte ein Bild auf. Sie sah Dante in Rodriguez’ Arbeitszimmer stehen, während er Brisia hinter sich hielt, um sie zu beschützen. Sie erinnerte sich, was sie einige Stunden zuvor zu ihm gesagt hatte: Das ist nicht Chloe. Sie ist schon lange weg.
Dante holt tief Luft. Mit bebenden Fingern fasst er sich
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