03 Nightfall - Zeiten der Finsternis
eure Verbindung endete?«
Je t’aime, mon fils. Toujours.
»Er hat sich von mir verabschiedet, und dann …« Die Worte blieben ihm im Hals stecken. Er wandte den Blick ab. Seine Muskeln verkrampften sich noch stärker.
»Hat dir die Gefallene etwas von Lucien erzählt? Was mit ihm geschah? Oder wie er gestorben sein soll?«, erkundigte sich Von.
Stirnrunzelnd sah Dante auf. Diese Gefallene? Eine Erinnerung flackerte auf.
Flügel. Das regennasse Gesicht einer Frau – goldene Augen, nachtschwarzes Haar, ein dünner, saphirblauer Ring um den Hals.
Du kannst mich Lilith nennen.
Dante sah Von an. »Sie hat mir irgendeinen Mist erzählt, Lucien habe sie angeblich geschickt, um mich vor den Gefallenen zu beschützen und er selbst sei nur noch Asche.«
»Lucien hätte sie nie geschickt«, antwortete Von. »Er hat mich eigens vor den Gefallenen gewarnt.«
Dantes Muskeln spannten sich wieder an. Ein Schatten legte sich auf sein Herz, während er in Gedanken zu seiner letzten Unterhaltung mit Lucien zurückkehrte. Er erinnerte sich an seine Warnung: Die Gefallenen werden dich eines Nachts finden und fesseln.
»Weißt du, wo du nach Lucien suchen könntest?«, fragte Heather. Obwohl sie es nicht aussprach, konnte Dante es doch in ihren Augen lesen: Falls er noch am Leben ist …
»Nein, noch nicht«, antwortete er heiser flüsternd. »Aber ich werde ihn finden.«
Er merkte, wie sie und Von einen raschen, besorgten Blick austauschten. »Ich weiß, dass wir zuerst nach Hause müssen«, sagte er, lehnte sich etwas zurück und warf den benutzten Waschlappen ins Bad. »Die, die uns verfolgen … um die werde ich mich auch kümmern.«
Versprochen?
Versprochen. Ganz sicher.
Wieder begann das Zimmer, zwischen beigem Teppichboden und blutnassem Beton zu schwanken.
Konzentrier dich. Du musst hierbleiben.
Dante richtete sich auf und bewegte sich betont langsam, um sich zu versichern, dass er sich in dem Motelzimmer befand und erwachsen blieb – dass er kein Kind mehr war, das an einem Stahlhaken baumelte. Er drückte Heathers Hand und spürte ihre Anwesenheit. »Ich werde mich darum kümmern, dass es dir, Annie und Eerie gutgeht, catin .«
»Aber nicht allein, Baptiste«, antwortete Heather. »Das ist unser aller Kampf.«
»Gut, chérie . Nicht allein.« Er senkte den Kopf, so dass seine Stirn ihre berührte. Er sah in ihre Augen. In ihren nachtblauen Tiefen zeigten sich Besorgnis und Furcht. Er spürte ihren warmen Körper unter dem pinkfarbenen T-Shirt und der roten Pyjamahose. Ihr Duft nach Flieder, Salbei und Abendregen stieg ihm in die Nase. Weckte mehr als eine Art von Hunger in ihm.
»Genau – nicht allein«, sagte Von. »Wir sind alle mit von der Partie.«
Dante hob den Kopf und lächelte. »Wie kommt es eigentlich, dass du hier bist? Ich dachte, du wärst heimgeflogen.«
Von zuckte die Achseln. »Ich habe etwas gespürt. Eigentlich war ich schon unterwegs, als Annie Silver kontaktierte und um Hilfe bat. Aber keine Sorge. Silver und die Jungs sind sicher nach Hause gekommen.«
»Ich bin froh, dass du da bist«, sagte Dante.
»Na, das will ich doch hoffen«, antwortete der Nomad. Er polierte seine Fingernägel am Gummiband seiner blauen Boxershorts.
Heather umfasste sein Gesicht mit den Händen und gab Dante einen sanften, langen Kuss. »Du bist unfassbar erhitzt und fiebrig«, flüsterte sie. »Wie fühlst du dich?«
»Ich stehe noch, und j’su ici . Wo sind wir eigentlich genau?«
»In einem Motel vor Damascus«, entgegnete sie. »Wir hatten keine Zeit, weit zu kommen, und wir müssen so bald wie möglich weiter. Das FBI und die Schattenabteilung sind uns auf den Fersen und …«
Die Tür ging knarzend auf, und Heather brach ab. Sie spannte sich an, löste sich von Dante und tastete nach ihrem Hosenbund. Dann ballte sie die Faust. »Scheiße. Die Waffe liegt auf dem Nachttisch.«
Das schnelle Schlagen eines menschlichen Herzens – nein, zweier Herzen.
»Sind nur wir«, erklärte eine unbekannte Frauenstimme.
Doch Dante bewegte sich bereits übernatürlich schnell. Er packte die Frau am Handgelenk und riss sie zur Seite. Ihre Schulter knallte gegen die Tür und die Wand. Der Putz knirschte. Dante nahm einen Hauch von Minze und wilden Rosen wahr – ein bekannter Duft. Er wirbelte sie herum, drängte sie gegen den Schreibtisch. Gegenstände fielen klappernd zu Boden.
Sie musterte ihn ruhig aus nussbraunen Augen. Ihr dunkelbraunes Haar war schulterlang, und sie war ganz in Schwarz gekleidet.
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