03 - Saison der Eifersucht
gehörte, ausgeben zu müssen. Sie hatte gehofft, von dem ihr für
den Londoner Aufenthalt zur eigenen Verfügung gestellten Geld etwas zurücklegen
zu können, aber es war selbstverständlich, dass sie die Kosten für den Ausflug
selbst übernehmen würde, auch wenn sie dabei an ihre Ersparnisse gehen müsste.
Sie entschuldigte sich bei Lizzie dafür, dass sie ihre Unterrichtsstunde
verschoben hatte, und versprach, am folgenden Morgen damit zu beginnen, und
dann lehnte sie sich bequem zurück, um die Fahrt zu genießen.
Mrs. Middleton
fragte Harriet, ob die Zeitungen die Wahrheit berichteten und der Prince of
Wales wirklich plane, den Royal Pavillon in Brighton umzubauen und ihm indische
Türme aufzusetzen,
Harriet antwortete,
dass sie aus den Gesprächen der anderen Anstandsdamen entnommen habe, dass der
Prinz im Moment für chinesische Kunst schwärme, und dass sie gehört habe, dass
die königlichen Ställe und die Reithalle, die im Jahr zuvor fertig geworden
waren, wirklich wunderbar seien, Die Ställe hätten eine Kuppel von achtzig Fuß Durchmesser
und böten vierundvierzig Pferden in Boxen, die sich um den großen Kreis in der
Mitte herumgruppierten, Platz. Über den Pferdeboxen befänden sich die Räume für
die Pferdeknechte und das Zaumzeug. In der Mitte sei ein Brunnen mit
Trinkwasser für die Pferde. Man habe erzählt, die neuen Gebäude seien im
islamisch-indischen Stil erbaut; es könne deshalb gut sein, dass der
Prinz von seiner China-Schwärmerei wieder abgekommen sei.
Jenny, die nicht
daran gewöhnt war, frei mit Höherstehenden zu sprechen, sagte schüchtern, dass
es jetzt sicher zu sein schien, dass man den Prinzen zum Regenten machte.
Harriet stimmte ihr zu und erzählte noch mehr Geschichten, die sie gehört
hatte.
Lizzie saß da und
saugte alles gierig in sich auf. Miss Metcalfs Art, mit den Dienern umzugehen,
war so natürlich und ungezwungen, dass sie sich allmählich entspannten, auch
wenn sie alle darauf bedacht waren, ja nicht die Grenze zu überschreiten oder
sich irgendwelche Vertraulichkeiten herauszunehmen.
Es war alles sehr
aufregend. Sie rollten in rasantem Tempo auf der Landstraße nach Brighton dahin
und hielten an schmucken Poststationen an, um die Pferde zu wechseln und sich
mit einem Imbiss zu stärken. Nur Rainbird zweifelte allmählich daran, dass es
von Miss Metcalf richtig gewesen war, so großzügig zu sein, während er auf
seine geschickte Art mit den Pferdeknechten und Gastwirten verhandelte. Dave
und Joseph waren nämlich so entzückt davon, wie junge Gentlemen behandelt zu
werden, dass sie sich auch so aufführten, wie es ihrer Ansicht nach Gentlemen
taten - was bei Joseph nichts Ungewöhnliches war, aber bei Dave
beunruhigte. Wohlleben erzeugt Unzufriedenheit, wie Rainbird wohl wußte. Sie
waren alle einmal auf der Hochzeit eines früheren Mieters zu Gast gewesen aber
damals waren sie im Dienstbotentrakt des Landhauses untergebracht, und, obwohl
man nicht von ihnen erwartete, dass sie arbeiteten, als Diener erkennbar.
Aber an einem
sonnigen Frühlingstag nach Brighton zu reisen und sich in den teuersten
Poststationen an der Straße bedienen zu lassen, war ein zu starkes Gebräu für
einen, der so jung wie Dave war. Rainbird konnte nur froh sein, dass der
finstere Angus alles gleichgültig hinzunehmen schien und dass sich die
weibliche Dienerschaft gut benahm.
Sobald der erste
Blick auf das Meer möglich war, befahl Rainbird dem Kutscher anzuhalten. Die
Damen kletterten aus der Kutsche.
Lizzie stand mit
gefalteten Händen da, die Augen auf die große glitzernd blaue Meeresfläche
gerichtet, und sie war so erfreut uni bewegt, dass sie vor Glück ein bisschen
zu weinen begann, und Harriet fühlte ebenfalls, wie ihr die Tränen in die Augen
stiegen.
Es ist so
wundervoll, dachte Harriet, eine Weile mit diesen seltsam kameradschaftlichen
Dienern zu entfliehen, die Sorge um Sarah und Annabelle der fähigen Miss
Spencer zu überlassen und den verwirrenden und verzaubernden Marquis of
Huntingdon wenigstens einen Tag lang zu vergessen.
Als sie in Brighton
ankamen, schob Harriet das Fenster hoch und bat Rainbird, in einem, geeigneten
Gasthaus einen privaten Salon zu reservieren, wo sie sich alle zum Dinner um
vier Uhr treffen wollten. Harriet zog die frühe ländliche Dinnerstunde vor und
fand es schwierig, sich an die neue Londoner Mode zu gewöhnen, wo man sich erst
um sieben Uhr zum Dinner niederließ.
Rainbird entschloss
sich für >The Ship<. Er kümmerte sich um
Weitere Kostenlose Bücher