03 - Sarggeflüster
grauenhaft.“ Mrs. Dupree tätschelte meine Hand. „Sie sollte es mal mit Aloe Vera, Weizenmehl und Mayonnaise versuchen. Darauf hat meine eigene Mutter bei Verletzungen aller Art geschworen. Einfach vermischen, auftragen, oh, und mit einem Stück Speck bedecken. Nach vierundzwanzig Stunden ist man so gut wie neu.“
„Mom, sie braucht keine Hausmittel.“ Mandy senkte verschwörerisch ihre Stimme. „Sie ist ein Vampir.“
„Ach ja.“ Harriet wedelte mit der Hand, als ob es ihr gerade wieder eingefallen wäre. „Na, dann richten Sie ihr doch bitte liebe Grüße von uns aus, und sie soll sich recht bald wieder erholen.“
Ja, Mrs Duprees Anteil am Genpool der Familie war eindeutig zu erkennen.
Abgesehen davon, dass sie in Ohnmacht gefallen war und anschließend eine Überdosis Sahneteilchen zu sich genommen hatte, war sie so gefasst, wie es jede andere Mutter an ihrer Stelle auch gewesen wäre, deren Tochter im Begriff war, den Jackpot zu gewinnen.
„Also, das hier ist mein absoluter Verkaufsschlager“, verkündete Shirley, als sie sich mit einem Kleid umdrehte, das ihr förmlich aus den Armen quoll.
Es war weiß.
Es war mit Perlen besetzt.
Es war voller Spitze. Es war gruselig.
„Verkaufsschlager, was?“, fragte ich und beäugte das offenbar vielgefragte Kleidungsstück. Ich hatte nach wie vor den Geschmack von Wassermelonen im Mund und fühlte mich leicht benommen.
„Es ist toll.“ Mandys Augen leuchteten aufgeregt.
„Wunderhübsch“, erklärte Mrs Dupree. „Wirklich wunderhübsch.“ Sie tupfte sich mit einem Taschentuch die Tränen weg, die jetzt reichlich flössen. „Tut mir leid. Bei mir geht's im Augenblick gefühlsmäßig wirklich drunter und drüber, da meine einzige Tochter endlich heiratet.“
Das Wort endlich war mit ausreichend Nachdruck versehen, um einen kleinen Marschflugkörper abzuschießen. Mrs Dupree hatte im Alter von siebzehn Jahren geheiratet - und die Tatsache, dass ihre einzige Tochter inzwischen schon auf die siebenundzwanzig zuging, stellte eine unangenehme Situation für sie dar, die sie schon auf mehr als einem ihrer wöchentlichen Buchclubtreffen hatte erklären müssen.
Hmm. Wenn Harriet siebenundzwanzig für schlimm hielt, hätte sie an Stelle meiner Mutter sicher schon vor einer Ewigkeit den Löffel abgegeben. Die Frau entschuldigte sich jetzt schon seit vierhundertachtzig Jahren für das Versagen meiner Wenigkeit, war aber trotzdem nach jedem der monatlichen Treffen ihres Connecticut Huntress Club wirklich gut drauf.
Ich fühlte einen Anflug von Schuld, den ich rasch gegen ein Gefühl besten, tiefsten, altmodischen Entsetzens eintauschte. Immerhin ging es um Taft.
„Können wir noch ein paar andere Kleider sehen, bevor sie mit dem Anprobieren anfängt?“, fragte ich Jersey.
„Ahm, klar.“ Shirley ging zu ihrer Kleiderstange zurück, und ich wandte mich Mandy zu.
„Such dir einfach die aus, die dir gefallen und von denen du glaubst, dass du ohne sie nicht mehr leben kannst. Wir finden dann unsere Favoriten heraus, und die kannst du dann anprobieren.“
„Alles klar.“ Sie nickte energisch, wobei sie wie eine prämenstruelle Frau in der Süßwarenabteilung aussah. Kein gutes Zeichen für jemanden, der sein Geld damit verdient, Leichen zu bearbeiten. Aber der Hochzeitsvirus konnte jeden befallen, selbst das ernsthafteste, vernünftigste Lebewesen.
Das hatte ich aus erster Hand erlebt, als eine meiner besten Freundinnen, Nina Zwei von den berühmt-berüchtigten Ninas, erst letztes Jahr mit einem gebürtigen Vampir namens Wilson den vampirischen Bund für die Ewigkeit eingegangen war. Nina, ein Ausbund an Nüchternheit und Vernunft, hatte sieh in den Wochen vor der Bindungszeremonie in eine rasende Irre verwandelt. Sie hatte wahre Fressorgien veranstaltet, um die perfekten blauen Servietten zu finden. Und zwar himmelblau, und nicht indigo- oder kornblumenblau oder irgendeine andere Nuance. Ich persönlich hätte mich einfach für silbern entschieden und damit Feierabend, nicht aber Nina. Sie war fest entschlossen. Aufgeregt. Besessen.
Mein Blick wanderte zu Mandy und dem wahnwitzigen Leuchten in ihren Augen. Derselbe Fall. „Also, denk immer dran“, ermahnte ich sie. „Sieh dir das Kleid in allen Einzelheiten an. stell dir vor, wie du darin aussehen würdest. Die Verlierer sortieren wir sofort aus und die heißen Anwärter werden anprobiert.“
„Verstanden.“ Wieder nickte sie eifrig.
Shirley kam zu uns zurück und die Modenschau ging
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