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03 - Schatten Krieger

03 - Schatten Krieger

Titel: 03 - Schatten Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Stücke, die rasch unter der grauen Substanz verschwanden. Mittlerweile rieselten Gips und Mörtel aus einer Wand, an welcher der Rand der Fäulnis nagte. Auf der gegenüberliegenden Wand bildete sich ein ebenfalls rasch vergrößerndes Loch.
    Risse zuckten über die bemalte, vergoldete und mit Spiegeln versehene Decke, und immer mehr Scherben von vergoldetem Gips und versilbertem Glas fielen in glitzernden Kaskaden hinab, die rasch von dem Grau verschluckt wurden. Die Decke würde schon bald einbrechen. Und wenn dann erst eine der Wände verschlungen worden war, würde eine Kettenreaktion einsetzen und sich rasch verbreiten und immer mehr vom Palast zum Einsturz bringen.
    Jumil bekümmerte das nicht, denn diese Zerstörung gehörte zum Plan seines Gebieters. Er wollte den gewaltigen Abgrund überspannen, um endlich das uralte Unrecht wettzumachen und dieses Land seiner eigenen Domäne einzuverleiben, unbesiegbar, unteilbar und unwiderruflich.
    An der Stelle, auf der er stand, nicht weit von dem formlosen Hügel in der Mitte, bildete die graue Substanz eine harte, graue Fläche unter seinen Schuhen. Es stand jedoch noch eine andere Gestalt darauf, die von Kopf bis Fuß vom Grau umhüllt war. Sie ging darunter hin und her und trottete ständig am Rand der Substanz entlang. Jumil lächelte, als er Voriks Qualen sah, und sein Lächeln verstärkte sich, wenn der Hauptmann finster dreinblickte, wirkungslose Anrufungen formulierte, oder eine grau überzogene Faust in Jumils Richtung schüttelte. Seine ehemaliger Helfer hatte sich mit einem Mitglied seiner eigenen Herde verschworen, um die Konsequenzen des Schattenkeim-Rituals zu umgehen, indem er das Amulett tauschte und Zauber wirkte, die er aus Jumils persönlichen Notizbüchern abgeschrieben hatte. Weil dieser Narr die Sprüche, die er da wirkte, jedoch nicht vollkommen begriff, war er nun trotzdem gefangen. Er schien zwar innerhalb seiner Grenzen bemerkenswert frei zu sein, aber früher oder später, so vermutete Jumil, würde auch dor-Galyn gänzlich von der Substanz verzehrt werden.
    Doch Vorik stellte nur eine unbedeutende Ablenkung dar. Jumils Hauptaugenmerk lag auf den Sturmtoren. Seine Sinne nahmen die Ansicht und die Geräusche an den Orten der anderen vier Tore ebenso auf wie die an diesem. Aus Adnagaur und Oumetra erhielt er Bilder von Wachen, welche an den Rändern der Substanz patrouillierten. Sie befanden sich in beiden Fällen mitten in einer dicht mit Häusern und Lagerhallen bebauten Gegend. Ersteres lag unter einem düsteren Nebel, Letzteres in strahlendem Sonnenschein. In Alvergost, der geschliffenen Zitadelle im tiefsten Süden von Khatris, regnete es auf die graue Fäulnis, die sich aus der Enge eines zusammengebrochenen Hauses hinausgefressen hatte und bereits die umstehenden Häuser vernichtete, während zerlumpte Bewohner aus ihren baufälligen Hütten verängstigt zusahen.
    In Besh-Darok selbst sah Jumil diese Mogaun, die er bereits früher bemerkt hatte. Das war etwas Besonderes, jedenfalls so kurz nach den vier aufdringlichen Geisterwesen, derer er sich rücksichtslos entledigt hatte. Bis auf eines hatte er sie alle vernichtet. Aber diese Mogaun … Sie mussten Schamanen sein, nach ihrer kleinen Gestalt zu urteilen. Außerdem bemerkten sie sofort, wann er sie beobachtete, und entfernten sich augenblicklich aus seinem Blickfeld. Nahmen sie an der Wallfahrt zum Schrein des Gestalters teil, oder gehörten sie zum Gefolge eines Oberhäuptlings? Wenn dem so war, warum hielten sie sich dann immer noch in der Nähe auf?
    Jumil lächelte plötzlich. Das Wissen, dass nichts, was sie vermochten, den unaufhaltsamen Vormarsch dieses Leichentuches aufhalten konnte, wiegte ihn in Sicherheit. Im Gegenteil, schon bald würde er die nächste Phase des Schattenkeim-Rituals einleiten können. Sie erlaubte der grauen Fäule, sich schneller auszubreiten. Wenn es erst einen größeren Teil des Territoriums überzog und alles bedeckte, was sich darauf befand, lieferte ihm das den Rohstoff, den es brauchte, um die Sturmtore zu bilden. Sobald sie vollendet waren, konnte die wahre Eroberung beginnen.
    Ein Pfeil sauste in den zusammenbrechenden Raum und wurde von einem grauen Tentakel aus der Luft geholt, der aus der Substanz emporschoss. Andere Pfeile folgten. Einige flogen in Jumils Richtung, andere zielten auf Vorik, der mit den Armen winkte und lautlos einige Bogenschützen anzuschreien schien, die sich an dem Spalt in der Wand versammelt hatten. Jedes Geschoss, das

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