03 - Schatten Krieger
sammelte er die Heerscharen und die Seher um sich, die ihm treu ergeben waren, und ritt mit ihnen nach Süden. Noch bevor er diese Länder hier erreichte, waren jedoch viele aus seinem engsten Zirkel von seinen Taten und der Veränderung empört und verängstigt, die sich in ihm vollzogen hatte. Sie verließen ihn und berichteten uns alles, was sie wussten. Ihre Schilderung erlegte uns eine eindeutige Pflicht auf, auch wenn es eine schwere Pflicht ist.«
Ayoni nickte, während sie zuhörte. Offenbar war Huzur Marag der Wirt von mehreren Fragmenten des Herrn des Zwielichts.
Was für einen langen, fürchterlichen Schatten er über diese Länder wirft, dachte sie. Aber was kann ich gegen eine solche Kreatur ausrichten, und wie kann ich sichergehen, dass Jarryc und die anderen außer Gefahr sind? »Sagt mir, wie Ihr meinen Ehemann und meine Freunde beschützen wollt«, forderte sie Atroc auf. »Sie werden von zwei Schamanen und einer Hand voll Kriegern bewacht«, erklärte der geisterhafte Seher. »Mit einem der Schamanen habe ich gesprochen. Er hasst Huzur und ist bereit, sich gegen ihn zu stellen. Deshalb wird er die Gefangenen befreien, wenn ich es ihm befehle.«
»Und was ist mit Huzur Marag selbst? Die Macht des Brunn-Quell sickert ihm aus allen Poren. Wie könnt Ihr erwarten, dass ich ihm gefährlich werden könnte?«
Diesmal antwortete Pirak. »Er ist mächtig, das stimmt, aber er ist undiszipliniert«, erklärte der alte Schamane. »Wir sind zwar nicht so mächtig, aber wir sind listiger. Während wir seinen Zorn auf uns ziehen, schlagt Ihr zu. Er hat keine Abwehr gegen die Niedere Macht. Euer Angriff wird tödlich für ihn sein.«
Als er endete, herrschte erwartungsvolles Schweigen.
Das Atroc brach. »Ihr müsst das nicht für uns tun. Wir können Euch wieder zu den Hügeln bringen, wenn Ihr stattdessen versuchen wollt, Huzurs heimtückischen und sinnlosen Plan zu erfüllen.«
»Warum ist er sinnlos?«
Atroc lächelte überdrüssig. »Weil keine dieser grimmigen Armeen ihren Kurs ändern wird. Huzur hat insgeheim den Teil von Belkiol, der auf dem Festland liegt, geräumt, und den Hauptteil seiner Truppen auf das andere Ufer übergesetzt. Ilgarion wiederum hat seit seiner Ankunft begonnen, Kriegsmaschinen zu bauen, damit es so aussieht, als wollte er die Stadt angreifen. Ohne Huzurs Wissen jedoch hat er in der Nacht heimlich ebenfalls Truppen auf diese Seite geschickt.«
Das überraschte Ayoni. Ob ihr Ehemann bei dieser Taktik seine Hand im Spiel gehabt hatte? »Und was passiert jetzt?«, wollte sie wissen.
»Wer weiß das schon?« Atroc lachte heiser. »Genug Blut vergießen und Wahnsinn, um die Götter zu erfreuen, vielleicht? Sicher ist jedenfalls, dass Huzur noch heute eine Schar seiner brutalsten Krieger aussenden wird, die das Lager rund um die nächstgelegenen Belagerungsmaschinen überfallen sollen. Ilgarion wird einen solchen Schlag gegen seinen Stolz nicht ungesühnt lassen.«
Die Schamanen beobachteten Ayoni schweigend, während sie über Atrocs Worte nachdachte. »Ich brauche trotzdem die Gewissheit, dass mein Ehemann und die anderen überleben werden«, meinte sie dann. Atroc schwebte etwas näher zu ihr. »Wenn die Zeit gekommen ist, werde ich selbst nach Besh-Darok gehen, wo sie gefangen gehalten werden, und dafür sorgen, dass unser Spion nicht versagt.«
»Dann helfe ich Euch.« Ayoni sah die Mogaun-Schamanen der Reihe nach an. »Ich werde tun, was in meinen Kräften steht.«
Calabos fand Corlek Ondene auf dem Beobachtungsdeck am Heck der
Sturmklaue.
Es war eine breite, schmale Kammer auf dem dritten Achterdeck. Die schmalen Fenster gewährten einen Blick auf das Heck des Schiffes, auf das schäumende Kielwasser und die Möwen, die ihm kreisend folgten. Hier hörte man auch das verhaltene Stöhnen der merkwürdigen Kräfte, die das Schiff antrieben.
Calabos bückte sich und stützte sich neben Ondene auf den Sims des Fensters. Der ehemalige Hauptmann der Ehernen Garde wirkte merklich in sich gekehrt, seit Qothan und die anderen ihn an Bord gebracht hatten. Qothan hatte Calabos hinterher unter vier Augen verraten, dass es Ondene sichtlich verstört hatte, zu erfahren, dass die Essenz des Schattenkönigs immer noch in einem Winkel seines Verstandes hauste. Calabos wusste aus eigener Erfahrung, dass ein solches Wissen beinahe zwangsläufig zu finsteren Grübeleien führte, und hatte Ondene aufgesucht, um zu sehen, was in ihm vorging.
Eine Weile standen die beiden Männer schweigend
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