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03 - Schatten Krieger

03 - Schatten Krieger

Titel: 03 - Schatten Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Gezeiten die alten zu Staub zermahlen haben.« Plötzlich schienen seine eigenen Worte ihn zu verstimmen. »Kurzum, Herr Mazaret, einst waren wir die, welche dienten. Zu jener Zeit kannte man uns unter dem Namen Dämonenbrut.«

10
    In die grauen Schleier des Ozeans,
Dem riesigen Leichentuch der Welt,
Werfen wir Eure Haut und Eure Knochen,
Sicher in diesem ewigen Grabmal,
Gefangen in den eisigen Tiefen,
Zerfressen vom trostlosen Abgrund.
    RAIGAR MORTH, DIE SCHWIMMENDE FESTUNG, GESANG XXIII
    Die
Muräne
glitt nur langsam durch die Nebelbänke, obwohl sie jeden verfügbaren Fetzen Segeltuch gesetzt hatte, um die unbeständige Morgenbrise einzufangen. Die Mannschaft ging ihrer Arbeit nach, schoss die Seile auf, lotete mit dem Senkblei die Tiefe aus oder schrubbte die Decks. Doch der graue Schleier legte sich über ihre Aktivitäten und unterdrückte jedes Lachen ebenso wie alle Gespräche. Selbst das Knarren der Bäume und Sparren war gedämpft. Und der regelmäßige Schlag der Glocke der
Muräne
war kaum mehr als ein dumpfer Gong.
    Auf dem Ruderdeck lag Kapitän Bureng auf der zerschlissenen Bank aus Weidengeflecht, die man aus seiner Kajüte heraufgetragen hatte. Vor ihm lag auf einem stockfleckigen Kissen aus roter Seide der Kodex des Crevalcor, dessen vergilbte Seiten er mit einer Hand niederhielt, während er mit der anderen in regelmäßigen Abständen eine kurze Tonpfeife an die Lippen setzte, aus der er einen süßen, berauschenden Zug nahm. Während seine Augen die eckigen Buchstaben auf den zerknitterten Seiten überflogen, waren seine geschärften Sinne auf die nebligen Gewässer um ihn herum gerichtet, auf den Kurs der
Muräne
und auf die Stimmung seiner Mannschaft. Seine Absicht, die Reste von Hanavoks Flotte zu suchen, hatte abergläubische Angst in ihnen geweckt, und mittlerweile schnürte ein dichtes Netz aus Furcht sie ein.
    Was für Kinder!, dachte er. Selbst Flane und Logrum … allmählich begreife ich es. Ich werde euch schon noch dazu bringen, an mich und meine Bestimmung zu glauben, euch alle, letzten Endes. Er lachte leise. Doch zuerst muss ich Sejeend erobern, es meinem Willen unterwerfen und herausfinden, wer mich dorthin lockt… Er bekam plötzlich Durst und hob die Hand. Einen Augenblick später tauchte Rikken mit einem bronzeverzierten Humpen heißen Weines auf. Ein starkes Aroma stieg aus dem Gefäß auf, und Bureng nahm es Rikken ab. Er sog noch einmal an der Pfeife und stieß eine Rauchwolke aus, bevor er den Humpen an die Lippen setzte und einen tiefen Schluck trank. Der Wein ergoss sich wie ein glühendes Rinnsal in seinen Magen, und der Geschmack erschien ihm ungeheuer intensiv. Seit dieser Nacht in der Umbril-Bucht, in der ihm seine Bestimmung offenbart worden war, hatten seine Sinne sich ungemein verstärkt. Er konnte Tiefe und Schichten von Gerüchen, Geschmäckern und Klängen wahrnehmen, ja, er merkte sogar, wann jemand log, indem er nur seinen Worten lauschte und den Geruch seiner Haut aufsog.
    Aus diesem Grund verärgerten ihn die Unterhaltungen mit Flane, dem Kapitän der
Seeschlange
so sehr. Dieser Kerl log, wenn er nur den Mund aufmachte.
    Bureng leerte den Humpen und hielt ihn Rikken hin, damit er ihn erneut füllte. Dabei bemerkte er, dass sein Maat über seine Schulter auf das geöffnete Buch starrte. Ertappt zuckte Rikken zusammen und hätte Bureng den Becher beinahe wieder aus der Hand gerissen.
    »Entschuldigt, Käpt'n! Ich wollte nicht…!«
    »Schon gut, genug!« Bureng amüsierte das furchtsame Zittern des Mannes. »Bist von deinen Augen betrogen worden, was, Rikken? Du kennst also die Sprache der Grauen Eminenz?«
    »N… nein, Käpt'n!«
    »Hast du dann wenigstens genug Verstand, die Zeichen der uralten und vornehmen Othazi-Schrift lesen zu können?«
    Rikken schüttelte den Kopf.
    Bureng lächelte. Er war sich bewusst, dass alle Männer auf dem Ruderdeck zusahen und zuhörten. Also legte er seine gespreizte Hand auf die uralten Seiten des Kodex und tippte fünfmal sachte auf die eckigen, miteinander verschlungenen Zeichen, die er studiert hatte.
    »Crevalcor wusste es«, erklärte er. »Er war ein Nigromant des Brunn-Quell, der wusste, wie man die Macht anzapft, sie konzentriert, und er wusste auch, wie man die Toten zum Gehorsam zwingt…«
    Ein paar Schritte hinter ihm schüttelte sich der Steuermann am Ruder, während andere Fetzen nutzloser Gebete murmelten oder verstohlen irgendwelche Zeichen gegen böse Geister machten. Bureng nahm davon jede Einzelheit

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