03 - Sinnliche Versuchung
Teufel war sie ...
Es klopfte.
Er ging zur Tür und
riss sie auf. Mit raschelnden Röcken trat eine Frau ein und zog den Schleier
von ihrem Gesicht.
Auch wenn sie zehn
Jahre älter als er war, hatte das Alter kaum Spuren hinterlassen. Ihr Teint war
immer noch weiß und glatt, die Gesichtszüge fein. Allerdings waren an manchen
Stellen einige silberne Strähnen im Haar zu sehen. Sie war nach der neuesten
Pariser Mode gekleidet, und ihre zierliche, schlanke Figur konnte sich mit der
eines jungen Mädchens messen.
»Seien Sie gegrüßt, Madam!« Er führte sie in das Arbeitszimmer. »Ah, Sie haben etwas für
mich!«
Sie reichte ihm
eine kleine Schachtel. Ungeduldig nahm er den Deckel ab und entfernte die
Holzwolle. Seine Augen leuchteten auf, als er eine glänzende kleine Statue
herausnahm. Das Licht der Lampe spiegelte sich in der glatten, goldenen
Oberfläche.
»Prachtvoll!
Absolut prachtvoll!«
Seine Besucherin
nahm auf einem Stuhl ihm gegenüber Platz und strich ihre Röcke glatt.
»Dieses Stück ist
ein Vermögen wert.«
»Und das zahle ich
auch, für das hier und die anderen Dinge, die Sie mir noch bringen werden.«
»Ja«, sagte sie
neckend. »Aber ich frage mich nur, wie ein Mann wie Sie sich so etwas leisten
kann.«
»oh, ich bitte
Sie!«, ermahnte er sie. »Sie sollten mich nicht in diesem Licht sehen. Warum
sollten nur die Reichen ihren Leidenschaften frönen? Seit zwanzig Jahren träume
ich von solchen Schätzen. Ihr verstorbener Gatte Armand und ich teilten unsere
Faszination für die Kunstschätze Ägyptens. Wie großzügig von ihm, auch andere
an deren Schönheit teilhaben zu lassen! Und seine Sammlung einem Museum zu
stiften. Ich bin da weniger großherzig.«
»Gegen Ihre
Leidenschaft habe ich nichts einzuwenden«, sagte die Besucherin kühl, »sondern
wie Sie damit umgehen.«
»Ah, die Rolle, die
Sie dabei spielen? Seien Sie nicht so kleinlich! Einige gestohlene Stücke aus
den Gräbern der Alten, die sonst auf dem Kunstmarkt gelandet wären! Ich kann
mich wohl kaum mit privaten Sammlern oder den Einkäufern der Museen
vergleichen, oder? Ein Glück für mich, dass Sie weiterhin mit Francois, dem Assistenten
des Kurators, befreundet sind.«
»Ja«, sagte sie
kurz, »und ich muss ihn dafür bezahlen.«
Die Augen des
Sammlers flackerten. »Ich fürchte, es hat ein kleines Problem gegeben.«
Ihre Augen blitzten
auf. »Wir haben eine Abmachung getroffen!«
»Und sie wird
eingehalten«, erklärte er gereizt. »Es ist nur eine Verzögerung bei der
Übergabe der Gelder eingetreten.«
»Der Übergabe der
Gelder«, wiederholte sie.
Roxburys
Gesichtsausdruck wurde hart. »Dieser verdammte Straßenräuber, die Elster, hat
mich ausgeraubt«, sagte er zornig. »Und Francois bestand auf Gold.«
»Ich verstehe.
Vielleicht könnte es das nächste Mal bei der Übergabe Ihrer Ware zu einer
Verzögerung kommen.«
»Es ist nicht sehr
klug, mir zu drohen, Madame. Sie wissen, mit wem Sie es zu tun haben.
Keiner von uns will verlieren, was er hat.« Mit einem Finger strich er über den
Kopf der Statuette. Wieder ruhten die Augen voller Bewunderung auf ihr, bevor
er sich seinem Gast zuwandte. »Wir beide haben sehr viel zu gewinnen. Wie Sie
sagten, die Abmachung bringt beiden Vorteile.«
Sie reckte das
spitze Kinn nach oben. »Ich habe es nicht darauf abgesehen, davon zu
profitieren.«
»Oh, aber natürlich
haben Sie das«, widersprach er. »Und Sie wissen, was geschieht, wenn Sie
versuchen, mich zu täuschen. Ein Wort von, mir und Sie werden sich in ganz
Europa nicht mehr blicken lassen können. Ihr Geheimnis wird aufgedeckt. Der
Besitz, den Sie geerbt haben, wird verloren sein. Ihre Ehe mit Armand Lemieux
wird für ungültig erklärt werden, wenn ich verrate, dass Sie bereits einen
Ehemann hatten! Sie werden alles verlieren, was Sie durch den Tod von Lemieux
gewonnen haben. Ihr jetziges Leben wird damit ein Ende haben.«
»Ich habe Armand
geliebt!«
»Und Sie haben
geliebt, was er Ihnen geboten hat. Aber jetzt bin ich neugierig. Was ist mit
meinem Bruder? Was ist mit James? Haben Sie auch ihn geliebt? Er ist
gestorben, Madame. Er ist ertrunken und Sie sind am Leben geblieben. Ich
kannte Ihren Plan. Ich habe mich immer gefragt, warum Sie sich einen Roxbury
ausgesucht haben, einen Mann, der nicht zu den oberen Zehntausend gehört.
Obwohl sich James immer als Mann von Welt gegeben hat. Ich räume ein, dass er
mich gelehrt hat, die feineren Dinge des Lebens zu schätzen.« Mit den
Fingerspitzen strich er
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