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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Boden wuchs, die schlecht ausgelöschte Spur eines indianischen Mokassins. Die Stellung des Fußes gab uns die Richtung an, in welcher der Weg fortgesetzt worden war.
    In dieser Richtung fanden wir bald weitere Anhaltspunkte und endlich erkannten wir, daß die Leute hier ganz außerordentlich langsam vorwärts gekommen waren. Nach langer Zeit wurden die Spuren wieder deutlicher. Man hatte die Pferdehufe von der Umhüllung befreit und schließlich sahen wir ganz deutlich, daß neben den Pferden Indianer zu Fuß gegangen waren.
    Das war wunderbar und gab mir zu denken, bis Winnetou plötzlich sein Pferd anhielt, in die Ferne blickte und eine Gebärde machte, als ob er sich auf etwas besinne.
    „Uff!“ rief er. „Die Höhle des Berges, welchen die Weißen Hancock nennen!“
    „Was ist's mit ihr?“ fragte ich.
    „Winnetou weiß jetzt alles! In dieser Höhle opfern die Sioux ihre Gefangenen dem großen Geist. Diese Ogellallah haben sich geteilt. Der große Teil reitet nach links, um die zerstreuten Truppen seines Stammes herbeizurufen, und der kleine Teil bringt die Gefangenen zur Höhle. Man hat mehrere auf ein Pferd geladen, und die Ogellallah laufen nebenher.“
    „Wie weit ist dieser Berg von hier?“
    „Meine Brüder werden ihn des Abends erreichen.“
    „Unmöglich! Der Berg Hancock liegt ja zwischen dem oberen Snake- und dem oberen Yellowstone-River!“
    „Mein weißer Bruder mag bedenken, daß es zwei Berge Hancock gibt!“
    „Kennt Winnetou den richtigen?“
    „Ja.“
    „Und auch die Höhle?“
    „Ja. Winnetou hat mit dem Vater von Ko-itse in dieser Höhle einen Bund geschlossen, den dieser Ogellallah dann brach. Meine Brüder werden mit mir diese Fährte verlassen und sich dem Häuptling der Apachen anvertrauen!“
    Er gab, als sei er seiner Sache ganz gewiß, seinem Pferd die Sporen und sprengte im Galopp davon, wir ihm nach. Es ging eine geraume Zeit durch Täler und Schluchten, bis plötzlich die Berge auseinandertraten und eine ebene Grasfläche vor uns lag, welche nur am fernen Horizont von Höhen eingefaßt zu sein schien.
    „Das ist J-akom akono, die ‚Prärie des Blutes‘ in der Sprache der Tehua“, erklärte Winnetou, ohne in seinem schnellen Ritt anzuhalten.
    Das war also die fürchterliche Prärie des Blutes, von der ich so viel gehört hatte! Hierher hatten die vereinigten Stämme der Dakota ihre Gefangenen gebracht, losgelassen und zu Tode gehetzt. Hier waren Tausende von unschuldigen Schlachtopfern den Tod des Pfahles, des Feuers, des Messers, des Eingrabens gestorben. Hierher wagte sich kein fremder Indianer oder gar Weißer, und wir ritten über diese Ebene des Fluches so unbesorgt, als ob wir uns auf dem friedlichsten Boden befänden. Unser Führer dabei konnte nur ein Winnetou sein!
    Schon begannen unsere Pferde vom Jagen zu ermüden. Da hob sich vor uns langsam eine isolierte Höhe empor, welche aus mehreren zusammengeschobenen Bergen zu bestehen schien. Wir erreichten den mit Wald und Buschwerk besetzten Fuß derselben und ließen dort die Pferde rasten.
    „Das ist der Berg Hancock“, bemerkte Winnetou.
    „Und die Höhle?“ fragte ich.
    „Sie ist auf der andern Seite des Berges. In einer Stunde wird sie mein Bruder sehen. Er folge mir, lasse aber seine Gewehre zurück.“
    „Ich allein?“
    „Ja. Wir sind hier am Ort des Todes. Nur ein fester Mann wird bestehen. Unsere Brüder mögen sich unter den Bäumen verbergen und warten!“
    Der Berg, an dessen Fuß wir uns befanden, war ein vulkanisches Gebilde von der Breite von vielleicht dreiviertel Stunden. Ich legte die Büchse und den Stutzen ab und folgte Winnetou, welcher an der westlichen Seite des Berges emporzusteigen begann. Er hielt in kurzen Schlangenlinien nach dem Gipfel zu. Es war ein sehr beschwerlicher Weg, und mein Führer legte ihn mit einer Vorsicht zurück, als ob er hinter jedem Strauch einen Feind zu erwarten habe. So dauerte es wirklich eine Stunde, bis wir ganz oben an der Spitze anlangten.
    „Mein Bruder sei ganz still und unhörbar!“ flüsterte er, indem er sich auf den Bauch legte und zwischen zwei Büschen langsam hindurchkroch.
    Ich folgte ihm und – wäre beinahe ganz erschrocken zurückgewichen, denn kaum hatte ich den Kopf durch die Zweige gesteckt, so erblickte ich grad vor meinem Gesicht den trichterförmigen, steilen Abgrund eines Kraters, dessen Rand ich mit der Hand erreichen konnte. Dieser Abgrund war nur mit einzelnen Sträuchern bestanden und wohl an die hundertundfünfzig Fuß

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