03 - Winnetou III
kurz und bündig über diese Leute richten.“
Der Neger brachte nun Conchez und den Hauptmann herbei. Auch Hoblyn kam nach. Er hatte sich bisher besser gehalten, als es einem Stakeman zuzutrauen war.
„Wer soll sprechen?“ fragte Bernard.
„Charley, du!“ meinte Sam.
„Nein. Wir sind hier alle Partei, nur Winnetou ist unberührt. Er ist ein Häuptling der Prärie und soll das Wort haben!“
Alle waren einverstanden. Der Apache neigte zustimmend sein Haupt.
„Der Häuptling der Apachen hört reden den Geist der Savanne; er wird sein ein gerechter Richter über die Söhne der Bleichgesichter. Meine Brüder mögen nehmen ihre Waffen, denn nur Männer dürfen richten über die Gefangenen!“
Das war so indianische Sitte, und wir folgten ihm. Er begann:
„Wie ist der Name dieses Weißen?“
„Hoblyn“, antwortete Sam.
„Was hat er getan?“
„Er war ein Stakeman.“
„Haben meine Brüder gesehen, daß er tötete einen ihrer Männer?“
„Nein.“
„Hat er freiwillig gesagt, daß er ein Mörder ist?“
„Nein.“
„Wem hat er bisher geholfen, den Stakemen oder meinen Brüdern?“
„Uns.“
„So mögen meine Brüder richten mit dem Herzen und nicht mit der Büchse. Winnetou wünscht, daß dieser Mann frei sei, aber nicht wieder gehe zu den Stakemen!“
Wir stimmten alle bei, und der Ausspruch des Apachen hatte so sehr meine eigene Ansicht getroffen, daß ich die Büchse und das Messer Fred Morgans ergriff und beides Hoblyn hinreichte.
„Nehmt! Ihr seid frei und dürft also wieder Waffen tragen.“
„Ich danke Euch, Sir!“ meinte er freudig. „Ihr sollt Euch in mir nicht täuschen!“
Es war ihm anzusehen, daß er den guten Willen hatte, dieses Versprechen zu erfüllen. Winnetou fuhr fort:
„Wer ist dieses Bleichgesicht?“
„Der Anführer der Stakemen.“
„Das ist genug; er soll sterben! Denken meine Brüder anders?“
Keiner sagte ja; das Urteil war also bestätigt.
„Und wie heißt dieser Mann?“
„Conchez.“
„Das ist ein Name, wie ihn tragen die falschen Männer des Südens. Was war er?“
„Ein Stakeman.“
„Was wollte er hier? Er wollte betrügen seine eigenen Gefährten um den Schatz; er hat zwei Seelen und zwei Zungen; er möge sterben!“
Auch jetzt erhob sich keiner zur Verteidigung des Angeklagten. Winnetou fuhr fort:
„Aber nicht von der Hand eines braven Mannes sollen sie sterben, sondern von der Hand dessen, der selbst gerichtet wird. Wie heißt dieser Mann?“
„Patrik.“
„Man nehme ihm die Fesseln ab. Er mag werfen die Stakemen in das Wasser, denn keine Waffe soll berühren ihren Körper, sondern sie mögen im Wasser ertrinken.“
Bob band ihn los, und während wir ihn vor den Läufen unserer Büchsen behielten, vollbrachte er den ihm gewordenen Befehl mit einer Bereitwilligkeit, wie sie nur der wirklich hartgesottene Sünder zeigen kann. Er sah sich verloren, und es war ihm ganz sichtlich eine Genugtuung, vorher an seinen früheren Gefährten den Henkerdienst zu verrichten. Diese waren so fest gebunden, daß sie sich nicht im mindestens zu wehren vermochten. Sie versuchten dies auch gar nicht, und dennoch mußte ich mich abwenden; ich konnte den Blick unmöglich auf die Stätte richten, welche zwei Menschen eines zwar zehnfach verdienten, aber immerhin gewaltsamen Todes sterben sehen sollte.
In zwei Minuten war es vorüber. Patrik ließ sich wieder binden; es gab ja keine andere Wahl für ihn.
„Wer sind nun diese zwei Bleichgesichter?“ fragte Winnetou.
„Sie sind Vater und Sohn.“
„Wessen klagen meine Brüder sie an?“
„Ich klage sie an des Mordes an meinem Weib und meinem Kind“, antwortete Sam.
„Ich klage den Vater an des Raubmordes an meinem Vater“, fügte Bernard hinzu.
„Und ich klage an den Vater des Raubüberfalles eines Bahnzuges und des Mordes eines Bahnbeamten“, beendigte ich. „Ich klage den Sohn an des Mordversuches an mir und Euch. Es ist genug, wir brauchen das übrige nicht zu rechnen!“
„Mein weißer Bruder hat recht gesagt: es ist genug. Sie sollen sterben. Der schwarze Mann möge sie töten!“
„Halt!“ rief da Sam. „Das gebe ich nicht zu. Ich bin ihnen gefolgt seit vielen Jahren; das, was sie mir getan haben, ist ihr ältestes Verbrechen; sie sind mein, und ich lasse sie keinem andern. Ihr Leben gehört mir, und ihre Kerben kommen auf meine Büchse. Dann ist Sans-ear zufrieden, und er und seine alte Tony mögen Ruhe finden in irgendeiner Kluft des Gebirges oder draußen in der
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