030 - Bei den drei Eichen
keine Verbrecherin!«
»Da ich das ja auch gar nicht behauptet habe, darfst du diese mörderischen Blicke ruhig unterlassen und dich daran erinnern, daß mir jede Gewalttätigkeit außerordentlich verhaßt ist. Du siehst aus, als ob du mich gleich verprügeln wolltest!«
»Soc, alter Junge, es ist doch absolut unmöglich! Sie hätte doch niemals den schweren Mann forttragen können! Ein absurder Gedanke!«
»Was das betrifft, so frage ich mich, wie das überhaupt jemand hätte fertigbringen können, wenn Mandle sich gewehrt hat. . . Jedenfalls ist aber das rätselhafte Signalisieren jetzt eindeutig aufgeklärt!«
»Aufgeklärt?«
»Natürlich. Es war Jetheroes Botschaft an Miss Molly. Daß er sie seit mehreren Tagen nicht gesehen haben will, ist gelogen. Ich bin im Gegenteil fest davon überzeugt, daß sie erst gestern zusammen waren, denn die beiden aufgefundenen Schuhe sind dieselben, die sie bei unserer Ankunft getragen hat.«
»Bist du sicher?« Lexingtons Frage klang etwas ungläubig.
»Absolut sicher. Ich erinnere mich besonders an die originellen Schnallen. Ohne Zweifel war sie in der letzten Nacht in Jetheroes Haus. Ich maße mir nicht an, den Grund ihres Besuches zu kennen; aber jedenfalls ist sie seiner Botschaft gefolgt.«
In Lexingtons Augen trat ein erleichtertes Lächeln.
»Soc, du bist doch eine Eule! Wie konnte Molly das Lichtsignal sehen, wenn ihr Schlafzimmer auf der anderen Seite des Hauses liegt?«
Das war ein Schlag für Socs Theorie.
»Da hast du recht«, gab er zu. »Aber wissen wir denn, ob sie sich zu dieser Zeit in ihrem Schlafzimmer aufgehalten hat? Vielleicht hat sie im Garten auf das Zeichen gewartet!«
»Von dort hätte sie den Lichtschein nicht bemerken können. Du kannst die Weiße Villa nur vom äußersten Ende des Rasens oder von den Fenstern der oberen Stockwerke aus erblicken.«
»Das wirft meine Annahme allerdings um«, gestand der Ältere. »Lex, ich glaube doch, daß etwas von einem Kriminalisten in dir steckt, wenn du auch eben nur eine sehr einfache Tatsache festgestellt hast! Aber wem, zum Donnerwetter, hat dann Jetheroes Botschaft gegolten?«
»Vielleicht Mandle?«
»Wohl kaum . . . Ah, da kommt unser Inspektor, dem wir nun Miss Templetons Abwesenheit erklären müssen.«
Sein Bruder runzelte die Stirn.
»Können wir ihm denn nicht sagen, daß sie gestern Abend nach London gefahren ist?«
»Und wenn Miss Templeton ebenfalls einem Anschlag zum Opfer fiel?«
»Großer Gott!« Lexington wurde blaß. »Ist das dein Ernst?«
»Die Möglichkeit dürfen wir jedenfalls nicht von der Hand weisen, und daher rate ich, ihm nichts zu verheimlichen.«
Siebenundzwanzig Jahre Dienst hatten Inspektor Mallet gegen Überraschungen abgestumpft, und er hörte den Bericht von Mollys Verschwinden ruhig bis zu Ende an.
»Unglaublich...! Ich habe bereits die Polizei in Hindhead und Haslemere telefonisch informieren lassen, so daß uns für das Absuchen des Geländes alle nur irgend abkömmlichen Beamten zur Verfügung stehen. Der von Ihnen gefundene Schuh gehört also . . .«
»Miss Templeton - Mr. Mandles Stieftochter!«
Offensichtlich verübelte der Inspektor das kleine Täuschungsmanöver nicht, denn ohne ein Wort darüber zu verlieren, brach er auf, um Mr. Jetheroe zu verhören.
»Jetzt erst den Fingerabdruck«, sagte Socrates und schrieb eiligst einen Brief an Scotland Yard, dem er das Blatt aus seinem Notizbuch beilegte. »Natürlich kann die Nachforschung fruchtlos verlaufen, aber das müssen wir in Kauf nehmen.«
»Also, meinst du, daß Jetheroe der Polizei bekannt sein könnte?«
»Möglich ist es schon!«
Socrates warf einen Blick auf die Uhr, die zu seiner Überraschung noch nicht ganz neun zeigte. Wieviel war doch in der kurzen Zeitspanne von zweieinhalb Stunden geschehen. .. !
Sie hatten nicht lange zu warten, bis das kleine Wägelchen des Inspektors wieder in die Einfahrt ratterte.
»Jetheroe weiß nichts, Mr. Smith«, berichtete Mallet. »Seine Aussage ist nur insofern wichtig, als sie den Zeitpunkt des Verbrechens ziemlich genau festlegt.«
»Sie meinen den Schuß, den er gehört hat?«
Der Inspektor nickte. »Jetzt möchte ich zu Mr. Stein fahren. Wollen Sie mich begleiten?«
»Ist denn genügend Platz für uns alle?« fragte Socrates, worauf Mallet, der nicht wenig stolz auf sein winziges Fahrzeug war, prahlerisch erzählte, wie er vor einigen Monaten, anläßlich eines Einbruchs in der Nachbarschaft, glatt sieben Beamte in ihm untergebracht
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