030 - Bei den drei Eichen
und wie er ins Haus gekommen war. Das sah er wohl selbst ein und gab es auch freimütig zu.
»Ich habe mich seit heute morgen daran gewöhnt, hier zu gebieten«, lächelte er gutmütig, »und ich will in dieser Rolle nur noch einen Augenblick fortfahren, um Sie zu bitten, Platz zu nehmen. Sie kennen Mr. Stein wohl schon?«
»Wir sind uns vor etwa sechzehn oder achtzehn Jahren in London begegnet. Erinnern Sie sich daran, Mr. Stein?«
Bob Stein verbeugte sich leicht, und Socrates gestand sich ein, daß seine Kenntnis von Jetheroes Vergangenheit durch das stumme Eingeständnis des Mannes erheblich an Wert verloren hatte.
»Ich bin gekommen, um Sie zu mir einzuladen, Molly, da es Ihnen sicher davor graut, die Nacht hier zu verbringen.«
»Ja, ich möchte keinesfalls hierbleiben. Aber ich habe mir schon ein Zimmer im Dorfgasthaus bestellt.«
»Das war sehr klug von Ihnen gehandelt«, lobte Stein.
Langsam wanderten Jetheroes Augen von einem zum anderen, und wieder erhellte das warme Lächeln seine Miene, als er aufstand und sagte: »Ich fürchte, ich kam in einem ungeeigneten Moment und habe eine interessante Unterhaltung unterbrochen. Gute Nacht, Molly!«
»Gute Nacht, Mr. Jetheroe.« Ihre beiden Hände griffen zärtlich nach der seinen.
Auch Bob Stein verabschiedete sich. Doch bevor er ging, nahm er Socrates beiseite.
»Ich komme morgen früh wieder und werde Ihnen bei der Suche nach Johns Tagebüchern helfen. Die können möglicherweise manches klären, was uns jetzt so geheimnisvoll vorkommt. Wenn Sie wollten, würde ich Ihnen auch heute Nacht helfen, aber ich glaube, daß Sie das Tageslicht für diese Arbeit vorziehen.«
»Wir werden den Schreibtisch, wenn nötig, in Stücke schlagen.«
»Glauben Sie nicht, daß die Tagebücher auch woanders versteckt sein könnten?«
»Ich glaube eher an ein Geheimfach. Dieses altmodische, ungefüge Möbelstück könnte innen wie eine Honigwabe mit Höhlungen ausgestattet sein.«
»Nun gut, ich bin um neun Uhr hier.« Stein blickte über die Schulter zu dem Mädchen hin. »Ob Molly schon ins Gasthaus gehen möchte?«
»Wahrscheinlich nicht - jedenfalls werde ich selbst sie hinbringen«, versicherte Socrates heuchlerisch; er wußte ganz genau, daß nur ein einziger Begleiter für Molly Templeton in Frage kommen würde.
Dann ließ er die jungen Leute allein und widmete sich von neuem John Mandles Papieren, ohne aber auf irgend etwas Wichtiges zu stoßen. Erfolglos tastete und klopfte er den alten Schreibtisch nach Geheimfächern ab. Wo waren nur diese Tagebücher . . .? Ein zufälliger Blick auf die Uhr zeigte ihm zu seinem Erstaunen, daß es schon elf war.
»Hallo, ihr jungen Leutchen, wißt Ihr, wie spät es ist...?« rief er und trat ins Wohnzimmer. »Das Gasthaus wird inzwischen geschlossen haben.«
»Ich habe es mir überlegt, ich bleibe doch hier«, verkündete Molly ein wenig hastig.
Verwundert blickte Socrates die beiden an. Jugend...! Jugend, völlig gleichgültig gegen alles außer ihrer Herzensaffäre - ein neues Erlebnis für Socrates Smith. Er schmunzelte.
»Was amüsiert dich denn, Soc?«
»Na... so gewisse Gedanken! Und nun, Miss Templeton, schicke ich Sie als guter Onkel zu Bett!«
»Ich habe wirklich nicht geahnt, daß es schon spät ist«, meinte sie etwas verwirrt. »Gute Nacht, Mr. Smith. Gute Nacht, Lexington.«
Oho, ›Lexington‹! dachte der Ältere.
Anscheinend war es für Molly Templetons Seelenfrieden erforderlich, daß Lex sie bis zur Treppe geleitete, um dort noch Dinge von äußerster Wichtigkeit zu besprechen.
»Nun«, erkundigte sich Socrates, als sein Bruder wieder erschien, »habt ihr die Angelegenheiten der Welt geordnet?«
»Meiner Welt!« erwiderte Lexington kühn.
»Du baust also eine neue Welt auf?« kam es spöttelnd zurück. »Eine Welt nur für zwei, wie? Die übrige Menschheit dient nur zur Staffage in der Landschaft . . .! Sie ist wirklich ein sehr liebes Mädchen, Lex.«
»Sie ist das beste Mädchen der ganzen Welt!«
»Das würde ich nicht sagen, wohl aber, daß sie für einen bestimmten Jemand das beste Mädchen der Welt ist. Na, nun kannst du dich ja ruhig zu Bett begeben.«
»Bist du mit deiner Arbeit fertiggeworden?« fragte Lex, der froh war, von dem Thema Molly Templeton loszukommen.
»Für heute, ja. Morgen werden wir den alten Schreibtisch auseinander nehmen und ihn um und um drehen. Ich möchte wissen, ob Jetheroe etwas gehört hat!«
»Als er vor der Tür stand?«
Socrates nickte. »Wir hatten
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