0300 - Die Messermörder von Manhattan
Greenwich Street und in der Hudson Street auf Posten sein würden. Die Stadtpolizei war benachrichtigt worden, sollte aber aus dem Spiel bleiben.
Es war alles so geregelt, dass nach menschlichem Ermessen nichts schief gehen konnte.
Um halb eins kamen Phil und ich an.
Wir hatten uns so angezogen, dass wir nicht auffallen konnten und hatten uns die beiden dem New Yorker Distrikt zugeteilten Beamtinnen Elsa Slaughter und Jane Nassau als Begleitung mitgenommen.
Wir spielten die Rollen aufmerksamer Kavaliere.
Amalides kam von Zeit zu Zeit zum Vorschein, um eine Verbeugungstour durch das gut besetzte Lokal zu machen. Aber er war so nervös, dass es auffallen musste.
»Wenn der Bursche uns weiszumachen versucht, er verdiene in der ganzen Woche keine fünfhundert Dollar, so ist das eine bodenlose Frechheit«, sagte Phil. »Sieh da!« Mein Freund blickte interessiert zum Eingang. »Sind das nicht unsere lieben Bekannten von neulich?«
Tatsächlich, sie waren es. Da war die dicke, lila getönte und mit Edelsteinen behängte »Ma«. Da war das Mädchen Vilma und da war der schwarzhaarige Messerheld mit den Schlitzaugen und dem fliehenden Kinn.
Sie benahmen sich so großspurig, als ob der ganze Laden ihnen gehöre, setzten sich an einen Tisch in der Mitte des Barraumes, und die Dicke studierte die Getränkekarte, um dann französischen Champagner zu bestellen. Ich nahm mir vor, Vilma heute nicht entwischen zu lassen. Ich verabredete mit Phil, dass ich den dreien, sobald sie gingen, folgen würde.
Vorläufig aber warteten wir.
***
Es wurde halb drei.
Die ersten Gäste brachen auf. Nur ein paar Unentwegte zechten, lachten und flirteten weiter.
An der Bar saßen drei Gestalten, die wahrscheinlich zu betrunken waren, als dass sie es gewagt hätten, von den Hockern zu klettern.
Auch die lila getönte Dicke, ihr Enkel und Vilma hatten bis jetzt ausgehalten.
Um zwei Uhr fünfundvierzig winkten sie dem Kellner, zahlten und erhoben sich, um hinauszugehen.
Auch ich stand auf.
Ein Knall, wie ein Kanonenschlag, erschütterte in diesem Augenblick den Raum. Ein zweiter, ein dritter und ein vierter folgten.
Schreie, das Klirren zerbrechender Gläser, das Poltern umfallender Tische und Stühle.
Der Raum war mit einem übel riechenden, gelben Qualm gefüllt.
Am Ausgang ballte sich ein kämpfender Klumpen von Menschen zusammen. Abendkleider hingen in Fetzen um hysterisch kreischende Frauen, und Männer gebrauchten ihre Fäuste.
Es war ein höllisches Chaos.
Dann ertönte aus den Wirtschaftsräumen eine zweite Explosion. Aber sie klang anders, schärfer und härter.
Ich sah wie Phil, gefolgt von unseren beiden Kolleginnen, nach hinten stürmte. Ich versuchte, auf die Straße zu kommen. Ich wollte Vilma und ihre beiden Begleiter verfolgen und diesmal nicht aus den Augen verlieren.
Glücklicherweise war der Rahmen der Eingangstür dem Ansturm nicht gewachsen. Er gab nach. Die großen Spiegelscheiben zersplitterten, und der Strom von Menschen ergoss sich auf die Clarkson Street.
Schon rannten ein paar Cops heran, und die Sirene eines Streifenwagens jaulte von der Greenwich Street herüber. Beides kümmerte mich nicht.
Ich war ziemlich ramponiert. Die Krawatte hing lose herab, der oberste Knopf meines Hemdes war abgerissen, und die Haare hingen mir wirr in die Stirn. Ich hielt Ausschau nach den drei Leuten, für die ich mich so stark interessierte.
Aber zu den Flüchtenden gesellten sich Hunderte von Neugierigen, die trotz der späten Stunde aus Bars, Kneipen und Haustüren quollen und Maulaffen feilhielten.
Endlich sah ich Vilma. Sie hatte sich in eine Haustür gedrückt. Ihr hellblaues Kleid war zerknautscht und über der linken Schulter zerrissen. Ihr Gesicht war weiß vor Schreck.
Sie war allein.
Ich trat auf sie zu.
»Hallo, Vilma«, redete ich sie an, »kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
Ihre Augen wurden rund und groß vor Erstaunen, als sie antwortete:
»Gewiss, ich bin für jede Hilfe dankbar. Ich habe meine Gesellschaft verloren und ebenso mein Täschchen mit dem Geld. Aber woher kennen Sie mich?«
»Das sage ich Ihnen gleich. Erst werden wir einen Drink nehmen.«
Ich fasste sie am Ellbogen und führte sie aus dem Gedränge und um die Ecke in die Leroy Street. Dort lag die Bar Old Jim. Jim war ein guter Bekannter von mir.
Außer uns war nur noch ein einziger Gast vorhanden, der am Bartisch hockte, den Kopf auf die Unterarme gelegt hatte und schlief.
Ich verfrachtete Vilma in eine Ecke und fragte sie, was
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