0301 - Todestrunk im Whisky-Keller
wieder, in der kurze Zeit darauf Paul Bryan erdrosselt wurde. Nur Greenwood hatte außer dem Reedereibesitzer den Salon verlassen. Ich weiß nicht, Jerry, wie die Presse auf eine Freilassung reagieren würde.«
Ich nickte. »Das habe ich alles bedacht, Chef! Ich gehe von folgender Überlegung aus. Der Mörder hat es verstanden, im Fall Bell alle Verdachtsmomente auf Nick Moreno zu wälzen. Vielleicht ist es im Fall Williams und Bryan genauso? Wer ständig Umgang 40 mit dem Architekten hat, kann natürlich auch seine Schuhe getragen haben. Greenwood trägt fast immer diese Schuhe, Mr. High. Der Mörder kann also ebensolche Schuhe kaufen und das Profil in der gleichen Art beschädigen.«
»Sie spielen also mit der Theorie, jetzt in Greenwood das unschuldige Opfer des wahren Mörders zu sehen?«
»Ich bin mir nicht sicher, Chef, aber ausgeschlossen ist es nicht.«
Mr. High zögerte. »Aber außer Greenwood und Bryan war niemand hinausgegangen, Jerry, abgesehen von dem Dienstmädchen, das ja wohl für die Tat nicht infrage kommt.«
Ich druckste herum. »Mr. High, ich muss Ihnen ein Geständnis machen. Alle Verdachtsmomente zielten so eindeutig auf Greenwood hin, dass ich gar nicht auf den Gedanken kam, nach anderen Spuren zu suchen. Kann der wahre Mörder nicht durch ein offen stehendes Fenster eingedrungen sein und das Haus nach dem Mord auf dem gleichen Weg wieder verlassen haben? Ich weiß, was diese Theorie bedeutet. Nur ein Vertrauter des Architekten konnte wissen, dass dieser zur Verlobung Gordons erscheinen würde. Er müsste sich also einen Mörder gedungen haben und diesem Eingang ins Haus verschafft haben. Dabei ist noch nicht einmal sicher, dass Greenwood in Verdacht gebracht werden sollte. Nach der Ermordung Bryans ergab sich die Gelegenheit eben, den Architekten zu belasten. Greenwood scheint mir einfach nicht der Typ eines derart brutalen Mörders zu sein. Darum möchte ich ein Experiment wagen: Greenwood entlassen. Ich setze jemanden auf seine Spur. - Ebenso werde ich Bobby Stack und Gordon überwachen lassen. Stack, Greenwood oder Gordon. Einer von ihnen ist der Mörder, Sir. Einer von ihnen wird auch das nächste Opfer sein. Dann allerdings müsste die Mordserie zu Ende sein, denn einen Nebenbuhler muss der Mörder leben lassen, um nicht allein verdächtig zu sein. Da ich alle drei bewachen lasse, hoffe ich, den letzten Mord zu verhindern und gleichzeitig den wahren Täter zu stellen.«
»Eine gewagte Theorie, Jerry! Sie gehen also davon aus, dass die Morde nur wegen Judith Sterling inszeniert werden?«
»Yes, Chef! Auch Moreno halte ich für ein Opfer des raffinierten Täters. Als wir Lundgrens Fall übernahmen, ahnten wir noch nicht, dass auch Bell einem Mord zum Opfer gefallen war. Moreno scheint der Tat dringend verdächtig, aber durch den Mord an Bryan wird er für meine Begriffe nur entlastet. Denn die Mordserie an Personen, die zum Kreis der schönen Judith gehören, geht weiter. Konnte sie motivierter beginnen als mit dem Mord an Judiths Verlobtem?«
»Vielleicht könnte Ihr Plan zu einer sensationellen Wendung führen. Allerdings finde ich den-Verdacht gegen Gordon etwas sehr gewagt. Schließlich schreiben die Zeitungen schon über seine bevorstehende Hochzeit mit dieser Majorie Wells.«
Ich nickte. »Das schon, Chef. Aber wenigstens zu seinem Schutz ist die Überwachung zu verantworten. Er könnte für den Mörder hinderlich sein, weil er die Verteidigung Nick Morenos übernommen hat.«
»Na schön, Jerry! Ich werde Greenwoods Freilassung beim District-Attorney durchdrücken. Sie erstatten mir dann laufend Bericht. Wie geht es Clyde, und wie weit sind Sie bei der Überwachung Mortimers gekommen?«
»Clyde ist zum Glück außer Lebensgefahr. Mortimer haben wir noch nicht zu Gesicht bekommen, allerdings überwachen Steele und Handers laufend das Café Tobber.«
***
Greenwood wurde entlassen und von Lloyd Fleming beobachtet. Auf Bobby Stack setzten wir Jimmy Reads an. Die Beschattung meines Freundes Gordon übernahm Ed Welsh.
Ich selb st fuhr noch einmal zum New York Hospital, um mir Gonzales vorzuknöpfen. Die Cops, die ihn bewachten, begrüßten mich erleichtert.
»Gut, dass Sie kommen, Agent Cotton«, sagte einer. »Gonzales hat seit einigen Stunden Fieber und fantasiert. Er leidet anscheinend unter Verfolgungswahn.«
»Haben Sie den Arzt verständigt?«
»Yes! Er hat ihm eine Spritze gegeben.«
Ich trat an das Bett des Kranken. Dem Gangster stand der Schweiß auf der Stirn.
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