0303 - Auf ihn wartet der Sarg
erklären, wer der Schütze war, der Tom Moreno am Hals verletzte«, fuhr ich fort. »Unsere erste Vermutung, dass es sich um einen Komplizen handelt, der mir die Kugel zugedacht hatte und Moreno nur versehentlich traf, stand ohnehin auf schwachen Füßen.«
Mein Freund nickte. »Aber bevor wir Weiteres unternehmen, müssen wir Moreno identifizieren. Seiner Schwester wird nichts anderes übrig bleiben, als das zu tun.«
Wir riefen im Westbury an und ließen uns mit Carmen Moreno verbinden.
Die junge Frau war wieder einigermaßen auf dem Damm und erklärte sich nach langem Zögern bereit, uns ins Leichenschauhaus zu begleiten.
Man hatte Morenos Leiche so aufgebahrt, dass die grauenhafte Halswunde nicht zu sehen war.
Schaudernd blickte Carmen Moreno in das wachsbleiche Gesicht des Toten, nickte, presste ein Taschentuch gegen die zitternden Lippen und drohte umzusinken.
Behutsam führten wir sie hinaus.
Als wir wieder auf der Straße standen und die frische Winterluft in tiefen Zügen einatmeten, sagte Carmen: »Es ist mein Bruder. Und es ist der Mann, der mich gestern Abend überfallen hat. Tom hat sich ungeheuer verändert. Aber für mich gibt es keinen Zweifel an seiner Identität.«
Phil sagte: »Wir danken Ihnen dafür, Miss Moreno, dass Sie uns geholfen haben. Wenn Sie gestatten, bringen wir Sie jetzt in Ihr Hotel zurück.«
***
Ins Office zurückgekehrt, ließen wir uns von einem Schusswaffensachverständigen die Kugel bringen, die Tom Moreno getroffen hatte. Die Kugel hatte ihm im Genick verletzt, nicht lebensgefährlich. Es war mehr ein Streifschuss gewesen. Dann war die Kugel hinter der Sägebank in die Wand gedrungen. Dort hatten unsere Spezialisten sie gefunden.
Es war ein nur wenig verformtes Mantelgeschoss, ein kleines Kaliber.
»Aus einem 25er Colt«, sagte der Kollege.
Ich nickte. »Das habe ich mir gedacht. Vielen Dank. Ich werde Ihnen noch heute im Laufe des Tages noch einige Geschosse bringen, die wahrscheinlich aus der gleichen Waffe stammen. Könnten Sie dann sofort einen Vergleich anstellen? Es wäre mir sehr lieb, wenn ich heute noch die Beweise in die Hand bekäme.«
Der Kollege versicherte mir, dass das möglich sei, und verließ unser Office.
»Du willst dir die Kugeln holen?«, fragte Phil.
»Und ob. Kommst du mit?«
Phil nickte, stand auf und griff zu Hut und Mantel.
Zehn Minuten später standen wir an der Rezeption des Westbury und fragten nach dem Hausdetektiv. Er hieß Philipp Murdock und hatte sein Office im ersten Stock. Dort suchten wir ihn auf.
Murdock war ein mittelgroßer, dicker Mann Anfang der Fünfzig mit grauem Haar, bleichem Gesicht und wässrigen Augen. Bevor er sprach, fuhr er sich jedes Mal mit der Zungenspitze über die Lippen.
Wir legitimierten uns und fragten ihn, ob Miss Moreno einen Wagen habe. Murdock wusste es nicht. Er musste sich erst beim Garagenmeister des Hotels telefonisch erkundigen. Dann sagte er: »Miss Moreno hat sich vorgestern durch den Garagenmeister einen Leihwagen besorgen lassen, den sie während ihres Aufenthalts hier in New York benutzt. Es handelt sich um ein Cadillac-Coupe.«
»Fragen Sie, wo es gestern Abend geparkt war«, forderte ich ihn auf.
Murdock gab die Frage durchs Telefon an den Garagenmeister weiter und erhielt als Antwort, dass der Cadillac am Vorabend nicht in der Garage gewesen sei.
»Wo sich der Wagen befand, weiß der Garagenmeister nicht«, sagte Murdock, nachdem er aufgelegt hatte und sich mit der Zunge über die Lippen gefahren war.
»Haben Sie die drei Kugeln, die Miss Moreno gestern auf den Eindringling abgefeuert hat, schon aus der Wand geschält?«, fragte ich.
Murdock verneinte. »Ich wollte es heute Morgen tun, aber Miss Moreno war mir zuvorgekommen. Sie sagte, sie habe die Kugeln in unseren vollautomatischen Müllschlucker geworfen.«
Überrascht blickte ich Phil an. Mein Freund knurrte: »Verdammt, daran hätten wir denken sollen.«
Zu Murdock gewandt, sagte ich: »Besteht eine Möglichkeit, die Geschosse wiederzufinden?«
Der Hausdetektiv schüttelte lächelnd den Kopf. »In jedem Appartement befindet sich ein Müllschlucker. Hinter dem Schlitz befindet sich ein Schacht, der zu einer riesigen Verbrennungsanlage im Keller führt. Alles, was man in den Schlitz wirft, ist auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Es gelangt sofort in die Verbrenhungsanlage.«
»Dann interessiert uns nur noch die Feuerleiter«, sagte ich. »Führt sie an einem Fenster von Miss Morenos Appartement
Weitere Kostenlose Bücher