0304 - Der Mann, der uns zum Alptraum wurde
Stühle aufgebaut, auf denen Gäste warten konnten, die zu ihr wollten.
Auf das Poltern folgte ein lauter Krach.
»Das war die Haustür«, meinte Phil.
»Sonderbar.«
»Warum?«
»Erst das Poltern und dann das Krachen der Haustür.«
»Na und?«
»Derjenige, der beides verursacht hat, schlich auf Zehenspitzen. Oder hast du Schritte gehört?«
»Nein. Aber es ist nicht unbedingt gesagt, dass wir sie hören müssen.«
»Im Parterre besteht der Flur aus Steinkacheln, Phil. Kein Teppich, oder Läufer.«
»Na, dann trug der Betreffende eben Filzlatschen.«
Ich wandte mich wieder dem Klingelknopf zu und legte den Daumen darauf.
Es schepperte in der Wohnung. Aber niemand kam. Nichts regte sich.
»Ich hatte doch recht«, flüsterte Phil und grinste. »Sie hat ’ne Flasche entkorkt und ist schon so blau, dass sie jetzt selig schläft.«
Ich antwortete nicht, legte aber die Hand auf die Türklinke. Als ich sie heruntergedrückt hatte, gab die Tür nach.
Die innen am Türrahmen befestigte Sperrkette war nicht vorgelegt.
Phil sah mich an. »Als wir gingen hat sie das Ding eingehakt?«
Ich nickte. »Das Klirren war laut und vernehmlich.«
Wir traten ein.
Die Wohnung bestand aus zwei Zimmern, Küche, Diele, Bad.
In der Diele standen wir. Küche, Bad und Schlafzimmer sahen wir nach.
Alles leer.
»Es wäre schrecklich«, sagte Phil und legte die Hand auf die Klinke der Wohnzimmertür, jenes Zimmers, in dem die verstaubte Lampe hing.
Es war schrecklich.
Josefine Bernarr lag auf dem alten, zerfransten Teppich. Sie war tot und wirkte viel weniger knochig als zu Lebzeiten.
Der Mörder hatte ein Messer benutzt und mehrmals zugestoßen.
Auf dem Tisch standen eine Flasche Whisky und eine Bleikristallschüssel mit Konfekt.
Phil beugte sich vor und betrachtete alles.
»Auf dem zweiten Glas sind bestimmt keine Prints. Es ist nicht mal daraus getrunken worden. Der Mörder hat zugestoßen, bevor Josefine ihm einen Whisky anbieten konnte.«
Ich nickte, verließ die Wohnung, wobei ich die Klinken mit meinem Taschentuch anfasste, suchte die Pensionsinhaberin, benachrichtigte über ihr Telefon die zuständige Mordkommission und ging dann wieder zu Phil zurück.
***
Das Ergebnis der Morduntersuchung zusammengefasst: nichts, das uns weiterhelfen konnte.
Keine Fingerabdrücke, außer denen von Josefine Bernarr, der Pensionsinhaberin, einer Zugehfrau und einem Installateur, der in der vergangenen Woche eine dringende Arbeit im Bad ausgeführt hatte.
Niemand im Hause hatte eine verdächtige oder fremde Person zur Tatzeit gesehen.
Niemand wusste, wer - kurz bevor wir die Leiche entdeckten - das Haus verlassen hatte.
»Mein Instinkt war richtig, Phil«, sagte ich. »Der Täter ist gegen die Korbstühle gestoßen. Dann flog ihm die Tür aus der Hand. Wahrscheinlich hat er uns kommen sehen, sich im Parterre im Flur versteckt und ist getürmt, als wir in den zweiten Stock hinaufgingen. An der Straße herrschte so viel Leben, dass keiner der Nachbarn, nicht mal der Zeitungsverkäufer von gegenüber, sich daran erinnern kann, ob zur fraglichen Zeit jemand das Haus verließ.«
»Du meinst, der Täter hielt sich hinten im Flur verborgen. Im Parterre.«
»Ja. Der Gang macht mehrere Biegungen. Kein Kunststück, dahinter zu warten, bis wir hinaufgetrabt waren.«
»Und wodurch entstand dann das Gepolter?«
»Der Täter ist wahrscheinlich rückwärts geschlichen, hat sein Augenmerk auf die Treppe richten wollen, für den Fall, dass wir unvermutet wieder herunter kommen.«
»Ja, so wird es gewesen sein«, pflichtete mir Phil bei. »Aber wie passt dieser Mord in die bisherigen Geschehnisse?«
»Meiner Ansicht nach gibt es da folgende Möglichkeiten: Entweder hat der Mörder von Floyd Bernarr durch Miss Josefine von dem Reichtum des alten Sonderlings und dessen Schatzplan erfahren. Dann wäre das Motiv für diesen Mord an der Frau eine Vorsichtsmaßnahme. Wir sollen nicht herausbekommen, wem sie - Josefine - von den Geheimnissen ihres Bruders erzählt hat.«
»Eine völlig überflüssige Vorsicht, denn Josefine hat ja hartnäckig geleugnet, etwas verraten zu haben.«
»Dennoch, Phil, erscheint mir diese Theorie als die wahrscheinlichste. Und vielleicht kommen wir jetzt sogar weiter. Denn wenn wir Miss Josefines Umgang durchackern, stoßen wir eventuell auf den Täter.«
»Vielleicht ist das aussichtsreich, denn viele Bekannte hatte sie vermutlich nicht.«
Ich nickte und überlegte laut. »Natürlich gibt es noch die
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