0307a - Marionetten des Satans
aussichtslos.
Mit spitzen Fingern holte der Mann hinter mir die Smith & Wesson aus der Halfter und steckte sie ein. Gleichzeitig ließ der Chauffeur die Waffe sinken. Jetzt sah ich sein Gesicht deutlich. Ich hatte ihn in der schwachen Beleuchtung erst für einen Neger gehalten, aber das war er nicht.
Die dunkle Haut über den straffen Backenknochen, die stumpfen unergründlichen Augen und das dichte schwarze Haar, das tief in der Stirn saß - es gab nur eine Erklärung. Der Mann war Indianer, und zwar aus dem Süden. Er musste ein Rojo-Indio sein.
Der Druck in meinem Rücken ließ nach. Die rechte vordere Tür des Bentley klappte auf.
»Steigen Sie ein«, sagte der Mann hinter mir.
Ich sank in das tiefe Polster des schweren Sitzes. Vor mir schimmerte das Armaturenbrett mahagonifarben.
Der Mann stieg hinten ein, und ich spürte den kalten Stahl seiner Waffe im Nacken.
»Sie haben sich sehr vernünftig verhalten«, sagte die kultivierte Stimme in meinem Rücken. »Wenn es so bleibt, bekommen Sie keinen Ärger. Ich mache Sie allerdings darauf aufmerksam, dass der Fahrer neben Ihnen keinen Spaß versteht. In seiner Heimat versteht man es meisterhaft, mit dem Messer umzugehen. Die Spezialität dort ist ein Schnitt von Ohr zu Ohr - halten Sie sich das vor Augen, Agent. Cotton.«
Die Maschine des Bentley sprang fast lautlos an. Langsam rollten wir los. Über die elfte Avenue ging es in nördlicher Richtung, dann bogen wir am Cathedral Parkway ab und erreichten Harlem.
Lautlos schnurrte der Bentley durch Harlem. Bei dem warmen Abend waren viele Menschen auf den Straßen; sie saßen auf den Eingangsstufen vor den Häusern und sahen uns nach. Aus einzelnen Lokalen drangen Musikfetzen nach außen - schwermütige Bluesklänge.
Wir verließen Harlem und erreichten die Bronx über die Madison Bridge. Immer weiter ging es in nördlicher Richtung. Wir passierten die endlosen Wohnviertel im Norden von New York, mächtige, graue Steinkolosse, hintereinander aufgetürmt, durch Straßen verbunden, auf denen ein unablässiger Autostrom vorüberzog.
Die ganze Zeit schwiegen wir. Der Bentley hielt sein vornehmes Fünfunddreißig-Meilen-Tempo. Das einzige Geräusch im Wagen war das Ticken der Uhr.
Ich warf einen Blick auf den Fahrer uns sah ein hartes Profil mit einem unergründlichen Ausdruck in den schwarzen Augen.
»Drehen Sie sich nicht um«, sagte die Stimme hinter mir. Die ganze Zeit über hatte sich der Druck in meinem Nacken auch nicht eine Spur verändert - ein Zeichen dafür, dass der Bursche sehr konzentriert war.
Schließlich bog der Bentley ab und ereichte die breite ausgebaute Bundesstraße 117. Der Fahrer trat das Gaspedal durch. Die Beschleunigung drückte mich tief in das weiche Polster. Die-Tachometernadel auf dem grünlich schimmernden Anzeigegerät begann zu wandern.
Ein Schild flog vorbei, »Queens Ellery«, las ich im Vorbeifahren.
Der Druck in meinem Nacken ließ nach.
»Ich muss Ihnen die Augen verbinden, Agent. Cotton«, sagte die Stimme hinter mir. Er brachte eine schwarze Binde zum Vorschein und knüpfte sie fest.
Ich konzentrierte mich darauf, die Sekunden zu zählen. Als der Bentley sanft abbremste, waren nach meiner Schätzung fünfzehn Minuten vergangen. Fünfzehn Minuten bei rund hundertzwanzig Meilen pro Stunde - das mochte einer Entfernung von 30 Meilen entsprechen. Über Queens Ellery waren wir weit hinaus. Ich stellte mir die Landkarte im Kopf vor. Wir mochten jetzt in Forley oder Havenport sein - jedenfalls waren wir irgendwo an der Küste.
Der Bentley rollte jetzt langsam über schlechte Straßen. Noch fünf Minuten und ich spürte eine schräge Rampe unter den Rädern. Am Geräusch war zu hören, dass wir in eine Garage fuhren. Schließlich erstarb das Geräusch des Motors.
Die Binde wurde mir abgenommen. Wir befanden uns in einer ziemlich großen Tiefgarage, die völlig leer war. Vor mir war eine Wand mit der Aufschrift »No Smoking«. Ich hörte Schritte und wollte den Kopf wenden.
»Drehen Sie sich nicht um«, sagte die Stimme in meinem Rücken. Warnend verstärkte sich der Druck in meinem Nacken.
Ich hob die Schultern und ließ sie fallen. Zum ersten Mal äußerte ich mich. Ich sagte: »Nach meiner Schätzung befinden wir uns im Staate Connecticut. Kidnapping über die Landesgrenze ist ein ziemlich ernstes Delikt, das in die FBI-Zuständigkeit fällt. Nach dem Lindbergh Act steht die Todesstrafe darauf.«
Er lachte leise.
»Dazu müsste man mich erst einmal haben.«
»Man
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