0307a - Marionetten des Satans
Deckel ab und entfernte sich dann eilig.
Schlagartig setzte ringsum das Gedröhne der Trommeln ein. Ich wusste, dass es aus der Retorte kam, dass es von Schallplatten über Hochleistungsverstärker und Lautsprecher ausgestrahlt wurde, und konnte mich trotzdem eines Schauers nicht erwehren. Ich konnte mir gut vorstellen, wie das Schauspiel auf die Indios wirken mochte.
Minuten vergingen, ohne dass sich etwas rührte. Nur die Trommeln dröhnten ringsum.
Plötzlich sah ich eine Bewegung in der Öffnung des Korbes. Ein platt gedrückter, dreieckiger Kopf hob sich langsam empor. Blitzschnell bewegte sich die schmale, gespaltene Zunge, während der armdicke Körper des Reptils hin und her schwang. Ein paar leblose Augen blickten mich an.
Ich konnte nicht verhindern, dass mir der Schweiß ausbrach. Jetzt war mir klar, welche Macht dieser Kult ausüben konnte - welches lähmende Entsetzen er verbreiten musste. Und mit welch zynischer Berechnung die Gangster das ausnutzten. Ich spürte, wie gespannt die Indios das Schauspiel beobachteten.
Noch hatte die Schlange den Korb nicht verlassen. Aber unaufhaltsam schob sich der geschmeidige glänzende Körper heraus.
Ich versuchte, meine Gedanken zu konzentrieren. Keine Schlange griff freiwillig einen Menschen an, das tat sie nur im Augenblick der Gefahr. Jetzt freilich würde das Reptil nervös sein, verursacht durch die Feuer und die Menschen ringsum.
Die Schlange würde auf den losgehen, der ihr am bedrohlichsten erschien. Morgan und ich lagen in ihrer unmittelbaren Nähe. Wir waren nur an Händen und Füßen gefesselt, konnten uns im Übrigen aber frei bewegen.
Zweifellos lag das in der Berechnung des Gangsters. Er rechnete damit, dass wir versuchen würden, wegzukriechen und dadurch die Schlange erst recht auf uns zu locken. Wer sich am heftigsten bewegte, war vermutlich das erste Opfer.
Am heftigsten würde sich der bewegen, der die schlechteren Nerven hatte. Das war zweifellos Morgan. Demnach war er das erste Opfer - und vor den Indios war die Theorie, dass die Schlange auf den Lügner losging, glänzend gerechtfertigt.
Ein teuflischer Plan.
Mit solchen und ähnlichen Tricks mochten die Medizinmänner primitiver Stämme arbeiten. Es war bezeichnend für die Fähigkeiten des Mannes im Hintergrund dass er sie anwandte.
Blitzartig durchzuckte mich der Gedanke. Ich erinnerte mich an die Stelle in dem Buch, das wir aus der Bibliothek bekommen hatten. Der Medizinmann hatte seine Macht über die Dämonen dadurch gezeigt, dass er die Schlange packte und ins Feuer warf.
Wenn ich es nun ebenso versuchte?
Ich musste mich beeilen. Wenn erst einmal das Tier den Korb verlassen hatte, war es zu spät.
Ich schätzte die Entfernung ab und spannte alle Muskeln an. Ich war zwar gefesselt. Aber ich konnte mich immer noch bewegen und der Abstand zum Korb betrug nur einen Meter.
Mit einem Ruck brachte ich die Beine hoch, drehte sie weit nach links und stieß mich dann mit aller Macht von dem Boden ab. Es glückte.
Mit einem harten Stoß schleuderte ich den Korb durch die Luft, mitten in die Gruppe der kauenden Indios hinein.
Ringsum ertönte ein vielstimmiger Aufschrei. Ich sah einen langen, sich windenden Körper durch die Luft wirbeln und dann hart auf den Boden klatschen - irgendwo in der Dunkelheit, jenseits des Lichtkreises.
Im nächsten Augenblick war die Hölle los.
Ich verschwendete keinen Blick auf die Aufregung ringsum. Den gewonnenen Vorteil galt es zu nutzen. Mit einer Rolle erreichte ich die nächste in den Boden gesteckte Fackel. Was jetzt kam, würde schmerzhaft sein, aber es war nicht anders zu machen. Ich presste meine gefesselten Hände so über den lodernden Stumpf, dass die Flamme den Knoten erreichte.
Ein wahnsinniger Schmerz durchzuckte mich. Zum Glück verkohlte der Hanfstrick rasch und gab dem Druck meiner Hände nach. Dann war es geschafft - ich war frei.
Ohne auf die Brandblasen an meinen Handgelenken zu achten, bückte ich mich und löste die Fußfesseln. Ich kam auf die Beine und wollte loslaufen, als ich die scharfe Stimme des Gangsters hörte: »Bleiben Sie stehen. Ich habe Sie genau im Visier - Sie sind überhaupt nicht zu verfehlen.«
Zögernd wandte ich mich um. Er hatte recht. Ich hatte gewonnen und doch verloren. Dass ich soweit gekommen war, war schon unglaublich - mehr zu verlangen, hieß das Glück versuchen.
Ringsum schnatterten die Indios aufgeregt durcheinander. Immer noch dröhnten die Trommeln, aber niemand achtete darauf. Das
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