0308 - Einbahnstraße in den Tod
Dienstagabend hatte Joyce gesagt, sie habe nicht lange Zeit, sie müsse eine Tante besuchen.
Nachdem ich ihr aber erzählt hatte, dass ich am nächsten Morgen um 9 Uhr nach Atlantic Beach fahren wolle, hatte sie plötzlich bis 10 Uhr Zeit gehabt.
Wäre sie, wie sie vorher angedeutet hatte, schon um sieben oder acht aufgebrochen, so wäre es unmöglich gewesen, den Wecker der Zeitbombe auf 9 Uhr 25 - für den nächsten Morgen - einzustellen.
Sie wäre nämlich dann schon am Abend um dieselbe Zeit hochgegangen, und sie konnte nicht wissen, ob ich zu dieser Zeit noch in meinem Wagen gesessen hätte.
Das war natürlich kompliziert und - wie ich mir selbst einzureden versuchte - weit hergeholt, aber zusammen mit dem sicherlich falschen Namen Brown und der falschen Adresse ergab es einen - wie die Staatsanwälte es ausdrückten - hinreichenden Verdacht.
Die ganze Sache setzte mir gewaltig zu.
Phil wollte ich nichts sagen. Er hätte mich wegen meiner Vertrauensseligkeit sicherlich aufgezogen.
Ich wollte versuchen, auf eigene Eaust klarzukommen. Ich musste Joyce finden.
Ich musste sie fragen. Wie aber sollte ich sie auftreiben?
Gewiss, ich würde sie beschreiben können, aber wie viele Mädchen mit zerzausten, blondem Lockenkopf und pikantem Gesichtchen gab es in New York.
Ein besonderes Kennzeichen hatte sie nicht, wenigstens nicht für Fremde.
Ich natürlich hätte sie unter Tausenden sofort herausgefunden.
Ein Kennzeichen?…
Es gab eines, aber auch das bestand nur für mich.
Es war die eigenartige Bewegung, mit der sie sich das Haar aus der Stirn strich und sich durch die Locken fuhr, die Bewegung, die mir von Anfang an so vertraut erschienen war.
Ich wusste nicht, wie ich es überhaupt anstellen sollte, das Mädchen zu finden.
Zwar standen mir sämtliche Einrichtungen des Federal Bureau of Investigation und darüber hinaus die der City Police zur Verfügung, aber ich wollte den amtlichen Apparat nicht in Bewegung setzen.
Joyce hatte mir erzählt, sie sei Mannequin in einem großen Modehaus.
Ich musste mich also auf die Modehäuser konzentrieren.
Es gab einen Menschen, der mir dabei helfen konnte, und das war Louis Thrillbroker, der Starreporter der MORNING NEWS, mit dem ich befreundet war und mit dem ich trotzdem immer auf Kriegsfuß stand.
Phil glänzte durch Abwesenheit, und so riskierte ich es, die NEWS anzurufen.
Ich hatte Glück.
Louis war in der Redaktion und meldete sich.
»Hello, Jerry, haben Sie etwas für mich? Es ist verdammt lange her dass ihr G-men mir einen Exklusivbericht habt zukommen lassen. Wie ist die Sache mit Vickers?«
»Hoffentlich hat ihn der Teufel geholt«, sagte ich. »Nein, es geht nicht um Vickers. Ich brauche Ihre Hilfe in einer Angelegenheit, die bis jetzt privat und von der ich hoffe, dass sie das auch bleiben wird.«
»Spucken Sie’s aus, Jerry.«
»Das möchte ich am Telefon nicht. Sie wissen doch, auch Telefondrähte haben mitunter Ohren. Können Sie zu mir kommen?«
»Ich fliege. Was aber bekomme ich dafür, wenn ich Ihnen unter die Arme greife.«
»Die Vickers-Story exklusiv, das heißt, wenn diese jemals erzählt werden kann. Bis jetzt habe ich wenig Hoffnung.«
»Ich werde sie beim Wort nehmen, Jerry. Bis gleich also.«
Kaum hatte ich eingehängt, als Squinting Al auftauchte.
»Vorläufig ist nichts mit den neunzig Dollar«, empfing ich ihn. »Vickers hat sich im Mocking Bird nicht wieder sehen lassen, und wir haben auch sonst nichts von ihm gehört.«
»So dumm ist Jerome nicht, dass er zweimal in dieselbe Kneipe geht, wenn er weiß, dass zwanzigtausend Cops und G-men hinter ihm her sind. Inzwischen war er im Shanty Shark in Greenwich Village. Sie kennen doch das Shanty Shark, G-man?«
»Leider nicht. Wahrscheinlich ist der Laden zu teuer für mich.«
»Gehen Sie hin und sehen Sie es sich an. Es ist am Van Nest Place in der Bleecker Street. Ein ganz übler Laden, kann ich Ihnen sagen, G-man. Vickers saß heute Nacht um 2 Uhr dort, und, Sie werden lachen, er hat sich eine neue Freundin angeschafft. Jo Brons ist entweder abgemeldet, oder er hat sie in den River geschmissen. Na ja, ich kann es ihm nicht verdenken. Die neue jedenfalls ist blond und süß. Die beiden tranken Champagner und benahmen sich wie die Turteltauben.«
»Und da haben Sie wieder die Cops nicht geholt?«
»Ich sagte Ihnen ja schon, G-man, ich werde mich hüten. Die Cops können den Mund nicht halten.«
»Passen Sie auf, Al«, sagte ich. »Sehen Sie zu, dass Sie das Pärchen
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