0309 - Wir und die rätselhaften Morde
aber schießen Sie nicht übers Ziel hinaus. Ich weiß nicht, warum Sie sich so für Nita Cabrini einsetzen.«
»Damit Sie übrigens ganz klar sehen, will ich ihnen verraten, warum ich einen Narren an ihr gefressen habe. Ich hatte eine Schwester, und Nita ist deren einzige Tochter. Begreifen Sie jetzt, was los ist? Ich bin Nita Cabrinis Onkel. Ich vertrete gewissermaßen Vaterstelle an ihr.«
»Ich habe tatsächlich schon gedacht, sie wären in Sie verliebt.«
»Im Übrigen glauben Sie mir, dass ich mit diesem ganzen Wirbel um Kitty nichts zu tun habe. Nita braucht die Rolle nicht. Sie hat gestern einen Vertrag mit Warner Bros, unterschrieben und wird heute zwei Televisions-Verträge bekommen. Das genügt ihr.«
Das war das.
Hold-up-Jim hatte mir eine sehr plausible Erklärung gegeben, die ich akzeptieren musste.
Ich war im Begriff, mich zu verabschieden, als es klingelte. Jim sagte:
»Einen Augenblick«, und ging hinaus.
Die Tür des Zimmers ließ er offen, und so konnte ich die Gestalt, die hereinkam, sehen.
Ein waschechter Gangster.
Er war mittelgroß, kräftig, hatte flachsblondes Haar und eine Gesichtsfarbe, wie man sie nur durch längeren Aufenthalt in geschlossenen, staatlichen Anstalten bekommt.
Er hatte blasse Augen von unbestimmter Farbe, einen schmalen Mund und eine Pistole unter der linken Schulter.
Man konnte die Beule unter dem Jackett auf den ersten Blick sehen.
»Was ist los, Bob?«, knurrte Jim Brown. »Ich habe zurzeit keine Verwendung für dich. Verschwinde! Mach dich dünn. Da sitzt ’n Cop… Nein, kein Cop. Es ist ’n G-man. Also hau ab, bevor er dich am Kragen kriegt.«
Er lachte schallend, als der Besucher sich mit affenartiger Geschwindigkeit verzog.
»Ein Bekannter«, erklärte er mir. »Die Jungs kommen immer noch zu mir, wenn sie Sorgen haben, aber ich denke gar nicht daran, mir die Finger zu verbrennen. Einen Schnaps können sie kriegen, und wenn sie im Druck sind, ’n paar Dollar. Damit hat sich die Sache.«
Ich bezweifelte, dass dieser Besucher bei Nita Cabrinis Onkel so harmlos gewesen war, wie Jim es mich glauben machen wollte, aber ich konnte ihm das Gegenteil nicht beweisen.
Immerhin hatte dieser Besucher mir gezeigt, dass der alte Gangster immer noch recht lebhafte Beziehungen zur Unterwelt haben musste.
Er schied also doch nicht als Verdächtiger aus.
Er wäre genau der Mann, um die Dinge auszuhecken, die sich gestern zugetragen hatten.
Ich lehnte einen neuen Drink ab und machte mich auf die Socken.
Kaum war ich im Office angekommen, als ich dringend am Telefon verlangt wurde.
Es war Mr. Wills, Kittys Manager.
»Mister Cotton, Sie müssen sofort in HELLINGERS Theater kommen. Es ist etwas Furchtbares passiert.«
»Wollen Sie mir nicht sagen, was?«, fragte ich.
Ich ahnte nichts Gutes.
»Es ist soeben ein neuer Mordversuch an Kitty verübt worden. Ein riesiger Scheinwerfer stürzte auf die Bühne, und genau dorthin, wo sie eine Sekunde vorher gestanden hatte. Niemand vom Personal war oben auf der Bühne.«
»Ich komme«, sagte ich, klemmte mich in meinen immer noch verbeulten Jaguar, brauste die 69. Straße bis zum Central Park nach Norden, die Fifth Avenue bis zur 53. hinunter und dann nach Westen bis zum Broadway.
HELLINGERS Theater lag genau an der Ecke der 52. Straße. Ich stoppte am Bühneneingang, ließ mich von dem Portier nicht aufhalten und war zwei Minuten später auf der Bühne, auf der eine Gruppe von Schauspielern und Bühnenangestellten herumstanden.
In der Mitte lag ein vollkommen demolierter Scheinwerfer, der mindestens 100 Pfund wog.
Ich blickte hinauf, von wo er gekommen sein jnusste.
»Haben Sie einen Fremden im Theater beobachtet?«, fragte ich.
Alle schüttelten die Köpfe.
Sie versicherten, niemand gesehen zuhaben, der nicht hierhergehörte.
Ich ließ mich von einem der Angestellten über eine steile Treppe hinaufführen.
Hier, ungefähr zwanzig Yard hoch, waren alle möglichen Geräte und Maschinen aufgestellt: Scheinwerfer, eine Regenvprrichtung, Windmaschinen und was sonst noch dazu gehört.
»Wo stand der Scheinwerfer?«, erkundigte ich mich.
»Hier drüben. Ich begreife nicht, wie das passieren konnte«, sagte mein Führer. »Sämtliche Geräte hier oben laufen, wie Sie sehen, auf Schienen und sind mehrfach gesichert.«
Das stimmte, aber der Scheinwerfer, der hinuntergestürzt war, konnte nicht gesichert gewesen sein.
Und außerdem musste er von den Schienen gekippt worden sein.
Anders ließ sich die Sache nicht
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