0309 - Wir und die rätselhaften Morde
Meuchelmörder im Hinterhalt lauert und man darauf gefasst sein muss, dass er unerwartet zuschlägt. Vom ärztlichen Standpunkt aus gesehen halte ich es für dringend erforderlich, dass dieser Verbrecher schleunigst dingfest gemacht wird.«
»Das haben Sie schön gesagt, Doktor. Von unserem Standpunkt aus, das heißt, vom Standpunkt des Rechts und der Ordnung, ist es ebenso dringend erforderlich, den Kerl zu fassen. Leider aber haben wir von allen Beteiligten keinerlei Unterstützung. Ich komme mir manchmal vor, als ob ich in ein Irrenhaus geraten sei. Ein jeder verdächtigt die anderen, und jeder unterschiebt dem anderen irgendein Motiv. Ich wäre gar nicht erstaunt, wenn jemand käme, um mir zu sagen, dass Miss Ferry diese Anschläge auf Ihr Leben selbst veranlasst habe, weil sie eine gute Freundin oder einen guten Freund damit ärgern wollte.«
»Glauben Sie mir, Mister Cotton, auch Derartiges ist schon da gewesen«, lächelte Dr. Blank duldsam. »Ich habe erst in jüngster Zeit Gelegenheit gehabt, einen Fall zu klären, bei dem eine eifersüchtige, junge Frau einen Selbstmord so raffiniert frisierte, dass ihr Ehemann aufs schwerste belastet war. Nur meiner profunden Kenntnis der menschlichen Psyche und in diesem Fall der Gedankengänge der Selbstmörderin, war es zuzuschreiben, dass der Sachverhalt geklärt und der Ehemann rehabilitiert wurde.«
Bevor ich antworten konnte, klopfte es.
»Verzeihung. Es ist soeben ein Eilboten-Päckchen für Miss Ferry abgegeben worden.«
Alf legte ein flaches und ziemlich großes, viereckiges Paket auf den Tisch. Kitty nahm es und blickte auf den Absender. Dann schüttelte sie den Kopf.
»Ira Smith… Wer könnte das sein?«
»Vielleicht ein stiller Verehrer, der Ihnen eine Freunde machen will«, lächelte Dr. Blank.
»Möglich, aber das werden wir schnell feststellen.«
Kitty riss die Verpackung auf, und zum Vorschein kam eine Packung Pralinen, und zwar die beste und teuerste Marke, die auf dem Markt war.
»Schade«, meinte Ferry. »Es kommt so oft vor, dass die Leute mir Can-40 dies schicken, und ich mag das Zeug nicht.«
Die Katze Cleo hatte den Kopf gehoben, schnupperte und schleckte das rosarote Schnäuzchen.
»Sehen Sie, Cleo weiß schon, dass Sie sie Pralinen bekommt«, lachte Kitty und nahm den Deckel von der Packung.
Zuerst bot sie uns an, aber wir verzichteten ebenso wie Dr. Blank. Sie nahm ein Stückchen Konfekt heraus und lockte.
»Cleo, will Cleo Schokolade haben?«
Die Katze schnurrte und sprang zurück zu ihrer Herrin.
»Hier, mein Tierchen.«
Sie legte die Praline auf den Fußboden.
Cleo machten einen Satz und schleppte dann die Praline in die Ecke.
Dann machte sie sich gemütlich daran, ihre Beute zu verspeisen.
Ich warf einen Blick auf die Uhr. Es war schon fast elf. Höchste Zeit also, dass wir uns verzogen. Wenn der Seelendoktor noch bleiben wollte, um Kitty in den Schlaf zu wiegen, so hatte ich nichts dagegen.
Wir erhoben uns also, lehnten den uns angebotenen dritten Drink ab und versicherten, dass wir alles daransetzen würden, um den Mörder zu finden.
»Wenn Sie es wünschen, Miss Ferry, so sind wir auch gerne bereit, Ihr Haus unter Bewachung zu stellen«, sagte ich. »Der Gedanke wäre durchaus nicht schlecht. Ein Detective in der Halle würde Ihnen außerdem ein Gefühl der Sicherheit geben.«
»Ich glaube nicht, dass das nötig ist«, lächelte sie. »Ich habe Alf meine kleine Pistole gegeben. Er schläft jetzt in dem Zimmer, das meinem Schlafzimmer gegenüberliegt. Es würde also ein Ruf genügen, um ihn zu Hilfe zu holen.«
»Außerdem haben Sie ja auch noch Ihren Jack.«
»Ja, und der schwört jeden Tag aufs Neue, er würde den Mörder in der Luft zerreißen. Und ich glaube, er wäre dazu imstande.«
Wir verabschiedeten uns und gingen. Kaum hatten wir die Zimmertür hinter uns geschlossen, als ein gellender Schrei mich veranlasste, sie wieder aufzureißen.
***
Kitty Ferry kniete auf dem Boden und hielt ihre Siamkatze in den Armen.
Das Tier lag vollkommen schlaff. Nur die Beine zuckten, und als ich mich über sie beugte, hörte auch dieses Zucken auf. Die Katze war tot.
Auf dem Boden lagen noch ein paar Stückchen der Praline.
Es war Doktor Blank, der der Frau das Tier mit sanfter Gewalt wegnahm. Sie selbst hinüber zur Couch geleitete und sich neben sie setzte. Zuerst schluchzte Kitty, aber als er ihr rhythmisch mit beiden Händen über Stirn und Gesicht strich, wurde sie ruhig und war im Handumdrehen
Weitere Kostenlose Bücher