031 - Weltfeind Nr. 1
hier und da irgendwelche Schaltkästen, deren Zweck ihm verborgen blieb, denn sie waren verschlossen und konnten nur mit Chipkarten geöffnet werden. Auch die Türen und Aufzüge waren auf diese Weise gesichert.
Umso mehr überraschte es ihn, als er eine Stunde nach seinem Gespräch mit Präsident Hymes in seinem Quartier ein leises Summen vernahm und eine wohlmodulierte, doch eindeutig mechanische Stimme von der Decke her sagen hörte: »Major DeLano bittet um Zutritt, Commander Drax.«
Major DeLano? Matt drehte sich auf dem Schwenksitz herum, auf dem er an vor einem kleinen Monitor gesessen hatte. Wer zum Henker war Major DeLano? Er beschloss die Frage durch ein »Herein!« zu klären.
Die Tür glitt zischend auf, und auf der Schwelle stand die Frau, von der er nur wusste, dass sie Dayna hieß und in General Crows Diensten stand. Sie war schlank und hatte dunkelbraunes Haar, das über ihre Schultern reichte. Matt nickte ihr zu, und Dayna nickte zurück.
»Was für ein netter Besuch«, sagte Matt. »Ich wusste nicht, dass du Major bist.«
»Weil ich nicht vor dir salutiert habe?« Dayna grinste, blieb aber auf der Schwelle stehen, als erwarte sie, dass er sie herein bat.
Matt reagierte erst verspätet darauf. Er war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, sie eingehend zu betrachten. Er hatte sie bisher nie in einem so freizügigen Gewand gesehen und nahm zum ersten Mal wahr, dass sie ausgesprochen gut gewachsen war. Die WCA-Agentin trug eine Art Kimono von schwarzer Farbe, der auf Brust und Rücken mit grüngoldenen Drachen bestickt war. Das Kleidungsstück war kurz und endete zwanzig Zentimeter oberhalb ihrer entzückenden Knie. Dazu trug sie merkwürdige Stiefelchen, die zehn Zentimeter über ihre Knöchel reichten und mit spitzen goldenen Metallabsätzen versehen waren, die kaum dicker waren als eine Kugelschreibermine. Sie trug ihr Haar offen, und Matt fühlte sich unvermittelt an Aruula erinnert.
Es war eine Erinnerung, die ihm einen Stich ins Herz versetzte.
Daynas Augen glitzerten schalkhaft. Sie deutete auf Matts Bett, das momentan die einzige Sitzgelegenheit darstellte. »Ist es gestattet?«
»Bitte, setz dich«, sagte Matt. Die Tür schloss sich hinter ihr. Sie waren allein. Als Dayna saß, fragte er:
»Wo hast du in den letzten Tagen gesteckt?«
»Nach der Sache mit Malcolm war mir nicht sonderlich nach Gesellschaft zumute [1] «, sagte Dayna. »Aber ich glaube, jetzt ist es an der Zeit, dass ich wieder ins Leben zurückkehre.« Sie schaute sich in Matts Quartier um und schüttelte sich. »Hier siehts ja grauenhaft eintönig aus. Nicht mal ein Bild an der Wand! Da muss man ja in Depressionen verfallen.«
»Wem sagst du das?«, erwiderte Matt. »Ich stehe kurz vor dem Bunkerkoller. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie froh ich bin, dass du vorbeigekommen bist.« Er beäugte ihre Beine unauffällig natürlich, wie es sich für einen Offizier und Gentleman geziemte. Er musste zugeben, dass Daynas Beine wirklich außerordentlich lang und hübsch waren und er durchaus Lust hatte, sie noch ein bisschen länger anzuschauen.
Er hüstelte verlegen. »Dein Chef… General Crow… hält mich wohl für einen gefährlichen Infiltrator, der in den Diensten Königin Victorias von England steht. Ich habe den Verdacht, dass er mich hier am ausgestreckten Arm verhungern lässt.« Matt schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht behaupten, dass seine Art in mir Sympathien für ihn weckt. Außerdem halte ich zumindest einige seiner Methoden für fragwürdig.« Als er Daynas fragenden Blick bemerkte, erzählte er ihr von seinem nächtlichen Abenteuer in Washington und von der Unterhaltung mit Präsident Hymes.
Dayna machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Black ist wirklich ein gefährlicher Terrorist«, sagte sie. »Und sein Spießgeselle White eifert ihm in allem nach…« Sie verzog das Gesicht, als lohne es sich nicht, über die beiden Charaktere viele Worte zu verlieren. »Nach allem, was ich über diese Kerle weiß, hängen sie reaktionären Ideen des zwanzigsten Jahrhunderts an. Man vermutet…« Sie schien nach Worten zu suchen. »Ich verstehe nicht viel davon, aber ein befreundeter Gentechniker bezeichnet sie als Atavismen.«
»Atavismen?«, fragte Matt verdutzt.
»Ein Atavismus ist ein Wiederauftreten von Eigenschaften oder Anschauungen der Ahnen«, sagte Dayna. »Black und seine Sympathisanten vertreten Ansichten, die wir als rückwärts gewandt einstufen, weil sie nach unseren Erkenntnissen nicht
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