0312 - Ihn peitschte die Angst
zufrieden, als ihn jemand von hinten am Ärmel zupfte. Er drehte sich um. Der kleine wieselige Gerichtsreporter der »Morning Post« stand vor ihm.
»Mann«, staunte Phil, »Sie müssen Flügel haben und Hellseher zugleich sein.«
Sam Warren schüttelte geringschätzig den Kopf.
»Quatsch«, sagte er grob. »Bin nur ein guter Reporter. Was ist hier eigentlich los?«
»Die Bude hat gestohlene Autos umfrisiert.«
»Wie sind Sie den Leuten auf die Spur gekommen?«
»Durch einen Burschen namens ,Tinten-Al‘.«
»Und wie hat der sich verraten?«
Phil runzelte seine Stirn. Dann schob er den Hut ins Genick.
»Donnerwetter!« brummte er. »Das fällt mir jetzt erst auf. Eigentlich hat er sich durch nichts verraten. Er soll — das weiß ich nicht einmal genau — er soll heute früh in allen Morgenzeitungen die Schlagzeilen von dem nächtlichen Überfall gesucht haben. Da dachte ich, er wäre an der Sache beteiligt gewesen. Vorhin wollte ich ihn fragen, ob er ein Alibi hat. Aber er legte gleich los. Wenn ich es recht bedenke…«
Phil brach ab. Sam Warren sah ihn mit großen Augen an.
»Soll das heißen«, fragte der Reporter, »daß die Bude hier praktisch aufgeflogen ist, weil ,Tinten-Al‘ heute früh wie acht Millionen New Yorker auch die Morgenzeitungen gelesen hat?«
Phil zuckte die Achseln.
»Ich kann es nicht ändern«, meinte er betreten. »Aber es ist so.«
Sam Warren rieb sich die Hände. Er strahlte über sein ganzes zerfälteltes Gesicht.
»Das gibt einen Knüller«, freute er sich. »Endlich mal wieder ein richtiger Knüller. Das schlachte ich sechs Wochen lang aus. Fortsetzung für die Sonntagsbeilage.«
Phil hörte schon nicht mehr zu. Er ging hinüber zu der Reihe der festgenommenen Männer, zog »Tinten-Al« am Ärmel ein Stück beiseite und fragte:
»Wo waren Sie eigentlich heute nacht, Al? Gegen drei Uhr?«
»In der Mounty-Bar.«
»Haben Sie Zeugen?«
»Zwei Dutzend, wenn Sie wollen.«
»Warum haben Sie heute früh in den Morgenzeitungen die Schlagzeilen von dem Überfall gesucht?«
»Tinten-Al« wischte sich mit dem Ärmel über die immer noch tränenden geröteten Augen.
»Ich habe doch selber mal an der berühmten Juweliergeschichte teilgenommen«, erwiderte er. »Da interessiert einen doch, wie andere Leute so was aufziehen.«
Phil grinste.
»Sehen Sie, Forster«, sagte er, »so ist das, wenn man Dreck am Stecken hat: Die harmloseste alltäglichste Kleinigkeit kann einen ans Messer liefern. Weil Sie Zeitungen gelesen haben, ist der ganze Betrieb hier aufgeflogen. Verstehen Sie das?«
»Nein«, bekannte »Tinten-Al«.
***
Jack Dayton musterte mich kühl. »Eine Million und zweihunderttausend?« wiederholte er. »Sie überschätzen mein Vermögen, G-man.«
»Na ja«, gab ich zu, »Sie haben den genannten Betrag ja auch noch nicht. Und Sie werden ihn niemals kriegen, das ist noch besser.«
»Ich verstehe kein Wort.«
»Sie werden mich schon noch verstehen«, versprach ich. »Wohnen Sie hier in diesem Hause? Vielleicht hier über dem Büro?«
»Ja, warum?«
»Ich dachte es mir fast. Sie waren doch mal bei der Armee. Haben Sie nicht noch ein gutes Fernrohr aus der Zeit?«
»Allerdings. Aber worauf, zum Teufel, wollen Sie eigentlich hinaus?«
»Das werde ich Ihnen erzählen, Dayton. Hören Sie gut zu. Von Ihrer Wohnung aus kann man in den Hof des Postamtes blicken. Es liegt ja nur das flache Gebäude Ihrer Garagen dazwischen. Einem Mann wie Ihnen fällt es natürlich auf, wenn jede Nacht zu einer ganz bestimmten Zeit ein ganz bestimmter Wagen den Hof des Postamtes verläßt. Irgendwann wird ein Mann wie Sie dann auch mal neugierig. Vielleicht mal in einer schlaflosen Nacht oder wann auch immer. Sie greifen zum Fernrohr, bloß so spaßeshalber, und was sehen Sie? Vier bewaffnete Männer beobachten das Einladen von Kisten in einen offensichtlich gepanzerten Wagen. Wenn das kein Geldtransport ist, gibt es überhaupt keine Geldtransporte. Sie zählen die Kisten. Es geht Ihnen nicht mehr aus dem Kopf.« Dayton schnaufte verächtlich.
»Ihre Phantasie möchte ich haben.«
»Ein Kriminalbeamter ohne Phantasie ist wie ein Auto ohne Benzin: Es kann seine Aufgabe nicht erfüllen«, erwiderte ich. »Also machen wir mal mit meiner Phantasie weiter. Sie beobachten, daß der Wagen immer zur gleichen Zeit abfährt. Es ist keine Schwierigkeit, die Route dieses Fahrzeuges herauszubekommen. Man braucht nur hinterherzufahren, natürlich in einem gewissen Abstand, damit es nicht zu sehr
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