0313 - Der Blutgraf erwacht
erwärmt…« Gina stieg aus der sommerlich sparsamen Kleidung. Nackt lief sie zum Wasser, machte ein paar Schritte hinein und kam sofort wieder zurück. »Brrrr …«
»Hast du deinen Bikini vergessen?« wollte Sorrya wissen.
»Absichtlich«, verkündete Gina. »Schließlich muß ich euch doch irgendwie ausstechen, wenn ihr schon oben ohne herumlauft. Na und? Heute nacht habe ich sogar davon geträumt, daß ich nackt im Treppenhaus bei mir im Hochhaus stand.«
Sorrya pfiff mißtönend. »Träume hast du, also wirklich…«
»Das war nur der Schlußakt«, sagte Gina und erzählte, woran sie sich erinnerte: an den Unheimlichen, der irgendwo in ihre Wohnung gekommen war. »Mich interessiert mal, ob ihr ähnliche Alpträume hattet.«
»Nee«, sagte Lory kopfschüttelnd. »Meine Güte, unser Abenteuerchen gestern scheint dir ja ganz schön in den Knochen zu stecken. Ich habe ganz ruhig geschlafen.«
»Kann ich mir bei dir vorstellen«, sagte Gina. »Du hast ein Gemüt wie ein Fleischerhund.«
»Ich habe auch ziemlich gut geschlafen«, verteidigte Sorrya sich und die Freundin. »Aber du hast dich doch den ganzen Tag über in die Sache hineingesteigert. Langweilig ist das hier. Keiner kommt… wofür faulenzen wir hier eigentlich halbnackt herum? Das ist doch glatte Verschwendung …«
Schulterzuckend nahm Gina die Weinflasche und leistete eine Großfahndung nach dem Korkenzieher ein. »Rotwein am Morgen heilt Kummer und Sorgen«, lästerte Lory, die gegen den guten Tropfen zum Auftakt des Tages allerdings auch nichts einzuwenden hatte.
In der Nähe bewegten sich Sträucher und Zweige.
»Ich glaube, da ist einer im Gebüsch«, sagte Sorrya. »Ein Spanner, der sich nicht heraustraut.« Sie stand auf und winkte. »Huhu…«
»Ihr solltet euch vielleicht auch ganz ausziehen«, schlug Gina vor.
»Dann kommt er vielleicht heraus…«
»Irgendwo hat es auch Grenzen«, sagte Sorrya.
Die Büsche bewegten sich stärker. Jemand trat aus dem Unterholz hervor.
***
»So«, sagte Zamorra und wandte sich nach hinten um, wo Gryf im Fond des Cadillac thronte und sich das blonde Haar vom Fahrtwind noch weiter zerzausen ließ. »Wo, sagtest du, ist die Tagesadresse für diesen Magie-Kongreß?«
Gryf schreckte aus seinem Dahindösen auf.
Sie waren seit fast zwei Stunden unterwegs. Das weiße Cabrio schwebte förmlich über die Straßen seinem Ziel entgegen. Gryf fühlte sich ermattet. Er hatte es am vergangenen Abend in der Tat geschafft, nicht nur eines, sondern gleich zwei Mädchen aufzugabeln und eine entsprechend »harte«, auf jeden Fall erschöpfende Nacht hinter sich. Zamorra und Nicole hatten sich nur kopfschüttelnd angesehen. Gryf ließ grundsätzlich nichts anbrennen. Ganz gleich, ob es darum ging, einen Vampir zu hetzen und zu pfählen oder ein Mädchen zu streicheln. Aber auch Gryfs Leistungsfähigkeit hatte ihre Grenzen.
Zamorra wiederholte seine Frage.
»Krautäckerweg siebzehn«, brummte der Druide.
Nicole am Lenkrad des Wagens lachte auf. »Krautäckerweg? Sag mal… willst du uns auf den Arm nehmen, oder was?«
»Ich doch nicht«, wehrte sich Gryf. »Nein, Leute. Es stimmt. Die Straße heißt so.«
»Typisch hessisch«, murmelte Nicole. »Hoffentlich finden wir diesen Gemüsepfad.«
In der Ferne war die Silhouette der kleinen Stadt zu sehen. Nicole fuhr gelassen darauf zu und ließ sich von anderen Wagen überholen. Sie hatten doch Zeit. Wenn man über 300 PS unter der Haube hatte, mußte man die ja nicht mit Gewalt ausreizen, wo’s nicht nötig war.
»Vielleicht solltest du dich nicht sofort zu erkennen geben«, sagte Gryf, zu Zamorra gewandt. »Der Veranstalter hätte dich zwar gern dabei, aber er wußte nicht, wie er dich erreichen sollte, und da ich ungern den großen Adressenhändler spiele, habe ich ihm erst einmal angeboten, daß ich versuche, dich zu informieren. Aber wer weiß, wer sich da herumtreibt; vielleicht auch ein paar Schwarzmagier von der Gegenseite, und das könnte haarig werden. Du solltest vielleicht auch dein Amulett abschirmen.«
»Du meinst, es könnten tatsächlich echte Magier erscheinen? In so einem Provinznestchen? In Geyerstedt… jetzt hab’ ich’s endlich richtig ausgesprochen … gibt es doch nur vier Häuser und drei Spitzbuben.«
»Und eine Kneipe«, versicherte Gryf. »Du könntest doch den großen Joker spielen, der plötzlich aus dem Publikum aufsteht und sagt: Da bin ich.«
»Nur gefällt mir die Rolle nicht. Sag mal, wie bist du eigentlich in die Aktion
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